Böse Wohnungsabsage, weil Alleinerziehende Bürgergeld bezieht

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Die Wohnungssuche ist für Bürgergeldempfänger sehr schwierig. Sie müssen sich an die Vorgaben des Jobcenters halten. Ein weiteres Problem ist die Diskriminierung durch Vermieter. Diese Erfahrung musste Saskia H. aus Köln machen. Die alleinerziehende Mutter wurde wüst beschimpft, weil sie Leistungen vom Jobcenter bezieht. Das hat Folgen für den beleidigenden Vermieter.

Wohnungssuchende bezieht aufstockende Leistungen

Saskia H. ist Verkäuferin in einem Supermarkt. Da sie in Elternzeit ist und ihr Verdienst nicht ausreicht, um ihre Kinder (1, 3, 5, 8, 11) zu ernähren, bezieht sie ergänzendes Bürgergeld.

Da sie mit ihrem neuen Partner zusammenziehen möchte, ist Saskia H. auf Wohnungssuche. Dabei hat sie eine unglaubliche Erfahrung gemacht.

Über das Wohnungsportal “Immobilienscout24” suchte die Kölnerin eine Wohnung und wurde tatsächlich fündig: Sechs Zimmer auf 126 Quadratmetern mit Garten für 1500 Euro. Die Wohnung würde aufgrund des vorgegebenen Mietspiegels vom Jobcenter bezahlt werden. Eigentlich für Vermieter “eine sichere Sache”, da die Miete pünktlich vom Jobcenter überwiesen wird.

Diskriminierende und bitterböse Absage des Vermieters

Über das Wohnungsportal schrieb sie sofort eine Nachricht an den Vermieter, um sich als Mieterin für die Wohnung zu bewerben. Die Antwort des Vermieters war eine wüste Beschimpfung:

„Wie bereits in der Anzeige ausdrücklich vermerkt, nehmen wir keinerlei Kontakt zu Mietinteressenten auf, die Leistungen vom Jobcenter beziehen. Derartige Interessenten haben keinerlei Verantwortungsbewusstsein, da ja der blöde deutsche Staat denen alles bezahlt und durch viel zu hohe Steuern sich das Geld von Leuten wie uns zurückholt.“

Für Saskia H. war die Antwort ein Schlag ins Gesicht. Sie sagt: “Wir hatten in unserer Anfrage unsere Situation geschildert. Die Kinder meines Partners leben in einem Kinderdorf, einer Art Heim. Wir wollten endlich alle zusammen in eine Wohnung. Ich hatte auch erklärt, dass ich derzeit in Elternzeit bin und einen festen Job habe. Aber dass dieser Mann alle Menschen, die Geld vom Jobcenter bekommen, so über einen Kamm schert, ist zumindest sehr unhöflich.”

Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Eine solche Diskriminierung ist kein Einzelfall. Immer wieder kommt es vor, dass Vermieter bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht nur in wüsten Antworten, sondern bereits in den Wohnungsanzeigen ausschließen. Dabei schreibt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor, dass Menschen nicht wegen ihres Alters, Geschlechts oder ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert werden dürfen.

Das sagt auch Rechtsanwalt Christian Wiere, der sich auf Miet- und Baurecht spezialisiert hat. “Der Ausschluss von Mietinteressenten auf dieser Grundlage ist ein klarer Verstoß gegen das AGG”, so der Anwalt.

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Möglicherweise Anspruch auf Schadensersatz

Wenn Vermieter so offen sagen und schreiben, dass sie bestimmte Bevölkerungsgruppen ausschließen, können sie auf Schadenersatz verklagt werden.

So verurteilte das Amtsgericht Augsburg (Az.: 20 C 2566/19) im Dezember letzten Jahres einen Vermieter, der nur an deutsche Staatsbürger vermieten wollte. Das Gericht sprach dem Kläger 1000 Euro Schadenersatz zu. Auch Saskia H. könnte nun gegen den Vermieter vorgehen und Schadensersatz verlangen.

Wohnungssucheportal bedauert des Vorfall und kündigt Konsequenzen an

Dem Portal „Immobilienscout24“ ist der Vorfall unangenehm. Eine Sprecherin sagte gegenüber dem Kölner Express:

„Wir stehen für Toleranz, Vielfalt und Inklusion. Wir tolerieren keine Form der Diskriminierung, Belästigung, Bedrohung oder sonstigen feindseligen oder missbräuchlichen Verhaltens. Die Aussage ist diskriminierend und inakzeptabel. Sie verstößt gegen unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wir bedauern sehr, dass Frau H. diese Form der Diskriminierung erfahren hat.“

Zudem erklärte die Sprecherin, dass solche Beschimpfungen Folgen für den Vermieter haben können.

„Inserate mit diskriminierenden Inhalten deaktivieren wir. Anbieterinnen und Anbieter kontaktieren wir und mahnen sie an, unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen und Unternehmenswerte einzuhalten. In diesem Fall leiten wir diesen Fall an unseren Kundenservice zur Überprüfung weiter.“

Häufiger verdeckte Diskriminierungen

Selten sind solche Absagen von Vermietern so offen und diskriminierend wie in diesem Fall. Die meisten Vermieter wissen, dass sie damit gegen das Gesetz verstoßen und Strafen oder Bußgelder riskieren. Die meisten Diskriminierungen finden daher verdeckt statt.

Jemand fragt telefonisch nach einer Wohnung, die im Internet ausgeschrieben ist, und dann klingt der Name vielleicht nicht deutsch oder es ist ein Akzent zu hören, und dann heißt es plötzlich, die Wohnung sei schon vermietet”, berichtet Janine Weidanz von der Antidiskriminierungsstelle Sachsen-Anhalt.

Betroffene sollten Diskriminierungen melden

Die Antidiskriminierungsstelle ruft alle Betroffenen auf, Diskriminierungen bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche zu melden. Nur so können Vermieter dazu bewegt werden, Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft in Zukunft nicht mehr zu diskriminieren.

Betroffene können sich gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt wehren
Das bestätigt auch Rechtsanwalt Christian Wiere. Betroffene sollten solche Diskriminierungen nicht einfach hinnehmen, sondern sich wehren.

Entweder, indem sie einen Anwalt einschalten oder sich an die Antidiskriminierungsstelle wenden. Beide können prüfen, ob eine Diskriminierung im rechtlichen Sinne vorliegt und ob es juristisch Sinn macht, dagegen vorzugehen.

Betroffene müssen diskriminierende Ablehnung beweisen

Vor Gericht muss der Kläger allerdings beweisen, dass er wegen seiner sozialen Herkunft benachteiligt wurde. Dies ist oft schwierig.

Betroffene sollten daher nicht im Alleingang klagen, sondern sich ausreichend Hilfe und Beratung suchen. Eine solche Klage ist immer mit einem Kostenrisiko verbunden. Die Vermieter werden versuchen, die Klage abzuwehren und verfügen in der Regel über ausreichende Mittel, um sich rechtlich gut vertreten zu lassen.

In diesem Fall Aussicht auf Erfolg

In diesem Fall ist die Diskriminierung jedoch mehr als offensichtlich und nachgewiesen. Saskia H. ist daher zu raten, sich unbedingt rechtlich beraten zu lassen, um eventuell Schadenersatz für die diskriminierende und beleidigende Ablehnung zu erhalten.

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