Schwerbehinderung: Kündigungsschutz ist keine Beschäftigungsgarantie trotz GdB

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Menschen mit Schwerbehinderung haben gesetzlichen Anspruch auf Nachteilausgleiche, um ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. Dazu gehören Sonderregelungen bei der Steuer, die Möglichkeit einer vorzeitigen Altersrente und Rechte am Arbeitsplatz wie zusätzliche Urlaubstage und ein besonderer Kündigungsschutz.

Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz bis zur Grenze der Zumutbarkeit sichern

Laut Paragraf 164 Absatz 4 des Sozialgesetzbuches IX sind Arbeitgeber verpflichtet, den Betroffenen bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu ermöglichen, ihre Arbeit durchzuführen. Das bedeutet jedoch keine Beschäftigungsgarantie. So entschied das Bundesarbeitsgericht und zog eine klare Grenze (6 AZR 329/18).

Besonderer Beschäftigungsanspruch ohne Beschäftigungsgarantie

Was bedeutet das in der Praxis. Es gibt unternehmerische Entscheidungen, in denen Arbeitsplätze wegfallen – zum Beispiel durch ein Umstrukturieren der Firma, oder die Verlagerung eines Standorts. Das betrifft auch Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderungen, auch diese entfallen in solchen Fällen.
Der besondere Beschäftigungsanspruch bedeutet hier nicht, dass der Arbeitsplatz des schwerbehinderten Menschen erhalten bleiben muss. Es gibt also keine Beschäftigungsgarantie.

Wozu ist der Arbeitgeber verpflichtet

Der besondere Beschäftigungsanspruch bliebt allerdings erhalten. Er kommt dann zum Tragen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine mögliche Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz prüfen. Hier gilt wiederum, dass die gesundheitliche Situation des Arbeitnehmers berücksichtigt werden muss.

Betriebsbedingte Kündigung und Sonderkündigungsschutz

Der schwerbehinderte Kläger hatte viele Jahre in einem Betrieb gearbeitet, bis dieser in Insolvenz ging. Seine Arbeitsverhältnis fiel unter einen tariflichen Sonderkündigungsschutz. Der Arbeitgeber kündigte ihm betriebsbedingt im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Zuvor hatte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste geschlossen.

Keine Aufgabe mehr wegen Umverteilung

Auf dieser Namensliste war auch der Name des Betroffenen eingetragen, dessen Arbeitsplatz wegen Umverteilung der noch bestehenden Aufgaben nicht mehr besetzt werden musste. Denn seine Hilfstätigkeiten wurden von den noch verbliebenen Fachkräften mit erledigt. Andere Tätigkeiten konnte er innerhalb des Betriebs nicht ausüben.

Arbeitnehmer fordert Beschäftigungsanspruch

Der Betroffene hielt die Kündigung für unwirksam. Dabei berief er sich zum einen auf den tariflichen Sonderkündigungsschutz, und zum anderen auf den Beschäftigungsanspruch laut dem Sozialgesetzbuch IX.

Scheitern in allen drei Instanzen

Seine Klage vor dem Arbeitsgericht blieb ebenso erfolglos wie die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht und die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht. Die Begründungen der Instanzen für ihre Entscheidung war nahezu identisch.

Ein besonderer Beschäftigungsanspruch nach dem Sozialgesetzbuch IX kam nicht in Frage, da es keine geeignete Weiterbeschäftigung für den Betroffenen im Betrieb gab. Das Unternehmen war nicht verpflichtet, dem Kläger einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den sie nach der geänderten Organisation nicht mehr brauchte.