Schwerbehinderung: Stromkosten für elektrische Hilfsmittel – Müssen Krankenkassen zahlen?

Lesedauer 3 Minuten

Unter welchen Umständen müssen die Krankenkassen für die Stromkosten von elektrischen Hilfsmitteln aufkommen? Verschiedene Gerichtsurteile und gesetzliche Regelungen geben hierauf Antworten, die Versicherten oft nicht bekannt sind.

Der Artikel klärt darüber auf, welche Rechte Versicherte haben, wie sie vorgehen sollten und welche Stromkosten übernommen werden können.

Stromkostenübernahme für Elektrorollstühle

Eine Frau, die aufgrund einer Spastik auf einen Elektrorollstuhl angewiesen war, beantragte nach der Bereitstellung des Rollstuhls durch ihre Krankenkasse die Übernahme der Stromkosten für das Aufladen der Batterien.

Sie machte für ein Jahr rückwirkende Kosten in Höhe von etwa 200 Euro geltend. Die Krankenkasse verweigerte jedoch die Übernahme, woraufhin die Versicherte Klage einreichte.

Das Sozialgericht Hamburg entschied zunächst zugunsten der Patientin, jedoch wies das Landessozialgericht Hamburg die Klage später ab. Die Begründung lautete, dass es sich bei den Stromkosten für den Betrieb des Elektrorollstuhls um Ausgaben der allgemeinen Lebensführung handele.

Bundessozialgericht entscheidet für Versicherte

Erst das Bundessozialgericht entschied letztlich im Sinne der Versicherten (Urteil vom 06. Februar 1997, Az. 3 RK 12/96). Es stellte klar, dass die Krankenkasse für die Stromkosten aufkommen muss, da diese zur Nutzung des Hilfsmittels zwingend erforderlich sind.

Zusätzlich wurde festgestellt, dass ein Elektrorollstuhl nicht als normaler Haushaltsgegenstand anzusehen sei, sondern als medizinisches Hilfsmittel, für dessen Betriebskosten die Krankenkasse aufzukommen hat.

Lesen Sie auch:

Stromkostenübernahme für CPAP-Beatmungsgeräte bei Schlafapnoe

Ein ähnlicher Fall betraf einen Patienten mit Schlafapnoe, der zur Behandlung ein CPAP-Gerät von seiner Krankenkasse erhalten hatte. Für einen Zeitraum von 3.535 Betriebsstunden beantragte er die Erstattung von Stromkosten in Höhe von 106,23 Euro.

Die Krankenkasse lehnte die vollständige Erstattung ab und verwies darauf, dass der Versicherte in seinem Gebiet günstigere Stromanbieter hätte nutzen können, was seine Kosten auf 0,21 Euro pro Kilowattstunde reduziert hätte. Der Patient wollte jedoch keinen Anbieterwechsel vornehmen, da er Billiganbietern misstraute.

Das Sozialgericht München entschied zunächst gegen den Patienten, doch das Bayerische Landessozialgericht hob dieses Urteil mit einem Entscheid vom 26. Februar 2021 (Az. L 4 KR 547/20) auf. Die Richter betonten, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht bedeute, dass sich Versicherte mit dem günstigsten Stromanbieter zufriedengeben müssen.

Aspekte wie Zuverlässigkeit, Vertrauen, Vertragsgestaltung und Regionalität des Anbieters können ebenfalls berücksichtigt werden, wenn der Strompreis insgesamt als angemessen zu betrachten ist.

Die Richter verwiesen zudem darauf, dass Krankenkassen zwei Optionen haben: entweder einen separaten Stromanschluss für das Hilfsmittel bereitzustellen oder eine monatliche Pauschale für die anfallenden Kosten zu zahlen.

Das richtige Vorgehen für Versicherte

Versicherte, die durch die Nutzung von Hilfsmitteln mit zusätzlichen Stromkosten konfrontiert sind, sollten sich aktiv um deren Erstattung bemühen. Es ist erforderlich, einen Antrag bei der Krankenkasse zu stellen. Dieser Antrag kann entweder formlos oder über ein von der Krankenkasse bereitgestelltes Formular erfolgen. Manche Krankenkassen bieten auch Onlineformulare für diesen Zweck an.

Wichtig ist es zu beachten, dass die Regelungen zur Stromkostenübernahme nicht einheitlich sind und zwischen den Kassen variieren können. Versicherte haben in der Regel die Wahl zwischen der Erstattung tatsächlich angefallener Kosten oder der Annahme einer Pauschale, die von der Krankenkasse festgelegt wird.

Da die Krankenkassen diese Pauschalen oft nicht offen kommunizieren, sollten Versicherte gezielt nachfragen.

Bei Antragstellung sollten möglichst genaue Angaben zu den Betriebsstunden des Geräts, der Wattzahl, der Anzahl der Nutzungstage und dem Preis pro Kilowattstunde gemacht werden. Eine Kopie der Stromrechnung kann dabei ebenfalls hilfreich sein.

Sollte die Krankenkasse die Übernahme ablehnen oder die Erstattung als unzureichend angesehen werden, steht den Versicherten der Widerspruchsweg offen. Bei weiterhin ausbleibendem Erfolg kann eine Klage vor dem Sozialgericht eingereicht werden.

Die wesentlichen Angaben, die bei der Antragstellung gemacht werden sollten, umfassen:

  • Die Anzahl der Betriebsstunden des Hilfsmittels pro Tag oder pro Jahr
  • Die Nutzungstage des Geräts
  • Den Strompreis pro Kilowattstunde (abhängig vom jeweiligen Tarif des Stromanbieters)
  • Die Leistung des Hilfsmittels (dies ist meist auf dem Gerät oder in der Betriebsanleitung vermerkt)

Pauschalen für die Übernahme der Stromkosten – Unterschiede zwischen den Krankenkassen

Eine Nachfrage bei verschiedenen Krankenkassen zeigt, dass es deutliche Unterschiede in der Handhabung der Stromkostenübernahme gibt. Die Barmer Krankenkasse beispielsweise zahlt für ein CPAP-Gerät zur Schlafapnoebehandlung eine jährliche Pauschale von 20 Euro und für Elektrorollstühle 92,40 Euro pro Jahr.

Die AOK Sachsen-Anhalt bietet monatliche Pauschalen für unterschiedliche Hilfsmittel an, darunter:

  • CPAP-Geräte (Schlafapnoe): 2,00 Euro pro Monat (24 Euro pro Jahr)
  • Beatmungsgeräte: 4,00 Euro pro Monat (48 Euro pro Jahr)
  • Elektrokrankenfahrzeuge: 5,00 Euro pro Monat (60 Euro pro Jahr)
  • Sauerstoffkonzentratoren: 20,00 Euro pro Monat (240 Euro pro Jahr)

Auch die DAK Gesundheit gewährt Pauschalen, die jedoch niedriger ausfallen können. Beispielsweise liegt die jährliche Pauschale für ein Schlafapnoe-Gerät bei 18,25 Euro, für Elektrorollstühle bei 32,85 Euro und für stationäre Sauerstoffkonzentrationsgeräte bei 346 Euro.

Zusammenfassung der gerichtlichen Entscheidungen zur Stromkostenübernahme

Die hier beschriebenen Gerichtsurteile zeigen, dass die Stromkosten für medizinische Hilfsmittel als notwendige Betriebskosten angesehen werden, die Krankenkassen im Rahmen der Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 Abs. 1 SGB V tragen müssen.

Versicherte müssen jedoch eigeninitiativ werden und entsprechende Anträge stellen, da die Krankenkassen die Kosten nicht automatisch übernehmen. Versicherte sind nicht verpflichtet, den günstigsten Stromanbieter zu nutzen, sondern können auch auf Aspekte wie Vertrauenswürdigkeit und regionale Verfügbarkeit achten.