Witwenrente zu Unrecht bezogen: Rückforderung von fast 60.000 Euro – Urteil

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Eine Rentnerin aus Hessen muss rund 59.831 Euro an die Deutsche Rentenversicherung zurückzahlen. Der Grund: Ihre Nebeneinkünfte wurden jahrelang nicht auf die Witwenrente angerechnet – obwohl sie ordnungsgemäß gemeldet worden waren.

Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hessen stellt klar: Auch wenn der Fehler bei der Behörde liegt, kann das Geld zurückgefordert werden. Das Urteil hat weitreichende Folgen für viele Rentnerinnen und Rentner in vergleichbaren Situationen.

Fehler bei der Behörde – aber trotzdem Rückzahlungspflicht?

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Witwe über Jahre hinweg neben ihrer Rente Einkommen aus abhängiger Beschäftigung erzielt. Sie meldete diese Einkünfte regelmäßig an die Rentenversicherung. Doch dort wurden die Angaben nicht korrekt verarbeitet, sodass die Zahlungen der Witwenrente fälschlich zu hoch ausfielen.

Erst Jahre später fiel der Rentenversicherung der Fehler auf. Die Behörde forderte daraufhin die zu viel gezahlten Beträge vollständig zurück – mit Verweis auf § 50 SGB X, der Rückforderungen auch dann erlaubt, wenn die Überzahlung durch ein Versäumnis der Verwaltung zustande kam.

Gerichtsurteil: Rentenempfängerin hätte den Fehler bemerken müssen

Das Landessozialgericht Hessen wies die Berufung der Betroffenen zurück und gab der Rentenversicherung recht. Entscheidend war aus Sicht der Richter: Die Empfängerin hätte bei Durchsicht der regelmäßigen Rentenanpassungsmitteilungen erkennen können, dass ihr Einkommen nicht angerechnet wurde.

Trotz der Komplexität der Rentenbescheide gelte eine sogenannte Mitwirkungspflicht: Wer regelmäßig Zahlungen erhält, müsse zumindest offensichtliche Unstimmigkeiten erkennen und melden. Der Einwand, man habe auf die korrekte Berechnung durch die Behörde vertraut, wurde nicht akzeptiert.

Was bedeutet das für andere Rentnerinnen und Rentner?

Das Urteil ist ein Weckruf für alle, die neben einer Witwen- oder Witwerrente zusätzliches Einkommen erzielen – sei es durch Arbeit, Selbstständigkeit oder eigene gesetzliche Rente. Eigene Einkünfte können die Witwenrente erheblich mindern, wenn sie bestimmte Freibeträge überschreiten. Wird das Einkommen nicht korrekt berücksichtigt, droht im Nachhinein eine Rückforderung in vier- bis fünfstelliger Höhe.

Die gesetzlich festgelegten Freibeträge orientieren sich am Nettoeinkommen und werden jährlich angepasst. Für das Jahr 2025 beträgt der monatliche Freibetrag z. B. 992 Euro in den alten Bundesländern und 964 Euro in den neuen.

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Praktische Hinweise: So schützen Sie sich vor Rückforderungen

1. Rentenbescheide jährlich prüfen: Wer zusätzliches Einkommen erzielt, sollte jedes Jahr die Rentenmitteilungen sorgfältig durchgehen. Achten Sie darauf, ob Einkünfte korrekt angerechnet wurden.

2. Schriftlich nachhaken: Fehlt die Anrechnung, sofort schriftlich reagieren – am besten per Einschreiben. Nur so kann dokumentiert werden, dass man seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist.

3. Freibeträge im Blick behalten: Überschreiten Ihre Einkünfte die jährlichen Freibeträge, ist mit einer Kürzung der Witwenrente zu rechnen. Eine einfache Orientierung bietet der Rentenrechner der Deutschen Rentenversicherung.

4. Frühzeitig beraten lassen: Wer sich unsicher ist, sollte die eigenen Unterlagen von einem Rentenberater oder Fachanwalt für Sozialrecht prüfen lassen. Eine Erstberatung kann im Ernstfall mehrere tausend Euro sparen helfen.

Sozialrechtliche Einordnung: Warum dieser Fall so relevant ist

Rückforderungen nach § 50 SGB X sind kein Einzelfall. Immer wieder kommt es vor, dass Sozialleistungen auf Basis unvollständiger oder fehlerhafter Daten ausgezahlt werden – teils über Jahre hinweg. Laut Statistik der Deutschen Rentenversicherung wurden allein 2023 über 18.000 Rückforderungen ausgesprochen, die sich auf mehr als 120 Millionen Euro summierten.

Viele Betroffene erfahren davon erst nachträglich – mitunter erst durch einen Mahnbescheid. Besonders problematisch ist, dass der Grundsatz „Vertrauen schützt vor Rückzahlung nicht“ auch bei Fehlern der Behörde greift.