Die Hoffnung liegt nahe: Wer nach vielen Jahren im Ruhestand nachträglich einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 erhält, könnte meinen, dass sich die monatliche gesetzliche Rente erhöhen müsste.
Doch genau das sieht das deutsche Rentenrecht nicht vor. Entscheidend ist allein, welche Rentenart zum Zeitpunkt des Rentenbeginns festgestellt wurde. Wer damals eine Regelaltersrente oder eine andere Altersrente beantragt und bewilligt bekommen hat, bleibt dauerhaft in dieser Rentenart. Eine spätere Feststellung der Schwerbehinderung führt daher zu keinen Nachteilen.
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Warum hängt die Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom Zeitpunkt der Rentenantragstellung ab?
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist an klare Voraussetzungen geknüpft: Bei Rentenbeginn muss ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vorliegen, der Versicherte muss mindestens 35 Versicherungsjahre nachweisen und darf eine für seinen Jahrgang festgelegte Altersgrenze nicht unterschreiten, wenn er die Rente ohne Abschläge beziehen will.
Wer erst später feststellt, dass er schwerbehindert ist, erfüllt die Voraussetzung „Schwerbehinderung bei Rentenbeginn“ rückwirkend nicht mehr – eine Umwandlung der bereits laufenden Rente ist gesetzlich ausgeschlossen.
Welche Vorteile bietet die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind?
Wer die Voraussetzungen rechtzeitig erfüllt, kann zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen. Für den Geburtsjahrgang 1964 liegt diese Grenze bei 65 Jahren, so dass ein abschlagsfreier Rentenbeginn mit 63 Jahren möglich ist.
Zusätzlich kann der Rentenbeginn um bis zu drei Jahre – derzeit bis zum 62. Geburtstag – vorgezogen werden, allerdings mit einem dauerhaften Abschlag von 0,3 Prozent pro vorgezogenem Monat, maximal 10,8 Prozent. Dieser Abschlag begleitet den Rentner sein Leben lang.
Was passiert, wenn die anerkannte Schwerbehinderung nach Rentenbeginn wegfällt?
Auch hier gilt das Schutzprinzip der Rentenversicherung: Fällt die Schwerbehinderung nach Beginn der besonderen Altersrente weg, bleibt die Rentenart unverändert.
Weder wird die Rente gekürzt, noch wird der Versicherte in eine andere Rentenart umgestuft. Damit ist sichergestellt, dass niemand aufgrund des medizinischen Fortschritts oder einer behördlichen Neubewertung seines Gesundheitszustandes nachträglich schlechter gestellt wird.
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Und was ist mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenzen?
Analog zur Regelaltersrente werden auch die Altersgrenzen für schwerbehinderte Menschen seit 2012 bzw. 2015 schrittweise angehoben. Für die Geburtsjahrgänge bis 1951 liegt die Grenze bei 63 Jahren, danach steigt sie Monat für Monat an, bis sie für die Geburtsjahrgänge ab 1964 bei 65 Jahren liegt.
Die Grenze für die vorgezogene Rente mit Abschlägen steigt parallel von 60 auf 62 Jahre. Damit bleibt der zeitliche Vorlauf – zwei Jahre abschlagsfrei, bis zu drei Jahre mit Abschlägen – auch bei steigendem Lebensalter erhalten.
Warum lohnt es sich, frühzeitig den Schwerbehindertenstatus zu prüfen?
Für Menschen Ende 50 oder Anfang 60 mit gesundheitlichen Einschränkungen kann ein rechtzeitig beantragter Schwerbehindertenausweis buchstäblich bares Geld bedeuten.
Liegt der Bescheid vor dem Rentenantrag vor, eröffnet er die Möglichkeit, früher abschlagsfrei in Rente zu gehen oder erhebliche Rentenabschläge zu vermeiden. Umgekehrt kann eine versäumte Antragstellung nach Rentenbeginn nicht mehr nachgeholt werden.
Fachleute wie der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt empfehlen daher, frühzeitig mit dem Hausarzt oder gegebenenfalls einer unabhängigen Rentenberatungsstelle zu klären, ob ein Antrag Aussicht auf Erfolg hat.
Deutsche Rentenversicherung
Wie groß kann der Unterschied sein?
Je nach individuellem Versicherungsverlauf summiert sich der Vorteil durch die richtige Wahl der Rentenart auf drei- bis vierstellige Beträge pro Jahr. Wer zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente geht, erhält über 24 Monate länger die gleiche Rente.
Wer sogar drei Jahre vorzieht, vermeidet dauerhafte Abschläge von bis zu 10,8 Prozent. Über eine durchschnittliche Rentenbezugsdauer summiert sich das auf einen fünfstelligen Betrag und damit auf eine spürbare finanzielle Entlastung in der zweiten Lebenshälfte.
Was sollten Betroffene jetzt konkret tun?
Wer noch nicht in Rente ist und mehrere chronische Erkrankungen hat, sollte rechtzeitig prüfen lassen, ob der erforderliche Grad der Behinderung erreicht werden kann. Ist dies der Fall, empfiehlt es sich, den Antrag mindestens drei Monate vor dem geplanten Rentenbeginn zu stellen, damit der Bescheid rechtzeitig vorliegt.
Ein rückwirkender Wechsel in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist dagegen bei bereits bestehenden Rentenbezügen nicht möglich; hier kann nur beraten werden, wie weitere Leistungen – etwa steuerliche Vergünstigungen oder Nachteilsausgleiche – aufgrund des Schwerbehindertenausweises in Anspruch genommen werden können.