Münsteraner Tafel schließt ein Ehepaar vom Essen aus, weil der Ehemann ein kritisches Interview gab
Kritik können viele Menschen nur sehr schlecht vertragen. Bei der Tafel in Münster können die Betreiber überhaupt keine Kritik vertragen und schlossen einen Hartz IV Betroffenen kurzerhand vom Essen aus. Damit nicht genaug, auch eine sog "Sippenhaft" gilt, denn die Ehefrau darf zukünftig die Tafel auch nicht mehr nutzen. Die "Tafeln" sammeln von unterschiedlichen Unternehmen Essen ein, um es an Bedürftige weiter zugeben. Doch als Gegenleistung wird zu mindestens in Münster augenscheinlich erwartet, dass man keine Kritik äußert. Allein in Münster sind fast 7000 Menschen auf die Essensausgabe angewiesen.
Mitte Juni 2009 gab Moritz Seegers* ein Interview der Tageszeitung "Junge Welt". In diesem Interview kritisierte Herr Seegers die Praxis der Tafel und deren Arbeit. Gegenüber der Zeitung "Junge Welt" berichtete Herr Seegers, dass nach dem Interview bereits der Vorsitzende der Tafel ihn an der Eingangstür erwartete und den Einlass verwehrte. "Als ich zwei Wochen nach dem Interview das erste Mal wieder zur Essensausgabe der Münster-Tafel kam, erwartete mich schon der Vorsitzende und teilte mir mit: Sie bekommen von uns nichts mehr". Muss man immer schön "artig sein" um die Lebensnotwendige Unterstützung durch die Tafel zu erhalten? Gilt das demokratische Grundrecht der Freien Meinungsäußerung für bedürftige Menschen nicht mehr? "Hört die Nächstenliebe dort auf, wo die Meinungsfreiheit beginnt?", fragt sich der 56jährige Hartz-IV-Betroffene, der aufgrund einer Behinderung nicht mehr Vollzeit arbeiten kann und deshalb auf Arbeitslosengeld II Leistungen angewiesen ist.
Doch die Münsteraner Tafel stellt sich quer und pocht auf das Vereinsrecht. Der Vereinsvorsitzende der Tafel Münster, Roland Goetz, pocht auf das Hausrecht. Bei der Tafel würden alle ehrenamtlich arbeiten, "aber nicht für Leute, die uns ans Schienbein treten", sagt Herr Goertz. Herr Seegers bekommt nun kein Essen mehr und seine Frau auch nicht. Immerhin erhält die Tafel e.V. 10.000 Euro pro Jahr von der Stadt Münster, also Steuergelder die dafür verwendet werden sollen, damit Bedürftigen geholfen werden kann. Ob es auch eine Klausel gibt, bei freier Meinungsäußerung die Essensausgabe zu verweigern? Das will auf jeden Fall die Linkspartei heraus finden und stellt nun eine kleine Anfrage im Stadtrat. (13.08.2009, * Name geändert)
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