Der Grad der Behinderung definiert die Schwere einer Beeintrรคchtigung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch eine kรถrperliche, geistige oder psychische Einschrรคnkung. Gilt dies auch fรผr Alkoholabhรคngigkeit?
Inhaltsverzeichnis
Nicht die Ursache ist entscheidend, sondern die Beeintrรคchtigung
Um einen Grad der Behinderung zu erhalten stellen Sie einen Antrag beim zustรคndigen Versorgungsamt. Dieses fรผhrt dann die notwendigen Ermittlungen durch. Gewรถhnlich bedeutet das eine Prรผfung der Aktenlage, und dazu gehรถren รคrztliche Befundberichte, medizinische Gutachten oder auch Entlassungsberichte aus Kliniken.
Die Behรถrde erfragt, welche Erkrankungen vorliegen, wie stark diese Sie in Ihren Leistungen einschrรคnken, und welche Behandlungen stattgefunden haben. Die verfรผgbaren Unterlagen prรผfen dann รrzte der Sozialmedizin und erstellen Gutachten. Das lรคuft auf Grundlage der Versorgungsmedizinischen Grundsรคtze.
Ist Alkoholismus eine Behinderung?
Eine Alkoholabhรคngigkeit allein ist noch keine Schwerbehinderung und auch keine minderschwere Behinderung. Vielmehr geht es bei allen Behinderungen darum, wie sehr die Krankheit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einschrรคnkt.
Kann eine Alkoholkrankheit einen Grad der Behinderung bedingen
Auch die Folgen chronischen Alkoholkonsums kรถnnen zu einem Grad der Behinderung fรผhren, nรคmlich dann, wenn der Alkoholmissbrauch zu kรถrperlichen, geistigen und / oder psychischen Schรคden gefรผhrt hat. Die Hรถhe des Grades der Behinderung hรคngt unter anderem vom Ausmaร der Organschรคden ab.
Dazu zรคhlen zum Beispiel Leberbeschwerden oder hirnorganische Anfรคlle und auch eine alkoholbedingte Verรคnderung der Persรถnlichkeit.
Wann erfรผllt Alkhoholkrankheit die Kriterien einer Schwerbehinderung?
Eine Schwerbehinderung beginnt ab einem Grad der Behinderung von 50. Damit sind bestimmte Nachteilsausgleiche verbunden wie Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis, kostenlose Nutzung des รffentlichen Personennahverkehrs bei Erwerb einer Wertmarke, Sonderrechte am Arbeitsplatz wie ein besonderer Kรผndigungsschutz und Anspruch auf eine Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen sowie steuerrechtliche Vergรผnstigungen.
Eine nachgewiesene Alkoholabhรคngigkeit mit Kontrollverlust und erheblicher Einschrรคnkung der Willensfreiheit rechtfertigt einen Gesamtgrad der Behinderung, der nicht unter 50 liegt, also eine Schwerbehinderung.
Bei Alkholkrankheit gilt eine Heilungsbewรคhrung
In solchen Fรคllen wird der Grad der Behinderung allerdings nicht unbefristet ausgestellt. Alkoholabhรคngigkeit gilt als eine grundsรคtzlich heilbare Erkrankung.
Wenn Sie bei nachgewiesener Abhรคngigkeit eine Entziehungskur durchfรผhren, gilt in der Regel eine Heilungsbewรคhrung von zwei Jahren. Ohne Organschรคden wird in dieser Zeit der Heilungsbewรคhrung der Grad der Behinderung normalerweise mit 30 angesetzt. Damit sind Sie nicht mehr als schwerbehinderter Mensch erfasst.
Grad der Behinderung wegen Folgeerkrankungen
Auch durch chronischen Alkoholkonsum verursachte Krankheiten kรถnnen einen Grad der Behinderung bedingen.
Dazu zรคhlen kรถrperlich Magenschleimhaut- und Bauchspeicheldrรผsenentzรผndungen, Herzschรคden und Erkrankungen des Herz-Blutkreislaufs, Lebererkrankungen wie Fettleber oder Leberzirrhose, die Nervenkrankheit Polyneuropathie oder das Wernicke-Kosakow-Syndrom, eine schwere Gedรคchtnisstรถrung sowie diverse Krebsformen in Leber, Mund, Rachen, Speiserรถhre oder Magen.
Mรถgliche psychische Folgen, die fรผr sich oder zusammen mit anderen Folgeerkrankungen einen Grad der Behinderung bedingen kรถnnen sind Delirium, Psychosen, Depressionen, weitere Suchterkrankungen, Persรถnlichkeitsstรถrungen (emotional instabil, รคngstlich vermeidend, abhรคngig, dissozial oder zwanghaft) und ADHS.
Funktionale Alkoholiker
Besondere Probleme bei der Anerkennung eines Grades der Behinderung haben sogenannte funktionale Alkoholiker. Diese verbergen ihre Alkoholabhรคngigkeit nach auรen und wirken so, als ob sie im Alltag mit Arbeit und Familie nicht beeintrรคchtigt sind.
Tatsรคchlich sind sie aber in Wirklichkeit oft erheblich durch ihre Krankheit behindert. Einen Antrag auf Anerkennung einer Behinderung werden diese Betroffenen in der Regel erst dann stellen, wenn sie ihrem Problem gegenรผber ehrlich sind.




