Warum die Hartz IV Erhöhung von 16,66 Euro kaum ausreicht

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Im Juli 2022 wird die Bundesregierung allen Hartz IV, SGB XII-, AsylbLG- und BVB- Leistungsbeziehenden eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro auf das Konto überweisen. Ein gesonderter Antrag ist nicht notwendig. Dennoch wird die Einmalzahlung die Unterdeckung nicht abfedern.

Verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum wird unterschritten

Die Sozialhilfe und Hartz IV Leistungen sind deutlich zu niedrig. Bereits seit einer längeren Zeit können die Regelleistungen nicht mehr das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum von Hartz IV Beziehenden sichern.

Der Grund: Das Bundesamt für Statistik hat im April 2022 bereits eine Inflationsrate von 7,4 Prozent festgestellt. Besonders betroffen von der Teuerungsrate sind Lebensmittel und Energieversorgung.

Faktisch 16,66 EUR im Monat mehr ist zu wenig

Die Bundesregierung will nun die deutliche Unterdeckung mit einer Einmalzahlung kompensieren. Aufs Jahr gerechnet sind das faktisch 16,66 EUR im Monat mehr.

“Es wird damit versucht die Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen zu kaschieren, weil die Regierung davon ausgehen kann, dass kaum ein Gericht sich an das Thema traut und sie somit wieder einmal mit der planmäßigen Unterdeckung durchkommen”, kritisiert Harald Thomé von Tacheles e.V.

Mit 16,66 Euro monatlich mehr sind die derzeitigen Preissteigerungen nicht gedeckt. “Nicht ohne Grund wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft der Jobcenterleiter in NRW Alarm geschlagen oder hat der Sozialdezernent der Stadt Essen eine Anhebung der Regelleistungen von 100 EUR pro Monat gefordert”, mahnt Thomé.

Deutliche Berücksichtigung dieser Preissteigerungsraten gefordert

Die Sozialverbände, Erwerbslosengruppen, Gewerkschaften sowie der Kinderschutzbund haben auf das sichtbare Problem der Unterdeckung hingewiesen. Sie fordern eine deutliche Berücksichtigung dieser Preissteigerungsraten. Die 16,66 EUR faktische Hartz IV Erhöhung sind nicht in keinem Fall ausreichend, so der Tenor aller Organisationen.

Unterdeckung bei Wohn- und Heizkosten

Erschwerdend kommt hinzu, dass viele Leistungsbeziehende noch nicht einmal alle zustehenden Leistungen erhält.

Etwa 450.000 Haushalte in Deutschland erhalten rund 87 EUR monatlich zu wenig bei den Unterkunftskosten. In einzelnen Kommunen beträgt die Unterdeckung sogar weit mehr: Zum Beispiel anerkennt das Jobcenter Ebersberg durchschnittlich 234,84 EUR zu wenig bei den Unterkunftskosten pro gekürztem Haushalt. In München sind es 213,13 EUR und in Dachau 198,47 EUR pro gekürztem Haushalt.

Ein weiteres Problem ist die Unterdeckung bei den Heizkosten bei ungefähr 100.000 Haushalten. “Auch finden 100.000-fach Aufrechnungen von Darlehen und Erstattungs- und Ersatzleistungen von bis zu 30 % des Regelsatzes, also bis 134,70 EUR, statt”, kritisiert die Sozialberatung Tacheles.

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Auch ohne Krise eine Unterdeckung

Somit wird anhand der Beispiele deutlich, “dass vielmals noch nicht einmal das „Existenzminimum“ zur Auszahlung gebracht wird”, so Thomé.

“Durch diese Nichtberücksichtigung tatsächlicher Kosten, Aufrechnung und Geltendmachung sonstiger Forderungen wird die Existenz nicht mehr vertretbar drastisch unterschritten.”

Kürzungsmoratorium könne Abhilfe schaffen

Die Politik sei nun gefordert, ein eindeutiges Kürzungsmoratorium einzuführen. Es dürfen keine Kürzungen der Unterkunft und Heizung, ohne Ausnahme und in allen Fällen mehr stattfinden, so die Forderung von Tacheles.

Zudem dürfen keine Aufrechnung von Jobcenter-Darlehen mehr stattfinden. Auch die Ersatz- und Erstattungsansprüche sollten ausgesetzt sein.

“Dieses umfassende Kürzungsmoratorium muss sofort einsetzen und sollte mindestens bis Ende 2023 laufen”, fordert Thomé. Das funktiere allerdings nur, wenn es hierfür eine Gesetzesänderung gebe. Deshalb müsse die Bundesregierung heute und jetzt handeln.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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