Vereinbaren von Eingliederungsvereinbarungen

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Eingliederungsvereinbarungen sollen vereinbart werden

27.02.2013

Eingliederungsvereinbarungen sollen vereinbart werden? Das klingt logisch und eine ganze Zeit lang nach Einfรผhrung von Hartz-IV konnte man sich auf diese Logik berufen. Dann war beim Jobcenter plรถtzlich Schluss mit lustig. "Und bist du nicht willig, erlasse ich den Verwaltungsakt." Auch damit ist jetzt Schluss.

Das Jobcenter macht Vorschlรคge zur (Wieder-)Eingliederung. Weniger in Arbeit, รถfters in irgendwelche TrainingsmaรŸnahmen oder zu sonstigen "Parkplรคtzen" auรŸerhalb der Arbeitslosenstatistik. Darรผber hinaus werden oft die Anzahl der monatlichen Bewerbungen festgelegt und jede Menge Belehrungen dran gehangen, zu demonstrieren, wo der Hammer hรคngt und um klar zu stellen, wer den lรคngeren Arm hat. Ein Hartz-IV-Betroffener aus dem Landkreis Sigmaringen lieรŸ sich davon nicht beeindrucken.

Der Betroffene lehnte den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung (EGV) nicht kategorisch ab. Er wollte fachlich festgestellt wissen, was seiner beruflichen Entwicklung gut tut und was nicht bzw. darรผber reden. Das Jobcenter berief sich offenbar auf ein Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) aus 2009, das Betroffenen den Anspruch auf eine individuelle EGV absprach und somit die Logik des Begriffs "Vereinbarung" schlichtweg aus den Angeln hob. Der Sachbearbeiter wisse besser, was dem "Kunden" gut tut und was nicht, hieรŸ es sinngemรครŸ in der Urteilsbegrรผndung.

Der Verwaltungsakt โ€“ Auch in Kรถln sehr in Mode
Bundesweit schrien die Jobcenter "Hurra" und fortan wurde auch in Kรถln ruckzuck der Verwaltungsakt aus der Tasche gezogen. Und das auch bei Menschen, die lediglich um eine Bedenkzeit baten.

Der Clou beim Verwaltungsakt ist, dass dessen Inhalt als Weisung zu befolgen ist, gegen die man nicht einfach widersprechen kann bzw. der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Die KEAs kennen Beispiele, wo Betroffene am Freitag per Verwaltungsakt dazu aufgefordert werden, am Montag eine TrainingsmaรŸnahme bei XY anzutreten. Hier hatten bisher nur der Widerspruch und die Beantragung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vor Gericht geholfen. Sicherheitshalber ein Gute-Nacht-Gebet, dass eine Verweigerung sanktionsfrei รผber die Bรผhne gehen mรถge. Der Betroffene aus Sigmaringen wollte die Vorschlรคge des Jobcenters so nicht hinnehmen und klagte โ€“ mit Erfolg โ€“ immerhin bis zum Bundessozialgericht.

Der ersatzweise Verwaltungsakt anstelle einer EGV bleibt weiterhin als Mรถglichkeit zulรคssig, aber erst nachdem der Betroffene eine EGV "grundlos" ablehnte. Solange er alternative inhaltliche Vorschlรคge in die Verhandlung um eine EGV einbringen kann und diese im Kontext seiner beruflichen Situation plausibel erscheinen oder er MaรŸnahmen verweigert, die fรผr ihn ganz offenbar untauglich erscheinen, ist ein Verwaltungsakt nicht gerechtfertigt. Urteil Az.: B 14 AS 195/11 R vom 14 Februar 2013, BSG Kassel

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg setzt noch einen drauf
In einem einstweiligen Rechtsbeschluss hat das LSG Berlin-Brandenburg unter dem Zeichen L14 B 568/08 AS ER finanzielle Sanktionen untersagt, als ein Betroffener eine laufende MaรŸnahme abbrach, die ihm nicht wirklich weiterbringen konnte. Dieser Beschluss sowie das Urteil des BSG kรถnnen dazu beitragen, die Willkรผr des Jobcenters oder einzelner Sachbearbeiter etwas im Zaum zu halten. Die KEAs sind auf die neue rechtliche Situation eingestellt. Das Jobcenter auch? (KEA Kรถln)

Bild: Petra Bork / pixelio.de