Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht und parallel einer Beschäftigung nachgeht, muss Sozialversicherungsbeiträge zahlen und kann steuerpflichtig werden. Dennoch profitieren viele Betroffene von größeren Hinzuverdienstmöglichkeiten und der Option einer Probebeschäftigung.
In diesem Artikel erfahren Sie, welche Abzüge auf Sie zukommen, wie sich Ihr Rentenbezug auf die Steuer auswirkt und warum Sie langfristig vom „Sicherheitspuffer“ Arbeitslosengeld profitieren könnten.
Inhaltsverzeichnis
Volle Erwerbsminderungsrente: Was passiert beim Hinzuverdienst?
Immer mehr Rentenbezieher mit voller Erwerbsminderung möchten wieder ins Berufsleben einsteigen. Sie können das für einige Monate testweise tun und ihre Rente trotzdem behalten. Grundlage sind aktuelle gesetzliche Änderungen, die das Ausprobieren erleichtern. Arbeitnehmer mit voller Erwerbsminderung unterliegen grundsätzlich denselben Abgaben wie andere Beschäftigte.
Beiträge zur Sozialversicherung
Üblicherweise zahlen Beschäftigte Kranken, Pflege, Renten und Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Bei Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente gibt es jedoch zwei Besonderheiten:
1. Keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge
Sie sind während des Rentenbezugs von der Arbeitslosenversicherung befreit. Dadurch reduziert sich Ihr Lohnabzug. Allerdings erwerben Sie in dieser Zeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, falls das Arbeitsverhältnis endet.
2. Ermäßigter Beitragssatz in der Krankenversicherung
Weil Personen mit voller Erwerbsminderungsrente keinen Anspruch auf Krankengeld haben, zahlen sie den ermäßigten Beitragssatz (derzeit 14,0 Prozent anstelle von 14,6 Prozent). Beschäftigte tragen davon die Hälfte, also 7,0 Prozent. Hinzu kommt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag, der ebenfalls hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen wird.
Vorteil
Mit einem Job neben der vollen Erwerbsminderungsrente steigern Sie Ihr Einkommen, ohne sofort den Rentenanspruch zu verlieren. Höhere Hinzuverdienstgrenzen und eine neue gesetzliche Möglichkeit zur Probebeschäftigung reduzieren das Risiko, die Rente einzubüßen.
Beispiel zur Lohnabrechnung
Angenommen, Sie erzielen 2.000 Euro brutto monatlich. Bei Steuerklasse IV mit Kind und ohne Kirchensteuer könnten folgende Abzüge anfallen:
- Krankenversicherung (7 % Arbeitnehmeranteil + Zusatzbeitrag)
- Pflegeversicherung (circa 1,7 % Arbeitnehmeranteil, abhängig vom Bundesland und Kinderanzahl)
- Rentenversicherung (9,3 % Arbeitnehmeranteil)
- Keine Arbeitslosenversicherung
- Lohnsteuer auf Basis Ihrer Steuerklasse
Nach diesen Abzügen käme ein Netto von etwas über 1.500 Euro heraus. Der genaue Betrag hängt von Ihrer Kasse und individuellen Steuermerkmalen ab.
So könnte eine Lohnabrechnung aussehen:
Bruttolohn | 2.000 Euro |
Krankenversicherung (14 Prozent) | 140 Euro |
Zusatzbeitrag Krankenversicherung (1,7 Prozent) | 17 Euro |
Pflegeversicherung (3,4 Prozent/2) | 34 Euro |
Rentenversicherung (18,6 Prozent/2) | 186 Euro |
Arbeitslosenversicherung | 0 Euro |
Lohnsteuer | 111,16 Euro |
Netto | 1.511,84 Euro |
Gesetzliche Hintergründe und Probebeschäftigung
Mit einer neuen Vorschrift (vgl. § 43 Absatz 7 SGB VI) können Sie bis zu sechs Monate in einem Job arbeiten, der über Ihr bisheriges Leistungsvermögen hinausgeht, ohne Ihre volle Rente zu verlieren. Dies bietet Spielraum, Ihren Gesundheitszustand und Ihre Belastbarkeit zu testen.
Praktischer Nutzen
Mehr finanzielle Sicherheit: Wer nach einem längeren Ausfall unsicher ist, schafft sich eine Einkommensreserve.
Risikofreies Ausprobieren: Fällt die Probebeschäftigung schwer, bleibt der volle Rentenbezug zunächst bestehen.
„Sicherheitspuffer“ Arbeitslosengeld nach Rentenbezug
Ein häufig übersehener Aspekt ist die Anrechenbarkeit von Zeiten des Rentenbezugs in der Arbeitslosenversicherung. Nach § 26 Absatz 2 SGB III (Nummer 3) gelten viele Empfänger einer vollen Erwerbsminderungsrente weiterhin als versicherungspflichtig.
Wer also direkt vor Rentenbeginn sozialversicherungspflichtig beschäftigt war oder Arbeitslosengeld erhielt, kann im Anschluss am Ende des Rentenbezugs wieder Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
Beispiel:
Sie beziehen mehrere Jahre eine befristete volle Erwerbsminderungsrente.
In dieser Zeit arbeiten Sie nebenbei. Diese Nebentätigkeit ist nicht arbeitslosenversicherungspflichtig.
Dennoch sind Sie über den Rentenbezug selbst oft weiterhin in der Arbeitslosenversicherung abgesichert (sofern Sie die Voraussetzung vor Rentenbeginn erfüllen). Fällt der Job weg, erhalten Sie unter Umständen Arbeitslosengeld, weil die erforderliche Anwartschaftszeit über den Rentenbezug erfüllt wurde.
Fazit für Betroffene
Sie profitieren von einer doppelten Absicherung: Während der Rente zahlen Sie keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, haben aber eventuell dennoch Anspruch auf Arbeitslosengeld, falls der Rentenbezug endet und Sie wieder arbeitsfähig sind, aber arbeitslos werden.
Teilweise Erwerbsminderung: Ähnliche Regeln, aber andere Rentenhöhe
Wer nur teilweise erwerbsgemindert ist, erhält meist eine niedrigere Rentenzahlung. Die Abzüge vom Lohn entsprechen allerdings in der Regel denen anderer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter. Anders als bei voller Erwerbsminderung gibt es keine reduzierten Beitragssätze für Kranken- oder Pflegeversicherung.
Konkreter Vorteil
Auch wenn die Rente geringer ausfällt, können Sie Ihr Gesamteinkommen durch eine reguläre Beschäftigung erhöhen. Da bei teilweiser Erwerbsminderung in der Regel ein Anspruch auf Krankengeld besteht, ist der normale Beitragssatz in der Krankenversicherung fällig.
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Rente selbst
Ein Nebenjob ändert nichts an den Abzügen, die direkt von Ihrer Rentenzahlung abgezogen werden. Rund 11,5 Prozent Ihrer Bruttorente gehen an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, sofern Sie gesetzlich versichert sind. Dieser Prozentsatz bleibt unverändert, auch wenn Sie ein zusätzliches Arbeitsentgelt beziehen.
Weshalb ist das wichtig?
Viele Erwerbsminderungsrentner möchten wissen, ob sie durch die Beschäftigung doppelte Beiträge zahlen. Tatsächlich sind die Beiträge zur Rente und zum Lohn voneinander getrennt. Sie haben jeweils eigene Bemessungsgrundlagen.
Steuerliche Folgen für Arbeitseinkommen und Rente
Arbeitseinkommen und Lohnsteuer
Sobald Sie mit Ihrer Erwerbsminderungsrente einen Job aufnehmen, läuft die Lohnabrechnung wie bei anderen Angestellten: Der Arbeitgeber zieht direkt Lohnsteuer vom Brutto ab. Ob Sie Steuerklasse I, II, III, IV oder V haben, bestimmt die Höhe der Abgaben.
Rente unterliegt der Einkommensteuer
Ihre Erwerbsminderungsrente zählt ebenfalls zum zu versteuernden Einkommen. Im Unterschied zum Arbeitslohn gehen von der Rentenzahlung keine Steuervorauszahlungen an das Finanzamt ab. Das führt häufig dazu, dass erst am Jahresende deutlich wird, dass Sie eine Steuernachzahlung leisten müssen.
Beispiel:
Sie beziehen monatlich 1.100 Euro Rente (brutto) und verdienen zusätzlich 2.000 Euro.
Ihr Arbeitgeber hat Lohnsteuer für 2.000 Euro abgezogen. Die Rentenkasse zieht jedoch keine Steuer ein. Beim Zusammenrechnen im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung kann eine Nachzahlung fällig werden.
Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung
Sobald Sie neben der Rente steuerpflichtiges Einkommen beziehen, müssen Sie für das betreffende Jahr eine Steuererklärung einreichen. Wer einen Minijob (450Euro oder 520Euro Basis) ausübt, ist davon im Regelfall ausgenommen, weil ein Minijob pauschal besteuert wird und sich nicht auf den Lohnsteuerabzug auswirkt.