Bei Mobilitรคtseinschrรคnkungen aufgrund einer Schwerbehinderung wird das eigene Zuhause hรคufig zu einer Barriere. Treppen, enge Tรผrrahmen oder das Fehlen von bodengleichen Duschen kรถnnen fรผr Betroffene zu erheblichen Hindernissen werden.
Ein behindertengerechter Umbau der Wohnung ist daher wichtig, um ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wรคnden zu ermรถglichen.
Doch was tun, wenn es sich um eine Mietwohnung handelt? Die rechtliche und finanzielle Situation in solchen Fรคllen gestaltet sich oft schwierig, da neben den Interessen der Mieterin oder des Mieters auch die Rechte der Vermieterin oder des Vermieters berรผcksichtigt werden mรผssen.
Inhaltsverzeichnis
Rechte von Mieterinnen und Mietern
Seit der Einfรผhrung des ยง 554a BGB im Jahr 2011 wurde ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Lebensbedingungen fรผr Menschen mit Behinderung gemacht. Dieser Paragraf gibt Mieterinnen und Mietern das Recht, von ihrer Vermieterin oder ihrem Vermieter die Zustimmung zu einem behindertengerechten Umbau der Wohnung zu verlangen โ allerdings auf eigene Kosten.
Darรผber hinaus mรผssen die Umbauten in der Regel beim Auszug rรผckgรคngig gemacht werden. Um Vermieterinnen und Vermieter vor mรถglichen Kostenrisiken zu schรผtzen, kรถnnen diese Sicherheitsleistungen wie Kautionen oder Bรผrgschaften verlangen.
Interessenabwรคgung beim Umbau
Das Gesetz sieht vor, dass bei einer Umbauanfrage eine Interessenabwรคgung vorgenommen wird. Dabei werden die Bedรผrfnisse der betroffenen Mieterin oder des Mieters sowie die Rechte der Vermieterin oder des Vermieters einander gegenรผbergestellt. Faktoren wie Art und Schwere der Behinderung sowie Umfang und Dauer der baulichen Maรnahmen spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Was gilt in Wohnungseigentรผmergemeinschaften?
Noch komplizierter wird die Situation, wenn es sich um eine Wohnung innerhalb einer Wohnungseigentรผmergemeinschaft (WEG) handelt. Hier sind nicht nur die Interessen der Vermieterin oder des Vermieters zu beachten, sondern auch die der anderen Wohnungseigentรผmerinnen und -eigentรผmer.
Bis zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 war eine Zustimmung der WEG fรผr bauliche Maรnahmen am Gemeinschaftseigentum erforderlich, was in der Praxis oft zu Schwierigkeiten fรผhrte.
Mit der Gesetzesnovelle wurden die Rechte von Menschen mit Behinderung gestรคrkt. Nun haben Eigentรผmerrinnen und Eigentรผmmer einen grundsรคtzlichen Anspruch auf barrierefreie Umbauten auf eigene Kosten. Die Beschlussfassung innerhalb der WEG wurde erleichtert, sodass bauliche Verรคnderungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, einfacher durchsetzbar sind.
Was wird von wem fรผr den behindertengerechten Umbau gezahlt?
Ein groรes Hindernis beim behindertengerechten Umbau sind die Kosten. Zuschรผsse der Pflegekassen decken hรคufig nur einen Teil der anfallenden Ausgaben. Besonders fรผr Mieterinnen und Mieter, die die Umbauten bei einem Auszug rรผckgรคngig machen mรผssen, bedeutet dies eine erhebliche finanzielle Belastung. Hier kรถnnen Ergรคnzungsleistungen wie Mittel der KfW-Fรถrderbank oder kommunale Programme helfen.
Tabelle: Mรถgliche Kostenรผbernahmen fรผr den behindertengerechten Umbau
Kostenfaktor | Mรถgliche Finanzierungstrรคger | Bemerkungen |
---|---|---|
Zuschuss fรผr wohnumfeldverbessernde Maรnahmen | Pflegekasse (bis zu 4.000 Euro pro Maรnahme) | Voraussetzung: Pflegegrad vorhanden; Antrag muss vor Beginn der Maรnahme gestellt werden |
Barrierefreier Umbau (z. B. Badumbau) | KfW-Fรถrderung (Programm 455-B) | Zuschรผsse bis zu 6.250 Euro mรถglich; gilt auch fรผr Einbauten wie bodengleiche Duschen und Haltegriffe |
Einbau von Treppenliften | Pflegekasse, Eigenmittel, ggf. Zusatzversicherungen | Kosten zwischen 5.000 und 15.000 Euro; Pflegekasse beteiligt sich bis zu ihrem Maximalzuschuss |
Finanzielle Unterstรผtzung durch Kommunen | Kommunale Fรถrderprogramme | Programme variieren stark je nach Bundesland; teilweise zusรคtzliche Zuschรผsse fรผr spezielle Umbauten |
Steuerliche Vorteile | Finanzamt (auรergewรถhnliche Belastungen) | Absetzbar bei Einkommenssteuer; Nachweise รผber Notwendigkeit und Kosten erforderlich |
Technische Hilfsmittel (z. B. Rampen) | Krankenkasse, Pflegekasse | Krankenkassen รผbernehmen oft die Kosten fรผr Hilfsmittel, die mobil sind und nicht fest eingebaut werden |
Ein Beispiel aus der Praxis
Frau Mรผller, 62 Jahre alt, erlitt nach einem Sturz eine Querschnittlรคhmung und ist seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie lebt seit vielen Jahren in einer Mietwohnung im ersten Stock eines Altbaus ohne Aufzug. Die enge Badezimmertรผr und der hohe Einstieg in die Badewanne machten es ihr unmรถglich, die Wohnung weiterhin ohne Umbauten zu nutzen.
Nach Rรผcksprache mit ihrem Vermieter beantragte Frau Mรผller eine Tรผrverbreiterung und den Einbau einer bodengleichen Dusche. Die Kosten beliefen sich auf 12.000 Euro. Die Pflegekasse รผbernahm 4.000 Euro als wohnumfeldverbessernde Maรnahme. Fรผr den Restbetrag nutzte Frau Mรผller eine Fรถrderung durch das KfW-Programm 455-B und zahlte 3.750 Euro aus eigener Tasche.
Ihr Vermieter stimmte dem Umbau unter der Bedingung zu, dass Frau Mรผller eine zusรคtzliche Kaution von 2.000 Euro hinterlegt, um die Rรผckbaukosten im Falle eines Auszugs abzudecken. Nach Abschluss der Umbauten konnte Frau Mรผller ihre Wohnung wieder selbststรคndig nutzen und behielt so ihre Lebensqualitรคt in den eigenen vier Wรคnden.
Fazit
Die rechtlichen Grundlagen fรผr den behindertengerechten Umbau von Mietwohnungen sind in den letzten Jahren deutlich verbessert worden. Dennoch bleibt die Umsetzung in der Praxis oft schwierig. Betroffene sollten ihre Rechte kennen und sich gegebenenfalls juristisch beraten lassen. Sozialverbรคnde wie der VdK bieteten hierbei fachliche Unterstรผtzung.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universitรคt Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen fรผr ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.