Die Scheidung eines Ehepaares ist nicht nur emotional belastend, sondern bringt oft auch eine Vielzahl rechtlicher Probleme mit sich.
Besonders der Versorgungsausgleich, also die Aufteilung der Rentenansprüche zwischen den Ehepartnern ist oft nicht leicht umzusetzen. Ein scheinbar kleiner Fehler in der Handhabung kann nämlich schwerwiegende Folgen haben, insbesondere für Männer, wie ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts zeigt.
Was ist das Rentnerprivileg?
Bis zur Reform des Versorgungsausgleichs im Jahr 2009 galt in Deutschland das sogenannte Rentnerprivileg. Diese besagt, dass der Ehepartner, der im Zuge des Versorgungsausgleichs Rentenpunkte an den Ex-Partner abgeben muss, dies erst dann tun muss, wenn der andere Ehepartner selbst in den Ruhestand geht und eine Rente bezieht.
Dieses Privileg bot vielen Menschen einen finanziellen Puffer und schützte sie davor, ihre Rente vorzeitig an den Ex-Partner abgeben zu müssen.
Es war eine Erleichterung, besonders für jene, die früh in Rente gingen, während der andere Ehepartner weiterhin berufstätig war.
Seit dem 1. September 2009 gilt das Rentnerprivileg jedoch nicht mehr. Wer nach diesem Datum geschieden wurde oder eine Anpassung des Versorgungsausgleichs beantragt, muss sich den neuen Regelungen fügen.
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Welche Folgen hat das Ende des Rentnerprivilegs?
Das Ende des Rentnerprivilegs kann verheerende finanzielle Konsequenzen haben, wie ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts verdeutlicht.
In diesem Fall hatte ein Mann, der im Zuge seiner Scheidung im Jahr 2009 einen Versorgungsausgleich beantragt hatte, von dem Rentnerprivileg profitiert.
Er musste seine Rentenpunkte nicht sofort an seine Ex-Frau abgeben, da sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Rente bezog.
Dies änderte sich jedoch, als er 2015 einen Abänderungsantrag stellte, um von den durch die Mütterrente gewonnenen zusätzlichen Entgeltpunkten seiner Ex-Frau zu profitieren.
Das Familiengericht gewährte ihm zwar die zusätzlichen Rentenpunkte, doch damit war das Problem nicht gelöst.
Die Deutsche Rentenversicherung entschied, dass durch den Abänderungsantrag ein neues Verfahren eingeleitet wurde und das Rentnerprivileg damit erlosch.
Die Folge: Der Mann musste sofort 7,8 Entgeltpunkte im Wert von über 300 Euro pro Monat an seine Ex-Frau abtreten. Ein schwerer Schlag für seine finanzielle Situation im Ruhestand.
Warum führte der Abänderungsantrag zur Aufhebung des Rentnerprivilegs?
Das Problem in diesem Fall lag darin, dass der Mann durch den Abänderungsantrag ein neues Versorgungsausgleichsverfahren in Gang setzte.
Laut geltendem Recht gilt in solchen Fällen das Gesetz, das zum Zeitpunkt der Antragstellung aktuell ist – in diesem Fall also das Recht nach 2009, als das Rentnerprivileg bereits abgeschafft war. Das bedeutet, dass der Abänderungsantrag den ursprünglichen Versorgungsausgleich und damit auch das Rentnerprivileg aufhob.
Das Bundessozialgericht entschied in seinem Urteil vom 22. Februar 2024 daher, dass der Antragsteller keinen Anspruch mehr auf das Rentnerprivileg hatte und die abzugebenden Rentenpunkte sofort auf das Rentenkonto seiner Ex-Frau übertragen werden mussten.
Welche Lehren ziehen wir aus diesem Urteil?
Der Fall zeigt somit, wie schwierig ein Versorgungsausgleich ist und welche Risiken damit verbunden sein können.
Der Versuch, durch einen Abänderungsantrag mehr Rentenpunkte zu erhalten, kann schnell nach hinten losgehen. Vor allem Männer, die hoffen, durch die Mütterrente ihrer Ex-Partnerin profitieren zu können, sollten äußerst vorsichtig sein.
Rechtsanwalt Peter Knöppel, der sich auf Rentenrecht spezialisiert hat, betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit professioneller Beratung.
Ehepartner, die nach einer Scheidung überlegen, einen Abänderungsantrag zu stellen, sollten sich unbedingt von einem Fachanwalt für Familienrecht oder einem spezialisierten Rentenberater beraten lassen. Nur so können sie die Risiken und möglichen Konsequenzen richtig einschätzen und vermeiden, in eine finanzielle Falle zu tappen.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.