Schwerbehinderung: So sichern Sie sich 5 Extra-Urlaubstage

Lesedauer 3 Minuten

Der § 208 des Sozialgesetzbuches IX definiert, dass Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland Anspruch auf zusätzlichen bezahlten Urlaub haben. Bei fünf Arbeitstagen pro Woche sind das fünf Urlaubstage mehr pro Jahr. Arbeiten Beschäftigte an mehr oder weniger als fünf Tagen pro Woche, wird entsprechend anteilig gerechnet (Beispiel: 3-Tage-Woche → 3 zusätzliche Tage; 6-Tage-Woche → 6 zusätzliche Tage pro Jahr).

Was sind die Voraussetzungen

Voraussetzung ist ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50. Der Nachweis erfolgt in der Praxis über den Schwerbehindertenausweis oder den Feststellungsbescheid. Wichtig: Der Anspruch entsteht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt ist (auch rückwirkend, wenn der Bescheid rückwirkend gilt).

Der Ausweis ist nicht die Anspruchsvoraussetzung selbst, sondern der Nachweis dafür. Teilen Sie die anerkannte Schwerbehinderung zeitnah dem Arbeitgeber mit, damit der Anspruch korrekt berücksichtigt werden kann.

Der Urlaubsanspruch ist verpflichtend

Dieser zusätzliche Urlaubsanspruch für Menschen mit Schwerbehinderung verpflichtet den Arbeitgeber. Er ist nicht verhandelbar und nicht abdingbar, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Wichtig ist, dass Sie den Anspruch aktiv geltend machen und sich dies möglichst schriftlich bestätigen lassen. Tarif- oder Betriebsvereinbarungen können mehr Zusatzurlaub vorsehen – weniger nicht.

Zusatzurlaub ist ein Nachteilsausgleich

Menschen mit Schwerbehinderung sind im Arbeitsalltag häufig besonders belastet. Die zusätzlichen Urlaubstage schaffen hier einen Ausgleich, indem für die besondere Belastung eine zusätzliche Erholung gewährt wird. Dies soll die langfristige Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen unterstützen.

Es gelten die gleichen Regeln wie beim gesetzlichen Mindesturlaub

Beim Zusatzurlaub für Menschen mit Schwerbehinderung gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie beim gesetzlichen Mindesturlaub. Der Urlaub ist im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Eine Übertragung auf das Folgejahr ist nur bei dringenden Gründen möglich (z. B. betriebliche Gründe, Krankheit).
Wichtig zur Verfallfrist:

  • Die oft genannte „15-Monate-Regel“ gilt nicht generell, sondern typischerweise bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit; dann verfällt der Urlaub 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.
  • Unabhängig davon muss der Arbeitgeber Beschäftigte rechtzeitig und konkret auf offene Urlaubsansprüche hinweisen und sie zur Inanspruchnahme auffordern. Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung (und damit vom Zusatzurlaub) weiß oder sie offenkundig ist. Ohne diese Kenntnis kann der Zusatzurlaub trotz fehlender Hinweise verfallen.

Unterjähriger Anspruch (bei Anerkennung im laufenden Jahr)

Wird die Schwerbehinderteneigenschaft unterjährig festgestellt oder endet sie im Laufe des Jahres, entsteht der Zusatzurlaub anteilig: 1/12 pro vollem Monat mit anerkannter Schwerbehinderteneigenschaft. Bruchteile ab 0,5 werden auf einen vollen Tag aufgerundet (entsprechend der Regelung beim Mindesturlaub).

Zusatzurlaub gilt anteilig auch bei Teilzeit

Der Zusatzurlaub gilt selbstverständlich auch bei Teilzeitbeschäftigung. Entscheidend ist nicht die Stundenanzahl, sondern die Anzahl der regelmäßigen Arbeitstage pro Woche. Beispiel: Teilzeit mit drei festen Arbeitstagen pro Woche → drei zusätzliche Urlaubstage pro Jahr. Bei unregelmäßigen Modellen (Wechselschichten/rollierende Pläne) wird auf die durchschnittliche Anzahl der Arbeitstage pro Woche abgestellt.

Keine Verrechnung mit Sonderurlaub

Der zusätzliche Urlaub für Menschen mit Schwerbehinderung ist ein eigenständiger gesetzlicher Anspruch. Arbeitgeber dürfen diesen nicht mit anderen Sonderurlaubstagen (z. B. aus Anlass wie Umzug oder Hochzeit) verrechnen. Tarifliche oder betriebliche Mehrleistungen bleiben davon unberührt.

Worauf müssen Sie achten?

Sie müssen bei Ihrem Arbeitgeber den Zusatzurlaub beantragen, er wird nicht automatisch gewährt. Informieren Sie Ihren Arbeitgeber rechtzeitig über die geplanten Urlaubstermine. Wird Ihre Schwerbehinderteneigenschaft rückwirkend anerkannt, sollten Sie den anteiligen Zusatzurlaub für das laufende bzw. zuletzt betroffene Jahr umgehend geltend machen. Bewahren Sie Bescheide und Korrespondenz mit dem Arbeitgeber als Nachweis auf.

Zusatzurlaub lässt sich kombinieren

Die zusätzlichen Urlaubstage lassen sich mit anderen Freistellungen planerisch kombinieren, etwa mit Gleitzeit oder dem Abbau von Überstunden (sofern vertraglich geregelt). Achtung: Während einer stufenweisen Wiedereingliederung („Hamburger Modell“) besteht in der Regel weiterhin Arbeitsunfähigkeit – Erholungsurlaub wird in dieser Phase nicht gewährt. Urlaub kann vor oder nach der Wiedereingliederung genommen werden.

Bei Problemen hilft die Schwerbehindertenvertretung

In Betrieben oder Dienststellen mit mindestens fünf schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Beschäftigten wird eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Diese ist Ihre Anlaufstelle für Fragen rund um Ihre Einschränkung und Ihre Rechte am Arbeitsplatz.

Gilt der Zusatzurlaub auch bei Gleichstellung?

Bei einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 können Sie am Arbeitsplatz mit Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn Ihr Arbeitsverhältnis wegen der Behinderung gefährdet ist oder Sie wegen der Behinderung Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden.

Mit der Gleichstellung erhalten Sie viele Schutzrechte (z. B. besonderer Kündigungsschutz). Aber: Auch bei einer Gleichstellung besteht kein Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage nach § 208 SGB IX.