Schwerbehinderung: Vorteile mit Grad der Behinderung bei Herzleiden

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Wer ein Herzleiden hat, hat unter Umstรคnden auch einen Anspruch auf einen Grad der Behinderung und somit auch Anspruch auf Vorteile, die ein Behinderungsgrad mitsich bringt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Alltag durch Beschwerden der Alltag eingeschrรคnkt ist.

Wie wird der Grad der Behinderung (GdB) bei Herzkrankheiten festgelegt?

Die Festlegung des Grads der Behinderung erfolgt durch das zustรคndige Versorgungsamt. In manchen Regionen kรถnnen hierfรผr andere Bezeichnungen wie Amt fรผr Soziale Angelegenheiten oder Amt fรผr Soziales und Versorgung gelten. Grundlage der Entscheidung sind die Versorgungsmedizinischen Grundsรคtze, in denen mithilfe von Tabellen fรผr verschiedene Krankheiten bestimmte Zahlenwerte zugeordnet werden. Diese Zahlen geben den jeweiligen GdB an.

Wichtig ist, dass alle gesundheitlichen Einschrรคnkungen gemeinsam betrachtet werden. Wer also zusรคtzlich zu einer Herzerkrankung noch andere Leiden hat, zum Beispiel eine Arthrose, sollte im Antrag sรคmtliche Einschrรคnkungen nennen. Das Amt prรผft dann zunรคchst fรผr jede einzelne Erkrankung einen eigenen GdB. Im Anschluss wird daraus ein Gesamt-GdB gebildet, der hรถher sein kann als der hรถchste Einzel-GdB allein.

Welche Vorteile ergeben sich durch die Anerkennung einer Behinderung?

Ab einem bestimmten GdB sind verschiedene Erleichterungen vorgesehen. Schon mit einem relativ niedrigen Grad der Behinderung lassen sich Steuervergรผnstigungen รผber den Behinderten-Pauschbetrag nutzen.

Ab einem GdB von 30 kann ein besonderer Kรผndigungsschutz in Betracht kommen. Wird ein GdB von 50 oder mehr anerkannt, spricht man von einer Schwerbehinderung. Dies ermรถglicht es Betroffenen, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen und unter anderem Vergรผnstigungen bei Eintritten in Museen, Kinos oder Theatern zu erhalten.

Hinzu kommt ein Anspruch auf Zusatzurlaub von einer Woche pro Jahr am Arbeitsplatz und โ€“ unter bestimmten Voraussetzungen โ€“ die Mรถglichkeit, drei Jahre frรผher in Rente zu gehen. Darรผber hinaus kรถnnen weitere Merkzeichen, etwa das Recht zur Nutzung von Behindertenparkplรคtzen oder Nachteilsausgleiche im รถffentlichen Nahverkehr, eingetragen werden.

Grad der Behinderung (GdB) >Mรถgliche Vorteile
0โ€“10 Keine wesentlichen Vorteile. In der Regel keine Steuervergรผnstigungen und keine Nachteilsausgleiche.
20 Erste steuerliche Erleichterungen รผber den Behinderten-Pauschbetrag. GdB 20 reicht fรผr den Pauschbetrag bereits aus.
30 Mรถglichkeit der Gleichstellung mit Schwerbehinderten im Arbeitsleben (zum Beispiel besonderer Kรผndigungsschutz), wenn die Voraussetzungen erfรผllt sind.
40 Leichterer Zugang zur Gleichstellung, wodurch รคhnliche arbeitsrechtliche Vorteile wie bei Schwerbehinderten bestehen kรถnnen.
50 Schwerbehindertenausweis und damit unter anderem eine Woche Zusatzurlaub pro Jahr, verbesserter Kรผndigungsschutz, mรถgliche vorgezogene Altersrente (bis zu drei Jahre frรผher), sowie zahlreiche ErmรครŸigungen (zum Beispiel vergรผnstigte Eintritte in Museen oder Kinos).
60โ€“70 Weitere Nachteilsausgleiche, zum Beispiel vereinfachter Zugang zu Merkzeichen, die Mobilitรคtshilfen oder finanzielle Vergรผnstigungen im รถffentlichen Nahverkehr ermรถglichen kรถnnen.
80โ€“90 Umfangreichere Nachteilsausgleiche, etwa Parkerleichterungen bei entsprechendem Merkzeichen und gegebenenfalls hรถhere Steuererleichterungen.
100 Maximale Nachteilsausgleiche, hรคufig zusรคtzliche Befreiungen wie etwa von der Kfz-Steuer (bei Vorliegen bestimmter Merkzeichen) und umfassende Vergรผnstigungen im Alltag.

Wann liegt eine Schwerbehinderung bei eingeschrรคnkter Herzleistung vor?

Herzleiden werden immer im Hinblick auf die tatsรคchliche Leistungsbeeintrรคchtigung bewertet. Gibt es etwa nur geringe Einschrรคnkungen bei stรคrkeren kรถrperlichen Belastungen und lรคsst sich auch auf dem Ergometer die volle Sollleistung erbringen, wird hรถchstens ein GdB von 10 zugestanden. Das bedeutet, dass keine wesentlichen Vorteile wie steuerliche Erleichterungen oder besonderer Kรผndigungsschutz greifen.

Sobald bereits mittelschwere kรถrperliche Anstrengungen, etwa ein schneller Spaziergang oder mittelschwere Arbeit, Probleme bereiten oder aus medizinischen Grรผnden strikt zu vermeiden sind, erkennt das Versorgungsamt eine leichte Behinderung an. Der GdB bewegt sich dann hรคufig im Bereich von 20 bis 40.

Eine Schwerbehinderung beginnt in der Regel bei einem GdB von 50. Grundlage ist, wenn schon leichte Alltagsbelastungen โ€“ etwa ein langsamer Spaziergang oder ein kurzes Treppensteigen โ€“ zu Beschwerden wie Atemnot oder Brustschmerzen fรผhren oder aus รคrztlicher Sicht dringend zu meiden sind. Dies wird mit objektiven Messwerten, hรคufig in Form eines Ergometer-Tests, untermauert.

Ab einem GdB von 50 kommt es damit zu den erwรคhnten Vergรผnstigungen und Schutzrechten. Werden die Beschwerden noch stรคrker, kann der GdB auch auf 80 oder sogar 100 ansteigen, etwa bei schwerer Dekompensation oder wenn eine Herzschwรคche selbst in Ruhe deutlich spรผrbar ist.

Was gilt nach einer Herztransplantation oder medizinischen Eingriffen?

Nach einer Herztransplantation wird Betroffenen hรคufig fรผr zwei Jahre ein GdB von 100 zugestanden. Diese Phase wird als โ€žHeilungsbewรคhrungโ€œ bezeichnet.

In dieser Zeit muss das Immunsystem dauerhaft mit Medikamenten unterdrรผckt werden, um eine AbstoรŸung des neuen Organs zu verhindern. Auch nach Ablauf dieser Frist bleibt der GdB meist hoch, da weitere gesundheitliche Einschrรคnkungen bestehen bleiben. Bei einem gรผnstigen Heilungsverlauf legt das Versorgungsamt dann in der Regel mindestens einen GdB von 70 fest.

Wer einen medizinischen Eingriff am Herzen hinter sich hat, wie eine Herz-OP oder den Einbau von Herzklappenprothesen, erhรคlt einen GdB, der sich an der verbleibenden Leistungsbeeintrรคchtigung orientiert. So muss beispielsweise bei Herzklappenprothesen mindestens ein GdB von 30 festgesetzt werden. Dass Betroffene anschlieรŸend Blutverdรผnner einnehmen mรผssen, ist bereits in diesem Wert berรผcksichtigt.

Wie sieht es mit Herzrhythmusstรถrungen aus?

Leiden Menschen an Herzrhythmusstรถrungen, die den Blutfluss beeintrรคchtigen, bewertet das Versorgungsamt neben der Hรคufigkeit und Dauer der Anfรคlle auch die Frage, ob die Pumpleistung des Herzens selbst dauerhaft eingeschrรคnkt ist. Fallen die rhythmischen Stรถrungen ohne weitere Leistungsminderung am Herzen nur gelegentlich an, kann der GdB etwa zwischen 10 und 30 liegen.

Kommt ein Herzschrittmacher zum Einsatz, wird das meist nur mit einem GdB von 10 berรผcksichtigt. Handelt es sich jedoch um einen Kardioverter-Defibrillator, der lebensbedrohliche Arrhythmien erkennt und unmittelbar gegensteuert, steigt der GdB in den Bereich der Schwerbehinderung auf mindestens 50.

Gibt es ein Merkzeichen bei Gehbehinderung durch Herzerkrankungen?

Einige Herzleiden schrรคnken die Mobilitรคt so stark ein, dass eine Gehbehinderung vorliegt. Dann kann das Merkzeichen G (erhebliche Gehbehinderung) oder aG (auรŸergewรถhnliche Gehbehinderung) im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden. Auch hier erfolgt die Einordnung danach, inwieweit Patienten selbst kurze Strecken zurรผcklegen kรถnnen oder ob sie dauerhaft auf Hilfsmittel wie einen Rollstuhl angewiesen sind.

Mit dem Merkzeichen G haben Betroffene unter anderem die Mรถglichkeit, eine Wertmarke fรผr den รถffentlichen Nahverkehr zu erwerben oder eine ErmรครŸigung bei der Kfz-Steuer fรผr ein eigenes Fahrzeug zu beantragen. Liegt eine auรŸergewรถhnliche Gehbehinderung vor und wird das Merkzeichen aG eingetragen, kann die Kfz-Steuer unter bestimmten Bedingungen sogar vollstรคndig entfallen. AuรŸerdem ist dann der Erhalt eines EU-weit geltenden blauen Parkausweises mรถglich, mit dem sich Behindertenparkplรคtze nutzen lassen.

Was ist bei Kindern zu beachten?

Bei Sรคuglingen, Kleinkindern und Kindern gelten oft andere Kriterien. Ein Belastungstest auf dem Ergometer ist hier nicht mรถglich oder findet unter anderen Bedingungen statt.

Auch die Entwicklung des Kindes spielt eine wichtige Rolle, weil sich die tatsรคchliche Einschrรคnkung erst im Wachstum und durch alltรคgliche Aktivitรคten zeigt. Eltern sollten sich bei Fragen zur GdB-Feststellung mit Kinderkardiologen sowie den zustรคndigen Stellen beim Versorgungsamt beraten. Es kann sinnvoll sein, regelmรครŸig รคrztliche Atteste und Berichte รผber die Entwicklung des Kindes einzureichen.

Wo findet man weitere Informationen und Unterstรผtzung?

Zusรคtzliche Details zu den gesetzlichen Grundlagen, zu Rechten und Pflichten sowie zu allen nรถtigen Schritten beim Antrag auf GdB gibt es bei verschiedenen Beratungsstellen.

Ebenfalls hilfreich kรถnnen Selbsthilfegruppen und Foren sein, in denen Betroffene Erfahrungen zu Herzkrankheiten und einem mรถglichen Schwerbehindertenstatus austauschen. Wer sich nicht sicher ist, wie stark die eigene Erkrankung den Alltag einschrรคnkt, sollte im Zweifel frรผhzeitig รคrztlichen Rat einholen und sich beraten lassen, ob und wann ein Antrag auf Feststellung des GdB sinnvoll sein kann.