Wer Schwerbehindert ist, muss oft jeden Euro zweimal umdrehen. Die Rundfunkbeitrรคge sind fรผr viele Menschen eine zusรคtzliche Belastung.
Fรผr Schwerbehinderte gibt es jedoch bestimmte Regelungen, die eine Ermรครigung oder sogar eine Befreiung ermรถglichen.
Margot N. ist 90 Jahre alt und lebt in Bonn. Obwohl ihr ein Grad der Behinderung von 100 sowie ein Pflegegrad von 3 zugesprochen wurde, muss sie den vollen GEZ-Beitrag zahlen. Doch warum ist das so?
Was sind die gesetzlichen Voraussetzungen fรผr eine Ermรครigung des Rundfunkbeitrags?
Laut den Regelungen des Landes Nordrhein-Westfalen kรถnnen schwerbehinderte Menschen eine Ermรครigung auf den Rundfunkbeitrag erhalten, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfรผllen.
Eine vollstรคndige Befreiung von der Beitragspflicht der Rundfunkbeitrรคge ist nur fรผr Menschen mรถglich, die taub oder blind sind und eine entsprechende Blindenhilfe beziehen.
Margot N., die weder taub noch blind ist, hat nur Anspruch auf eine Ermรครigung, sofern sie das Merkzeichen “RF” in ihrem Schwerbehindertenausweis nachweisen kann.
Dieses Merkzeichen wird Schwerbehinderten zuerkannt, deren Grad der Behinderung nicht nur vorรผbergehend mindestens 80 betrรคgt und die wegen ihrer gesundheitlichen Einschrรคnkungen nicht an รถffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kรถnnen.
Lesen Sie auch:
Warum wurde der Antrag auf Ermรครigung abgelehnt?
Margot N. erfรผllt laut eigener Aussage die gesundheitlichen Voraussetzungen fรผr eine Ermรครigung: Sie ist zu 100 Prozent schwerbehindert, hat Pflegestufe drei und kann ohne erhebliche Hilfe kaum gehen.
Trotzdem wurde ihr Antrag abgelehnt. Die Ablehnung basiert auf der Auslegung des Gesetzes, das besagt, dass nur Menschen, die “stรคndig nicht an รถffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kรถnnen”, das Merkzeichen “RF” erhalten.
Dies bedeutet, dass die Teilnahme an jeglicher รถffentlicher Veranstaltung ausgeschlossen sein muss.
Da Margot N. nicht bettlรคgerig ist und theoretisch mit einer Begleitperson Veranstaltungen besuchen kรถnnte, wird ihr der Zugang zu dieser Ermรครigung verwehrt.
Verwaltung versteckt sich hinter Gesetzesregeln
Die Entscheidung รผber die Zuerkennung des Merkzeichens “RF” und damit die Ermรครigung des Rundfunkbeitrags liegt bei den kommunalen Behรถrden.
In diesem Fall ist die Stadt Bonn zustรคndig, die Margot N.s Antrag ablehnte. Die Bezirksregierung Mรผnster, die die Fachaufsicht รผber die kommunalen Leistungstrรคger in Nordrhein-Westfalen hat, bestรคtigte diese Entscheidung.
Die Verwaltung betont, dass diese Entscheidungen auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften getroffen werden und nicht im Hinblick auf finanzielle Belastungen der Stadt.
Margot N. ist enttรคuscht und verรคrgert รผber die Ablehnung ihres Antrags. Sie fรผhlt sich ungerecht behandelt.
Aufgrund ihrer niedrigen Rente sind die monatlichen 12 Euro Ermรครigung fรผr sie eine wichtige finanzielle Entlastung, die ihr aber verwehrt werden.
Sie fรผhlt sich im Stich gelassen, da ihr Gesundheitszustand offensichtlich nicht ausreichend berรผcksichtigt wird.
Gibt es Alternativen oder weitere Unterstรผtzung?
Die Stadt Bonn hat Margot N. verschiedene Hilfsangebote gemacht, darunter auch Alternativen zum abgelehnten Antrag. Nach eigenen Angaben kann sich die 90-Jรคhrige jedoch nicht an diese Hilfsangebote erinnern.
Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen der Stadt und der Bezirksregierung auf gesetzlichen Grundlagen basieren und keine individuellen Ermessensspielrรคume zulassen.
Ist die Gesetzeslage fair?
In der Praxis fรผr die starren Regelungen zur GEZ-Befreiung zu Hรคrtefรคllen, bei denen Menschen mit einer Schwerbehinderung trotz erheblicher Einschrรคnkungen nicht von den Ermรครigungen profitieren.
Es stellt sich die Frage, ob die bestehenden Kriterien fรผr die Ermรครigung des Rundfunkbeitrags รผberdacht und angepasst werden sollten, um solche Fรคlle besser abdecken zu kรถnnen.
Einzig die geringe Rente kรถnnte zu einer Befreiung der Rundfunkbeitrรคge fรผhren. Und das aber auch nur dann, wenn Betroffene nur ein paar Euro mehr haben, als die Regelleistungen in der Sozialhilfe oder bei Bรผrgergeld zubilligen. Dann greift die Hรคrtefallregelung, รผber die wir in diesem Artikel berichten.