Schwerbehinderung: Diese finanziellen Hilfen sollten Sie unbedingt kennen

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Menschen mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf vielfältige finanzielle Hilfen und Leistungen, die ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern und erleichtern sollen.

Dieser Artikel informiert über die verschiedenen Unterstützungsangebote und die jeweiligen Antragsverfahren.

Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe

Zur Förderung eines selbstbestimmten Lebens stehen verschiedene Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe zur Verfügung. Diese umfassen medizinische, berufliche und soziale Maßnahmen, die darauf abzielen, die gesundheitliche Situation zu verbessern und die Integration in Arbeit und Gesellschaft zu erleichtern.

Die Finanzierung erfolgt je nach Einzelfall über Krankenkassen, Rentenversicherungen oder andere Kostenträger.

Steuerliche Entlastungen für Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderung können steuerliche Vergünstigungen in Form von Pauschbeträgen geltend machen. Diese Pauschbeträge decken behinderungsbedingte Mehraufwendungen ab und können in der Einkommensteuererklärung oder als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal (ELStAM) berücksichtigt werden.

Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich nach dem GdB. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einen behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrag anzusetzen. Bei Vorliegen bestimmter Merkzeichen kann auch eine Befreiung von der Hundesteuer beantragt werden.

Grad der Behinderung Pauschbetrag
20 384 Euro,
30 620 Euro,
40 860 Euro,
50 1.140 Euro,
60 1.440 Euro,
70 1.780 Euro,
80 2.120 Euro,
90 2.460 Euro,
100 2.840 Euro.

Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung

Es gibt diverse finanzielle Hilfen, die Menschen mit Behinderung in Anspruch nehmen können:

  • Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse: Überschreiten die Zuzahlungen 1 Prozent der Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr und liegt eine schwerwiegende chronische Erkrankung mit einem GdB von mindestens 60 vor, kann eine Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse beantragt werden.
  • Krankenfahrten: Bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung übernehmen die Krankenkassen die Kosten für Fahrten zu ambulanten Behandlungen für Personen mit bestimmten Merkzeichen wie aG (außergewöhnlich gehbehindert), Bl (blind) oder H (hilflos).
  • Blindenhilfe und Blindengeld: Blinde Menschen können Bundesblindenhilfe oder Landesblindengeld beantragen. Die Bundesblindenhilfe ist einkommensund vermögensabhängig, während das Landesblindengeld als pauschale Leistung unabhängig vom Einkommen gezahlt wird.
  • Eingliederungshilfe: Diese Leistungen fördern eine selbstbestimmte Lebensführung und können Sach-, Geldoder Dienstleistungen wie Behindertenfahrdienste oder Haushaltshilfen umfassen.
  • Gehörlosengeld: In einigen Bundesländern wird ein einkommensunabhängiges Gehörlosengeld gezahlt, das für Mehraufwendungen wie Gebärdendolmetscher genutzt werden kann.
  • Grundsicherung bei Erwerbsminderung: Personen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, können Grundsicherung beim Amt für Soziales beantragen. Die Feststellung der Erwerbsminderung erfolgt durch die Rentenversicherung.
  • Kindergeld ohne Altersbeschränkung: Für Kinder mit Behinderung, die sich nicht selbst unterhalten können und deren Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist, kann unbefristet Kindergeld bezogen werden.
  • Pflegegeld: Bei Vorliegen eines Pflegegrades können Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden. Weitere Informationen hierzu finden sich in der Lebenslage Pflege.
  • Ermäßigung oder Befreiung vom Rundfunkbeitrag: Abhängig von bestimmten Merkzeichen kann beim Beitragsservice eine Ermäßigung oder Befreiung beantragt werden.
  • Waisen- oder Halbwaisenrente: Kinder mit Behinderung können bis zum 27. Lebensjahr Waisenrente beziehen, wenn der verstorbene Elternteil die Mindestversicherungszeit erfüllt hat.
  • Wohngeld: Unter bestimmten Voraussetzungen werden bei der Wohngeldberechnung Freibeträge für Menschen mit Schwerbehinderung berücksichtigt.

Barrierefreies Wohnen und Wohnraumförderung

Die Anpassung des Wohnraums an behinderungsbedingte Bedürfnisse kann durch verschiedene Förderungen unterstützt werden, die Menschen mit Behinderung den Zugang zu einem barrierefreien Zuhause erleichtern sollen. So können über die Wohnraumförderung der Bundesländer Landesmittel für den Neu- oder Umbau von barrierefreiem Wohnraum beantragt werden. Diese Förderungen sind in der Regel einkommensabhängig und werden über Gemeinden, Landkreise oder spezifische Kreditinstitute der jeweiligen Länder bereitgestellt.

Es besteht auch die Möglichkeit, Zuschüsse oder vergünstigte Darlehen für die Beschaffung, Ausstattung oder Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung zu erhalten. Je nach persönlicher Lebenssituation und Versicherungsverlauf sind dafür unterschiedliche Kostenträger zuständig, wie  Integrationsämter oder die Rentenversicherung.

Die Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermöglichen Zuschüsse oder Kredite für den Umbau von Wohnraum, um Barrieren zu reduzieren und die Wohnung behinderungsgerecht zu gestalten. Zusätzlich kann bei Vorliegen eines Pflegegrades auch die Pflegekasse Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen gewähren, um den Wohnraum an die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen anzupassen.

Kraftfahrzeughilfe für berufliche Mobilität

Zur Sicherung der beruflichen Teilhabe können Menschen mit Behinderung finanzielle Hilfen für die Anschaffung und Ausstattung eines Fahrzeugs beantragen. Die Zuständigkeit für diese Unterstützung variiert je nach beruflichem Status und Versicherungsverlauf.

Die Agentur für Arbeit ist für Arbeiter und Angestellte während der ersten 15 Versicherungsjahre zuständig. Nach Ablauf dieser 15 Jahre übernimmt die Deutsche Rentenversicherung diese Aufgabe. Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten sind in der Regel die Unfallversicherungsträger zuständig. Beamtinnen, Beamte und Selbstständige können ihre Anträge beim Integrationsamt einreichen.

Die gewährten Leistungen umfassen unter anderem Zuschüsse zur Anschaffung eines Fahrzeugs, die Finanzierung behinderungsbedingter Zusatzausstattungen, Unterstützung bei der Erlangung der Fahrerlaubnis sowie die Übernahme von Fahrtkosten. Diese Maßnahmen sollen die Mobilität sicherstellen und somit die berufliche Teilhabe fördern.

Verkehrsrechtliche Vergünstigungen und Nachteilsausgleiche

Abhängig von bestimmten Merkzeichen, wie “aG” (außergewöhnlich gehbehindert), können Menschen mit Behinderung eine Ermäßigung oder sogar eine vollständige Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer beantragen. Dies stellt eine bedeutende finanzielle Entlastung dar, insbesondere für jene, die auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen sind.

Personen mit bestimmten Merkzeichen haben Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr. Diese Regelung ermöglicht es ihnen, öffentliche Verkehrsmittel kostenfrei zu nutzen und so ihre Mobilität ohne zusätzliche Ausgaben zu sichern.

Menschen mit dem Merkzeichen “aG” haben zudem die Möglichkeit, einen Parkausweis zu beantragen, der ihnen das Parken auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen erlauben. Diese Parkerleichterungen sind besonders wichtig, um eine barrierefreie und komfortable Fortbewegung im Alltag zu gewährleisten.

Unterstützung in Schule, Ausbildung, Studium und Beruf

Für Bildung und Beruf gibt es ebenfalls einige wichtige Unterstützungsangebote:

  • Schulische Unterstützung: Bei sonderpädagogischem Förderbedarf können entsprechende Maßnahmen und gegebenenfalls eine Schulbegleitung beantragt werden.
  • Ausbildungsförderung: Leistungen wie Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld oder das Budget für Ausbildung können junge Menschen mit Behinderung unterstützen.
  • Studium: Nachteilsausgleiche bei Prüfungen, spezielle BAföG-Regelungen und Eingliederungshilfen erleichtern den Zugang zu akademischer Bildung.
  • Berufliche Integration: Unterstützung beim Berufseinstieg, etwa durch das Budget für Arbeit oder die arbeitsrechtliche Gleichstellung, kann die Integration in den Arbeitsmarkt fördern.

Hilfen für Eltern mit Behinderung oder Eltern behinderter Kinder

Eltern mit Behinderung sowie Eltern von Kindern mit Behinderung können ebenfalls spezielle Hilfen in Anspruch nehmen:

  • Elternassistenz: Leistungen zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung und -erziehung können bei verschiedenen Kostenträgern beantragt werden, um eine selbstbestimmte Elternschaft zu ermöglichen.
  • Verlängerte Mutterschutzfrist: Bei der Geburt eines Kindes mit Behinderung verlängert sich die nachgeburtliche Schutzfrist auf zwölf Wochen.
  • Freistellung von der Arbeit: Bei Erkrankung eines Kindes mit Behinderung besteht ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit, unabhängig vom Alter des Kindes.
  • Kinderpflege-Krankengeld: Kann bei der Krankenkasse beantragt werden, wenn ein erkranktes Kind mit Behinderung betreut werden muss.
  • Haushaltshilfe bei Krankheit: Wenn die haushaltsführende Person erkrankt und kein anderes Haushaltsmitglied den Haushalt weiterführen kann, kann eine Haushaltshilfe beantragt werden.

Frühzeitiger Renteneintritt und Erwerbsminderungsrente

Die reguläre Altersgrenze für schwerbehinderte Personen, die ab 1964 geboren wurden, liegt bei 65 Jahren. Ab diesem Alter können sie ohne Abzüge ihre Altersrente beziehen.

Eine vorgezogene Altersrente ist ebenfalls möglich, wobei der Renteneintritt ab 62 Jahren erfolgen kann. In diesem Fall müssen jedoch Abschläge in Kauf genommen werden, die die Höhe der Rente entsprechend mindern. Diese Regelung ermöglicht es Menschen mit Schwerbehinderung, trotz früherem Renteneintritt eine gewisse finanzielle Sicherheit zu erhalten.

Es besteht auch die Möglichkeit, bei einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Deutschen Rentenversicherung zu beantragen. Diese Leistung greift, wenn die betroffene Person aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erwerbstätig sein kann.

Für Beamtinnen und Beamte mit Schwerbehinderung gelten spezielle Regelungen zum vorzeitigen Ruhestand. Hierbei können sie, abhängig von den jeweiligen Vorschriften, unter erleichterten Bedingungen in den Ruhestand eintreten, wenn ihre berufliche Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt ist.

Diese flexiblen Regelungen sollen sicherstellen, dass Menschen mit Schwerbehinderung eine angemessene und bedarfsgerechte Unterstützung bei der Planung ihres Ruhestands erhalten.