Kennen Sie die Arbeitsmarktrente? Sie ist gar nicht so selten, aber dennoch vielen Anspruchsberechtigten unbekannt. Deshalb nehmen wir uns dieses Themas einmal an. Denn selbst die Informationen der Deutschen Rentenversicherung sind oft eher spärlich.
Inhaltsverzeichnis
Volle EM-Rente durch Arbeitsmarktrente
Die Arbeitsmarktrente ist eine Sonderform der Erwerbsminderungsrente (EM-Rente), die trotz fehlender gesundheitlicher Voraussetzungen eine volle Auszahlung ermöglicht. Wer eine Arbeitsmarktrente bezieht, bekommt die volle EM-Rente ausgezahlt, obwohl er oder sie “nur” teilweise erwerbsgemindert sind.
Christian Schultz vom SoVD Schleswig-Holstein rät: “Bei halber EM-Rente ohne Teilzeitjob sollten Sie sich bei der Rentenversicherung melden. Es kann sein, dass Ihnen eine Arbeitsmarktrente zusteht.” Das geschieht, obwohl die gesundheitlichen Voraussetzungen für die EM-Rente nicht ganz zu den regulären Bestimmung passen.
Was ist die Arbeitsmarktrente?
Die Arbeitsmarktrente unterscheidet sich von der regulären Erwerbsminderungsrente. Normalerweise erhält man eine volle EM-Rente nur, wenn ein offizieller Gutachter der Rentenversicherung ein Restleistungsvermögen von unter drei Stunden pro Tag feststellt.
Die Arbeitsmarktrente hingegen ermöglicht eine volle Auszahlung, selbst wenn das Restleistungsvermögen einen Job auszüben, zwischen drei und sechs Stunden täglich liegt. Dies ist möglich, wenn die Betroffenen keine geeignete Teilzeitstelle findet.
Die volle Erwerbsminderungsrente bei verschlossenem Arbeitsmarkt: Was Versicherte wissen sollten
Wenn weder die Bundesagentur für Arbeit noch die Rentenversicherung es schaffen, einem Versicherten innerhalb eines Jahres nach Rentenantragstellung einen geeigneten Arbeitsplatz zu vermitteln, wird der Arbeitsmarkt als verschlossen angesehen.
In diesem Fall muss die teilweise Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) als volle EM-Rente gewährt werden. Aktuell gilt in Deutschland die Rechtsanwendung, dass der Teilzeitarbeitsmarkt aufgrund der ungünstigen Arbeitsmarktlage als verschlossen gilt.
Achtung: Wenn ein Versicherter seinen Teilzeitjob aufgibt, um über die teilweise EM-Rente die volle EM-Rente wegen des verschlossenen Arbeitsmarktes zu erlangen, wird dies nicht anerkannt.
In solchen Fällen gilt der Arbeitsmarkt als nicht verschlossen! Das bedeutet, dass der Versicherte keinen Anspruch auf die volle EM-Rente hat, wenn er seinen Teilzeitjob freiwillig aufgibt.
Warum ist die Arbeitsmarktrente immer befristet?
Ein wesentlicher Aspekt der Arbeitsmarktrente ist, dass sie immer befristet ist. Im Gegensatz zu unbefristeten EM-Renten wird die Arbeitsmarktrente nur für eine bestimmte Zeitspanne bewilligt.
Diese Befristung kann nur enden, wenn die Arbeitsmarktrente in eine reguläre Erwerbsminderungsrente umgewandelt wird oder wenn sich die gesundheitliche Situation des Betroffenen verbessert. Dies bedeutet, dass die Betroffenen regelmäßig ihre Anspruchsberechtigung überprüfen lassen müssen, was eine gewisse Unsicherheit mit sich bringt.
Noch einmal zusammengefasst: Im Gegensatz zu anderen Erwerbsminderungsrenten wird die Arbeitsmarktrente immer nur für einen begrenzten Zeitraum bewilligt. Dies geschieht aus mehreren Gründen:
Überprüfung der Arbeitsmarktsituation: Die Befristung ermöglicht es der Rentenversicherung, regelmäßig zu überprüfen, ob sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt geändert haben und ob es nun passende Teilzeitstellen gibt.
Gesundheitszustand: Es besteht die Möglichkeit, dass sich der Gesundheitszustand des Rentenempfängers verbessert und er wieder voll erwerbsfähig wird.
Was passiert in den ersten sechs Monaten?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Arbeitsmarktrente mit einem zeitlichen Verzug einhergeht.
Um eine Arbeitsmarktrente zu erhalten, muss zunächst eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt werden. Dies geschieht aufgrund des Restleistungsvermögens von drei bis sechs Stunden pro Tag.
In den ersten sechs Monaten nach dieser Feststellung erhalten die Betroffenen jedoch nur die halbe EM-Rente.
Erst nach Ablauf dieser Frist, wenn weiterhin keine geeignete Teilzeitstelle gefunden wurde, haben sie Anspruch auf die volle Rente.
Zusammengefasst:
Die Zahlung der Arbeitsmarktrente erfolgt nicht sofort. Um eine Arbeitsmarktrente zu erhalten, muss man zunächst eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt bekommen. Dies setzt voraus, dass das Restleistungsvermögen zwischen drei und sechs Stunden täglich liegt.
Sechs Monate Wartezeit: In den ersten sechs Monaten nach der Feststellung der teilweisen Erwerbsminderung wird nur eine halbe EM-Rente gezahlt. Dies soll dem Empfänger die Möglichkeit geben, eine passende Teilzeitstelle zu finden.
Voller Rentenanspruch: Wenn nach diesen sechs Monaten keine geeignete Teilzeitstelle gefunden wurde, kann der Empfänger die volle Rente erhalten, die sogenannte Arbeitsmarktrente.
Warum sollten Sie Ihre Ansprüche in Erinnerung bringen?
Die Rentenversicherung prüft normalerweise automatisch, ob nach sechs Monaten ein Anspruch auf die Arbeitsmarktrente besteht. Trotzdem ist es wichtig, aktiv zu bleiben und seine Ansprüche in Erinnerung zu bringen.
Falls die Rentenversicherung nicht automatisch die volle EM-Rente gewährt, sollten Betroffene sich selbstständig bei der Rentenversicherung melden.
Dies gilt insbesondere dann, wenn sie länger als sechs Monate vergeblich eine Teilzeitstelle gesucht haben. Neben der Rente können auch halbes Arbeitslosen- oder Krankengeld bezogen werden, je nach individueller Situation.
Wichtig ist aktiv zu bleiben und die Rentenversicherung an Ihre Ansprüche zu erinnern. Die Rentenversicherung prüft zwar automatisch, ob nach sechs Monaten ein Anspruch auf die Arbeitsmarktrente besteht, doch dies geschieht nicht immer lückenlos.
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Alternative Leistungen
Neben der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung können auch andere Leistungen wie Arbeitslosengeld oder Krankengeld in Frage kommen, je nach individueller Situation.
Die Höhe der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
Die Höhe der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit richtet sich immer nach den zurückgelegten Versicherungszeiten. Der Bezug von Bürgergeld oder anderen sozialen Leistungen hat keine Auswirkungen auf die Rentenhöhe.
Für Bezieher einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die arbeitslos gemeldet sind, gilt derzeit der Teilzeitarbeitsmarkt als verschlossen.
Bei Versicherten, die noch in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, bedarf es einer individuellen Prüfung, ob der Teilzeitarbeitsmarkt als verschlossen gilt.
Ist der gleichzeitige Bezug von Bürgergeld möglich?
Der Bezug einer Arbeitsmarktrente schließt nicht grundsätzlich einen Bezug von Bürgergeld aus.
Nur aufgrund der Tatsache, dass ein Bürger eine Arbeitsmarktrente wegen einer Erwerbsunfähigkeit bezieht, dürfen Jobcenter nicht daraus schließen, dass der Betroffene aufgrund einer vorübergehenden Erwerbsminderung keinen Anspruch auf Bürgergeld hat, wie auch das Bundessozialgericht (AZ: B 14 AS 42/08 R) urteilte.
Das Jobcenter ist jedoch dazu verpflichtet, die Arbeitsmarktlage für den Bezieher einer Arbeitsmarktrente ständig zu prüfen und auch eigene Vermittlungsbemühungen im Rahmen der gesundheitlichen Einschränkungen zu fordern.
Fazit
Die Arbeitsmarktrente ist ein wichtiger, aber oft unbekannter Teil des deutschen Rentensystems. Sie bietet eine finanzielle Absicherung für Betroffene, deren Restleistungsvermögen zwischen drei und sechs Stunden täglich liegt, die aber keine geeignete Teilzeitstelle finden und damit der Arbeitsmarkt faktisch verschlossen ist.
Versicherte sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente bei verschlossenem Arbeitsmarkt strengen Regelungen unterliegt.
Die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse sollten nicht vorschnell aufgeben werden, da dies den Anspruch auf die volle EM-Rente negativ beeinflussen kann.
Gesetzeslage
§ 43 Abs. 3 SGB VI und § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB 6
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.