Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zu den Wohnkosten fรผr Haushalte mit geringem Einkommen. Er wird als Mietzuschuss fรผr Mieterinnen und Mieter oder als Lastenzuschuss fรผr selbstnutzende Eigentรผmerinnen und Eigentรผmer gewรคhrt. Pflegegeld ist eine Leistung der sozialen Pflegeversicherung nach ยง 37 SGB XI fรผr Menschen mit Pflegegrad, die zu Hause versorgt werden; es soll die Organisation hรคuslicher Pflege ermรถglichen und ist zweckgebunden.
Beide Leistungen verfolgen unterschiedliche Ziele โ das eine sichert Wohnen, das andere Pflege. Diese Unterscheidung ist fรผr die rechtliche Einordnung entscheidend.
Inhaltsverzeichnis
Doppelbezug ist mรถglich
Wohngeld und Pflegegeld kรถnnen grundsรคtzlich nebeneinander bezogen werden. Der Bezug von Pflegegeld fรผhrt nicht automatisch zum Ausschluss vom Wohngeld. Anspruchssperren bestehen vor allem dort, wo andere Sozialleistungen die Wohnkosten bereits abdecken (etwa Bรผrgergeld nach SGB II oder Sozialhilfe nach SGB XII); Pflegegeld zรคhlt nicht dazu.
Warum das Pflegegeld beim Wohngeld in der Regel nicht zรคhlt
Pflegegeld ist zweckgebunden und dient ausschlieรlich der Sicherstellung hรคuslicher Pflege. Daher wird es bei der pflegebedรผrftigen
Person in der Regel nicht als Einkommen fรผr das Wohngeld berรผcksichtigt. Pflegegeld nach ยง 37 SGB XI zรคhlt also beim Wohngeld nicht als Einkommen
Sonderfall: Weitergeleitetes Pflegegeld und Einkommen der Pflegeperson
Kommt das Pflegegeld einer pflegenden Person zugute, stellen sich zwei getrennte Fragen: Beim Pflegebedรผrftigen bleibt das Pflegegeld zweckgebunden.
Fรผr die Pflegeperson kann ein Teil der Zahlungen jedoch als Einkommen gelten โ und zwar dann, wenn es sich um nach ยง 3 Nr. 36 EStG steuerfreie Einnahmen aus Pflege handelt.
Nach ยง 14 Abs. 2 Nr. 26 WoGG gehรถrt die Hรคlfte solcher steuerfreien Pflege-Einnahmen zum Jahreseinkommen der Pflegeperson.
Diese Regel zielt auf pflegerische Leistungen ab, die typischerweise von Angehรถrigen oder nahestehenden Personen erbracht werden und bis zur Hรถhe des Pflegegeldes steuerfrei sind. Die hรคlftige Berรผcksichtigung hat die Rechtsprechung bestรคtigt.
Wohnsituation, โsittliche Pflichtโ und praktische Folgen
Ob und in welcher Hรถhe Zahlungen an Pflegepersonen anzurechnen sind, hรคngt von der konkreten Konstellation ab: Wird die Pflege durch Angehรถrige oder Personen erbracht, die eine โsittliche Pflichtโ erfรผllen, sind die Zahlungen bis zur Hรถhe des Pflegegeldes steuerfrei; im Wohngeldrecht wird davon die Hรคlfte bei der Pflegeperson als Einkommen angesetzt.
Lebt die Pflegeperson im selben Haushalt, auรerhalb des Haushalts oder handelt sie erwerbsmรครig, kann das im Einzelfall unterschiedlich bewertet werden.
Wichtig ist: Bei der pflegebedรผrftigen Person bleibt das Pflegegeld selbst auรen vor; betroffen ist โ wenn รผberhaupt โ nur die Einkommensseite der Pflegeperson. Lassen Sie sich im Zweifel beraten, weil Details wie Haushaltszugehรถrigkeit und Art der Pflegeleistung ausschlaggebend sein kรถnnen.
Wohngeld auch im Pflegeheim: Anspruch und Besonderheiten
Auch Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen kรถnnen unter bestimmten Voraussetzungen Wohngeld erhalten. Maรgeblich ist, dass es sich um ein Heim im Sinne des Heimrechts handelt und keine anderen Leistungen die Unterkunft bereits decken.
Bei der Berechnung wird in Heimen nicht die individuelle Miete angesetzt, sondern der รถrtliche Hรถchstbetrag der Mietniveaustufe zugrunde gelegt โ eine Sonderregel, die die pauschale Wohnkostenstruktur im Heim abbildet.
Vermรถgen, Einkommen und Freibetrรคge: Was zusรคtzlich gilt
Seit der Reform gilt beim Wohngeld eine Vermรถgensprรผfung. รberschreitet das Vermรถgen die Grenze von 60.000 Euro fรผr die erste Person und 30.000 Euro fรผr jede weitere, besteht in der Regel kein Anspruch. Zudem kรถnnen pflege- und behinderungsbezogene Freibetrรคge das anrechenbare Einkommen mindern.
Fรผr schwerbehinderte Haushaltsmitglieder sieht ยง 17 WoGG einen jรคhrlichen Freibetrag von 1.800 Euro vor, unter bestimmten Bedingungen auch bei Pflegebedรผrftigkeit unterhalb GdB 100.
Abgrenzung: Bรผrgergeld, Sozialhilfe, Hilfe zur Pflege und Pflegewohngeld
Wer Bรผrgergeld oder Sozialhilfe bezieht, in denen die Unterkunftskosten bereits enthalten sind, ist in der Regel vom Wohngeld ausgeschlossen. Davon zu trennen ist die Hilfe zur Pflege nach SGB XII, die Pflegeaufwendungen รผbernimmt, nicht aber per se die Miete.
Ebenfalls abzugrenzen ist das Pflegewohngeld: Eine lรคnderspezifische Leistung zur Deckung der Investitionskosten in stationรคren Einrichtungen, die es derzeit nur in einzelnen Bundeslรคndern gibt. Diese Leistung ist kein Wohngeld und lรคsst sich rechtlich nicht mit dem allgemeinen Wohngeld verwechseln.
Praxisbeispiele: So wirkt die Kombination im Alltag
Eine Rentnerin mit Pflegegrad 3 lebt zur Miete, erhรคlt Pflegegeld und organisiert die Pflege mit ihrer Tochter. Ihr Pflegegeld wird beim Wohngeldantrag nicht als Einkommen gezรคhlt.
Die Tochter erhรคlt aus dem Pflegegeld eine Aufwandsentschรคdigung; sofern diese nach ยง 3 Nr. 36 EStG steuerfrei ist, wird bei der Tochter die Hรคlfte dieser Einnahmen als Einkommen berรผcksichtigt, wenn sie selbst Wohngeld beantragt. Dadurch kann sich der Wohngeldanspruch der Tochter verรคndern, der Anspruch der Mutter hingegen nicht.
Ein anderes Beispiel betrifft einen Heimbewohner mit kleiner Rente. Er kann Wohngeld beantragen, obwohl er im Pflegeheim lebt. Bei der Berechnung wird der regionale Hรถchstbetrag fรผr Miete angesetzt; Pflegegeld spielt als Einkommen keine Rolle. Entscheidend ist, dass keine anderen Leistungen die Unterkunft bereits finanzieren und die Vermรถgensgrenzen eingehalten sind.
Antragstellung: Unterlagen und Hinweise
Fรผr den Wohngeldantrag sollten alle Einkommens- und Vermรถgensnachweise vollstรคndig vorliegen. Pflegebedรผrftigkeit und ein vorhandener Schwerbehindertenausweis kรถnnen relevant sein, weil sie Freibetrรคge auslรถsen.
Behรถrden empfehlen, sรคmtliche Einnahmen zwar anzugeben, dabei aber auf die Nichtanrechnung des Pflegegeldes hinzuweisen; die Wohngeldstelle nimmt die rechtliche Zuordnung vor und wendet die einschlรคgigen Vorschriften des Wohngeldgesetzes und der Verwaltungsvorschriften an.
Fazit
Wohngeld und Pflegegeld schlieรen sich nicht aus. Das Pflegegeld dient der Pflege und wird bei der pflegebedรผrftigen Person grundsรคtzlich nicht als Einkommen fรผr das Wohngeld berรผcksichtigt.
Nur bei Pflegepersonen kann โ abhรคngig von Art, Umfang und steuerlicher Einordnung der Zahlungen โ eine hรคlftige Anrechnung nach ยง 14 Abs. 2 Nr. 26 WoGG greifen. Wer im Pflegeheim lebt, kann ebenfalls Wohngeld erhalten, allerdings gelten dort besondere Berechnungsregeln.
Maรgeblich bleiben die allgemeinen Wohngeldvoraussetzungen zu Einkommen, Vermรถgen und Ausschlusstatbestรคnden. Wer seine individuelle Lage prรผft und Unterlagen sauber aufbereitet, kann beide Systeme rechtssicher kombinieren.




