Warnung vor den Sanktionen gegen Bürgergeld-Bezieher

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Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stellt sich gegen die Verschlechterungen für Leistungsberechtigte beim Bürgergeld. So sagte Anja Piel aus dem Vorstand des DGB gegenüber der Funke-Mediengruppe: “Schärfere Sanktionen beim Bürgergeld helfen niemandem wirklich.”

“Arbeitsverweigerung kein Massenphänomen”

Hart ins Gericht geht Piel mit dem Hassbild vom “Totalverweigerer”, der wie der Teufel an die Wand gemalt wird, um Leitungsberechtigte immer weiter zu drangsalieren. Sie sagt: “Arbeitsverweigerung war noch nie ein Massenphänomen und wird absehbar auch keins werden.”

Ein “gutes Sozialsystem” neu auszurichten wegen des Fehlverhaltens einiger weniger sei “unsinnig und zynisch”.

Der DGB Nordrhein-Westfalen sieht das genau so: “Es sind tatsächlich nur eine Handvoll Menschen, die zumutbare Arbeit mehrfach grundlos verweigern und dann zurecht sanktioniert werden müssen. Dass diese schwarzen Schafe im Fokus der Debatte stehen und ein schlechtes Licht auf alle Bürgergeldempfänger*innen werfen, sollten wir nicht zulassen.”

“Druck und Diffamierung sind der falsche Weg”

Der DGB Nordrhein-Westfalen stellte bereits im Februar 2024 klar: “Leider gibt es viele Stimmen in der öffentlichen Debatte, die das Bürgergeld ablehnen und die Empfänger*innen unter Generalverdacht stellen. Druck und Diffamierung sind aber der falsche Weg, wenn wir mehr Menschen in Arbeit und in ein selbstbestimmtes Leben bringen wollen.”

Mehr Mittel statt Strafen

Piel hält es für notwendig, mehr Arbeitsuchende in den Arbeitsmarkt zu bringen. Sie erklärt:
“In jedem Fall müssen wir besser werden, arbeitslose Menschen in Arbeit zu bringen. Dafür brauchen aber die Jobcenter mehr Geld für die Vermittlung und nicht mehr Sanktionsmöglichkeiten.”

Warnung vor Populismus

Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung warnte die Politik davor, bei Änderungen im Bürgergeld-System “mit populistischen und falschen Behauptungen” verletzliche Gruppen gegeneinander aufzuhetzen.

Qualifikation und bessere Löhne

Fratzscher verwies gegenüber den Märchen vom “faulen Arbeitslosen” auf die Realität in den Jobcentern und die wirklichen Probleme bei der Arbeitsuche: “Das größte Potenzial um langfristig die Anzahl der Bezieher des Bürgergelds zu reduzieren, sind Maßnahmen der Qualifizierung, als auch eine Erhöhung des Mindestlohns, da dies die Zahl der Aufstocker reduzieren würde.”

Laut Fratzscher sind die entscheidenden Punkte bei erwerbslosen Bürgergeld-Beziehern erstens eine fehlende Qualifizierung und zweitens gesundheitliche Beschwerden, denn “mehr als zwei Drittel dieser Bezieher haben keine abgeschlossene Berufsausbildung oder relevante Qualifizierung.”

“Wer Arbeit findet muss mehr Geld behalten”

Der stellvertretende Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer sieht zudem folgendes Problem: “Ein zu geringer Abstand zwischen unteren Lohngruppen und Bürgergeld dämpft die Anreize zur Aufnahme oder Ausweitung der Beschäftigung.”

Er fordert aber deshalb keine Kürzung des Bürgergeldes, sondern kritisiert, dass Leistungsbeziehern, die in Arbeit kommen (welche nicht den Lebensunterhalt deckt), zu viel ihres Lohns mit dem Bürgergeld verrechnet bekommen.

Er sagt: “Wer im Bürgergeldbezug eine Arbeit aufnimmt und eigenes Geld verdient, muss davon mehr behalten können.”