Über Sinn und Unsinn (M)eines 1-Eurojobs.
von: Thomas Albrecht
(01.06.2010) Über Sinnfreiheit (m)eines 1Euro-Jobs. Habt ihr Euch vielleicht schon immer mal gewünscht, etwas völlig Sinnloses zu tun, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen? Dann lasst euch einen sogenannten 1 Euro-Job geben. Da wird man verpflichtet, wöchentlich 30 Stunden auf Arbeit zu gehen ohne dass man dafür entlohnt wird. Diese Jobs heißen offiziell MAE – Job. MAE bedeutet da: Mehraufwandsentschädigung. Mehraufwand? Wofür eigentlich? Lohn wäre mir lieber. Der Auftrag in meinem Eurojob besteht darin, einen Wanderweg zu warten. Wartung bedeutet für mich, Müll entfernen, Schilder und Bänke und Schutzhütten instandsetzen, Vielleicht auch mal an einer schwer begehbaren Stelle ein Geländer anzubringen. Oder auch nach Sturm oder nach dem Winter herabhängende und störende Äste auszuschneiden. Soweit so gut.
Wenn ich aber von meinem Anleiter verpflichtet werden soll, im Wald Laub zu kehren, frag ich mich schon, ob das wohl ernst gemeint sei. Ja, es war ernst gemeint. Und das ist erst der Anfang gewesen. Heute zogen wir los, um im Weg eine feuchte Stelle trockenzulegen. Ein Graben sollte gezogen werden. Als wir dabei auf allerhand Steine stießen, meinte ein Kollege lapidar: „ach die Steine haben wir in der letzten Maßnahme hier eingebracht, weil da eine Pfütze war“. Wie bitte? Und wir graben nun die Steine wieder aus weil da eine Pfütze ist. Wir machen also die Arbeit unserer vorangegangenen Kollegen wieder kaputt, nur um unser eigenes Dasein hier zu rechtfertigen. An einer anderen Stelle haben wir vorige Woche Steine, die wir eine weite Strecke durch den Wald getragen hatten, auf den Weg gebaut, damit dort das „Wasser ablaufen“ kann. Ich beglückwünsche hier schon mal die Kollegen der nächsten Maßnahme. Sie werden diese Steine sicherlich wieder ausbuddeln dürfen. So etwas sind doch echte Schildbürgerstreiche. Als ich dann sah, dass der Anleiter mehrere Leute eingeteilt hatte, im Wald Unkraut zu jäten, fiel mir echt nichts mehr ein. Was kommt wohl als Nächstes? Werden wir auf der Wetterseite das Moos von den Bäumen kratzen, damit es schöner aussieht? Oder wir vertreiben die Wildschweine weil sie den ganzen Boden aufwühlen. Oder am Besten gleich alle Waldtiere. Sie machen doch eh nur Krach und scheißen alles voll – in unserem schönen Wald. Vielleicht sollte man darüber nachdenken, den Wanderweg auf acht Meter zu verbreitern um ihn zu asphaltieren, natürlich mit ordentlicher Kanalisation, damit keine „Pfützen“ entstehen.
Manch einer wird jetzt vielleicht lachen über meine Phantastereien aber ich finde es ehrlich gesagt, eher zum Heulen. Ich frage mich, weshalb ein Maßnahmeträger mich zu so einem Unsinn verdonnern kann, ohne Konsequenzen. Was hat der Träger davon? Es werden sinnlos staatliche Gelder verschleudert. Oder will der Maßnahmeträger lediglich die Sachkosten für jeden Eurojobber kassieren um sie anderweitig verwenden zu können. Denn für uns werden sie offenbar nicht eingesetzt. Obwohl ich „meinem Träger“ wenigstens zugute halte, dass wir 1 Paar Sicherheitsschuhe gestellt bekamen. Aber Regenschutzkleidung, ordentliches Werkzeug, faire Fahrtkostenabrechnung – Fehlanzeige. Kümmere dich selbst, bekommst doch pro Stunde 1,30€ für deinen Mehraufwand. Wir bekamen am Anfang der Maßnahme verschiedene Werkzeuge, die schon beim Erstgebrauch in sämtliche Einzelteile zerfielen. (Wer so etwas verkauft oder herstellt, sollte echt bestraft werden. Wo sind sie denn da hin unsere „deutschen Werte und Qualitätsansprüche“, auf die wir angeblich so stolz sein können). Oder ist es nur wichtig, dass alles so billig wie möglich gehalten wird? Mit preiswert hat das ja wohl nichts zu tun wenn eine Gartenschere gerade mal ihren Schrottpreis wert ist.
Durch solche Umstände verliert man echt die Freude an der Arbeit. Diese Arbeit ist weder nützlich noch sinnvoll. Und das bereitet Frust, erst recht wenn man dafür nicht bezahlt wird. Woher soll denn da irgendeine Motivation kommen? Ich arbeite in meiner Freizeit ehrenamtlich, bekomme da auch kein Geld. Aber dort weiß ich wenigstens, wofür ich es mache und das motiviert mich auch. Und ich kann mir aussuchen, wann und wie ich mein Pensum erledige, ohne dass ich Angst vor irgendwelchen Sanktionen haben muss. (Ein Leserartikel)
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