Studie belegt: Schlechtes Image durch Hartz-IV

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ALG-II-Bezieher sind noch immer mit Vorurteilen konfrontiert, zeigt eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der NGO Sanktionsfrei. Doch dieses Bild stimmt nicht mit der Realität überein.

Im Kontext der Einführung von Hartz-IV in den 2000er Jahren kam es zu einer Debatte über die Arbeitswilligkeit von Sozialhilfeempfängern, in der selbst Sozialdemokraten wie Gerhard Schröder und Kurt Beck das Bild von faulen und verlotterten Arbeitslosen bedienten, die an ihrer Situation selber Schuld seien.

15 Jahre unter Hartz IV – Das Bild vom faulen Sozialhilfeempfänger hält sich hartnäckig

In einer neuen Studie haben der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Verein Sanktionsfrei e.V. gängige Vorurteile gegenüber Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern abgefragt und mit der Faktenlage gegenübergestellt. Demnach glauben 45 Prozent der Befragten, dass Hartz-IV-Beziehende bei der Arbeitssuche zu wählerisch seinen, und die Hälfte meint, diese hätten „nichts Richtiges“ zu tun.

Ganze 65 Prozent sind davon überzeugt, dass Sozialleistungsempfänger nicht arbeiten wollen, weil jeder, der arbeiten möchte, einen Job fände. 31 Prozent meinen sogar, Hartz-IV-Beziehende wollten überhaupt nicht arbeiten.

Starke Tendenzen nach politischer Präferenz

In der Studie wurde außerdem die parteipolitische Präferenz abgefragt. Dabei zeigten sich klare Tendenzen: 60 Prozent der AfD- und 55 Prozent der FDP-Anhänger, sowie 40 Prozent der Anhänger der Unionsparteien und 29 Prozent jener der SPD vertreten die Meinung, Hartz-IV-Beziehende wollten gar nicht arbeiten. Am geringsten fiel die Zustimmung bei Anhängern der Grünen (18 Prozent) und Linken (10 Prozent) aus.

Von den Anhängern der genannten Parteien glauben zwischen 60 und 82 Prozent, dass jeder einen Job finde, der arbeiten möchte. Nur bei der Linken fiel die Zustimmung mit 35 Prozent vergleichsweise gering aus.

Die meisten wollen arbeiten

Die Studie zeigt, dass die starken Vorurteile mit geringem Faktenwissen über die tatsächlichen Umstände, in denen sich Hartz-IV-Beziehende befinden, einhergeht. Nur etwa die Hälfte der Befragten wussten, dass von 4 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Beziehenden etwa die Hälfte erwerbstätige „Aufstocker“ sind oder dem Arbeitsmarkt wegen der Angehörigenpflege, der Kindererziehung, der Teilnahme an Maßnahmen der Agentur für Arbeit oder wegen Fort- und Weiterbildungen gar nicht zur Verfügung stehen. Nur ein Viertel der 5,8 Millionen Menschen, die 2019 Hartz IV bezogen, waren tatsächlich arbeitslos.

Das unterstreicht den Befund einer Studie, die das zur Agentur für Arbeit gehörende Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2017 durchgeführt hat. Demnach würden die meisten Arbeitslosen auch Jobs unterhalb des eigenen Qualifikationsniveaus, zu ungünstigen Arbeitszeiten und sogar unterhalb des Mindestlohns annehmen.

Trotzdem ist die Erfolgsquote der Agentur für Arbeit erschreckend niedrig. Nur etwa ein Zehntel der Abgänge aus der Arbeitslosigkeit erfolgt auf Vermittlung des Jobcenters. Das liegt auch daran, dass es dreimal mehr Arbeitslose als i der Bundesagentur für Arbeit gemeldete freie Stellen gibt.

„HartzFacts“ – Informationskampagne soll aufklären

Aufgrund der anhaltenden Stigmatisierung von ALG-2-Beziehenden haben der Paritätische Wohlfahrtsverband und Sanktionsfrei e.V. am 07.07.2020 die Kampagne „HartzFacts“ gestartet, mit der sie über die Sachbefunde aufklären wollen. Erklärtes Ziel ist es außerdem, die Grundsicherung unter Hartz IV zu erhöhen.

Die Pläne zur Neuregelung der Regelsätze zum 01.01.2021 bezeichneten Ulrich Schneider und Helena Steinhaus als absolut unzureichend. Die Beträge hätten „mit Bedarf und Lebensrealität in Deutschland wirklich nichts zu tun.“

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