Wer den begehrten grünen Ausweis besitzt, kann in Deutschland bis zu fünf Jahre vor dem regulären Rentenalter Schluss machen – zwei Jahre davon sogar ganz ohne Abschlag.
Diese vergünstigte „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ ist an drei Bedingungen geknüpft: ein Grad der Behinderung von mindestens 50, 35 Versicherungsjahre und das Erreichen einer – gegenüber der Regelaltersgrenze abgesenkten – Altersmarke.
Doch was passiert, wenn der Ausweis befristet ist und vor diesem Stichtag ausläuft? Besonders Krebserkrankte kennen das Problem: Nach fünf Jahren sogenannter Heilungsbewährung kann die Behörde den Status wieder entziehen, weil sie eine dauerhafte Besserung unterstellt.
Hürden zur Schwerbehindertenrente
Rechtsgrundlage ist § 236a SGB VI. Für die Jahrgänge ab 1964 liegt das reguläre Rentenalter bei 67 Jahren. Schwerbehinderte dürfen zwei Jahre früher ohne Abschläge gehen – also mit 65 Jahren – und bis zu 36 Monate davor mit einer Kürzung von insgesamt 10,8 Prozent (0,3 Prozent pro Monat).
Gleitend steigt diese Grenze bei älteren Jahrgängen noch an. Parallel müssen mindestens 35 Beitragsjahre vorhanden sein; anerkannt werden nicht nur Beschäftigungszeiten, sondern auch Kindererziehung, Pflege von Angehörigen oder Phasen der Arbeitslosigkeit.
Befristete Anerkennung: Heilungsbewährung als Stolperfalle
Gerade Onkologie-Patientinnen und -Patienten erhalten oft nur eine temporäre Feststellung des Behinderungsgrades.
Fünf Jahre nach Ende der Akutbehandlung prüft das Versorgungsamt, ob der GdB von 50 noch gerechtfertigt ist. Fällt er weg, verliert die oder der Betroffene den Schlüssel zum vorzeitigen Ruhestand – selbst wenn Alter und Versicherungszeit schon passen.
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Die Teilrente als rettender Anker
Die staatliche Rentenversicherung kennt eine wenig beachtete Option: den vorgezogenen Bezug einer Teilrente. Zwischen zehn Prozent und 99,99 Prozent der zustehenden Rente können flexibel gewählt werden, der Anspruch lässt sich später beliebig oft erhöhen.
Entscheidend ist der Rentenbeginn – in dem Augenblick, in dem erstmals auch nur ein Bruchteil fließt, gelten alle Zugangsvoraussetzungen als dauerhaft erfüllt. Wird der Schwerbehindertenstatus danach aberkannt, bleibt der Rentenanspruch unangetastet.
Praxisbeispiel Jahrgang 1964
Nehmen wir eine 61-jährige Arbeitnehmerin, Geburtsjahr 1964, deren Ausweis im kommenden Jahr ausläuft. Sie könnte mit 62 Jahren beginnen und zunächst zehn Prozent ihrer Rente abrufen. Der Abschlag von 10,8 Prozent trifft dann nur dieses kleine Rentensegment.
Später – idealerweise mit 65 Jahren, wenn keine Kürzung mehr droht – beantragt sie die Aufstockung auf 100 Prozent. Der frühere Rentenstart bleibt wirksam, obwohl der Ausweis längst abgegeben wurde, weil der Status zu Beginn vorlag.
Unbegrenzter Hinzuverdienst seit 2023
Seit dem 1. Januar 2023 dürfen Bezieherinnen und Bezieher vorgezogener Altersrenten beliebig viel hinzuverdienen. Die frühere jährliche Obergrenze von 6.300 Euro ist entfallen. Wer also während der Teilrentenphase weiterarbeitet, muss keine Anrechnung befürchten; lediglich Einkommensteuer kann anfallen, weil Arbeitslohn und Rentenzahlung zusammenzuführen sind.
Steuer- und Beratungsfragen
Ob sich die Teilrenten-Strategie lohnt, hängt von individuellen Faktoren ab: dem künftigen Arbeitseinkommen, der Steuerprogression, einer möglichen privaten Vorsorge und nicht zuletzt von der Gesundheit.
Ein Beratungsgespräch bei der Deutschen Rentenversicherung oder einem Sozialverband verhindert böse Überraschungen – dort lässt sich auch klären, welche Belege für die 35-jährige Wartezeit fehlen und ob ein erneuter Feststellungsantrag auf Schwerbehinderung sinnvoll sein könnte.
Ausblick
Wer kurz vor dem Ruhestand steht und den befristeten GdB von 50 verliert, muss längst nicht auf die Errungenschaften der Schwerbehindertenrente verzichten.
Mit einer frühzeitigen, minimalen Teilrente wird das Türschild „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ rechtzeitig an die eigene Akte gehängt – und bleibt dort. Damit wird ein Gestaltungsspielraum eröffnet, der die finanzielle Planung erheblich erleichtert und den Übergang in den Ruhestand planbar macht.