Schwerbehinderung & COPD: Merkzeichen G und Vorteile mit Schwerbehindertenausweis

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Wer mit COPD lebt, kann je nach Schwere der Erkrankung einen bestimmten Grad der Behinderung (GdB) zugesprochen bekommen.

Anders als oft angenommen, wird dieser nicht in Prozent, sondern in Zehnerschritten zwischen 20 und 100 angegeben. Ab einem GdB von 50 gilt man in Deutschland offiziell als schwerbehindert und hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.

Dabei spielt nicht nur die Lungenfunktion eine Rolle, sondern es wird stets der gesamte Gesundheitszustand berรผcksichtigt. Wenn zusรคtzlich zu COPD weitere Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen oder Rรผckenleiden, vorliegen, kรถnnen sie den Gesamt-GdB anheben, sofern sie das Alltagsleben zusรคtzlich beeintrรคchtigen.

Wie lรคuft das Antragsverfahren ab?

Der Antrag auf Feststellung des GdB wird beim zustรคndigen Versorgungsamt oder, je nach Region, bei ร„mtern mit รคhnlicher Bezeichnung wie Amt fรผr Soziales, Amt fรผr Soziale Angelegenheiten oder Amt fรผr Soziales und Versorgung gestellt.

In aller Regel lassen sich die dafรผr benรถtigten Formulare online abrufen oder persรถnlich anfordern. Wichtig ist es, sรคmtliche รคrztlichen Befunde beizufรผgen und gleichzeitig die behandelnden ร„rztinnen und ร„rzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden.

Nur so kann das Amt alle notwendigen Informationen einholen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Im Laufe des Verfahrens werden oft noch ergรคnzende medizinische Stellungnahmen angefordert, um zu klรคren, wie stark die COPD das Leben der Betroffenen tatsรคchlich einschrรคnkt.

Wann liegt eine leichte Behinderung vor?

Von einer leichten Behinderung wird ausgegangen, wenn die COPD als โ€žgeringen Gradesโ€œ eingestuft wird. Laut den Versorgungsmedizinischen Grundsรคtzen bedeutet das unter anderem, dass Betroffene bei mittelschwerer kรถrperlicher Belastung oder beim Gehen in moderatem Tempo (etwa 5 bis 6 km/h) unter ungewรถhnlicher Atemnot leiden.

Eine Lungenfunktionsprรผfung bestรคtigt dabei, dass die gemessenen Werte bis zu einem Drittel unter den Sollwerten liegen, wรคhrend die Blutgaswerte jedoch noch weitgehend im Normbereich bleiben. In diesen Fรคllen wird ein GdB zwischen 20 und 40 anerkannt.

Ab wann spricht man von einer Schwerbehinderung?

Liegt eine COPD mittleren Grades vor, wird ein GdB von 50 bis 70 festgestellt. Hier macht sich Atemnot bereits bei alltรคglich leichten Belastungen, wie beim gemรผtlichen Spazierengehen (etwa 3 bis 4 km/h), beim Treppensteigen bis zum ersten Stockwerk oder sogar bei moderater Hausarbeit bemerkbar.

Die Lungenfunktionsprรผfung zeigt dann Werte, die bis zu zwei Drittel unter den Sollwerten liegen. In besonders schweren Fรคllen, wenn die Atemnot bereits bei geringster Anstrengung oder sogar in Ruhe auftritt und die Lungenfunktionswerte deutlich mehr als zwei Drittel unterhalb der Norm liegen, wird ein GdB zwischen 80 und 100 anerkannt.

Damit wird eine schwerste Einschrรคnkung bestรคtigt, die oftmals nicht nur den Alltag, sondern auch die Berufsausรผbung nachhaltig erschwert.

Welche Besonderheiten gelten nach einer Lungentransplantation?

Bei sehr weit fortgeschrittener COPD kann eine Lungentransplantation erforderlich werden. In den ersten zwei Jahren nach dem Eingriff wird Betroffenen in der Regel ein GdB von 100 zuerkannt, weil in dieser Phase ein besonderes Risiko fรผr Komplikationen besteht und intensive medizinische Nachsorge notwendig ist.

Diese Zeit wird als Heilungsbewรคhrung bezeichnet. Nach Ablauf dieser Heilungsbewรคhrung darf der GdB selbst bei gutem Heilungsverlauf nicht unter 70 sinken, weil das Immunsystem aufgrund der notwendigen Medikamenteneinnahme dauerhaft unterdrรผckt wird und somit ein erhรถhtes Risiko fรผr Infektionen besteht.

Welche Merkzeichen kommen fรผr COPD-Betroffene infrage?

Bei anerkannter Schwerbehinderung gibt es verschiedene Merkzeichen, die im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden kรถnnen. Fรผr Menschen mit COPD sind insbesondere die Merkzeichen G (erheblich gehbehindert) und aG (auรŸergewรถhnlich gehbehindert) relevant.

Das Merkzeichen G berechtigt zur Nutzung einer Wertmarke im รถffentlichen Nahverkehr oder zur Halbierung der Kfz-Steuer.

Mit aG bestehen weitere Vorteile, beispielsweise das Parken auf ausgewiesenen Behindertenparkplรคtzen. In welcher Form diese Hilfen konkret gewรคhrt werden, hรคngt sowohl von den individuellen Einschrรคnkungen als auch von den landesrechtlichen Bestimmungen und Regelungen vor Ort ab.

ErmรครŸigungen im รถffentlichen Verkehr

Menschen mit Schwerbehinderung profitieren im รถffentlichen Nahverkehr von verschiedenen Nachteilsausgleichen:

  • Kostenfreiheit oder FahrpreisermรครŸigungen: Abhรคngig vom Grad der Behinderung kann die Nutzung des Nahverkehrs kostenlos oder ermรครŸigt sein. Diese Vorteile sind hรคufig an das Vorzeigen des Schwerbehindertenausweises geknรผpft.
  • Barrierefreie Infrastruktur: Fรผr Menschen mit Mobilitรคtseinschrรคnkungen sind barrierefreie Fahrzeuge und Haltestellen essenziell. Hierzu gehรถren Rampen, Aufzรผge und spezielle Leitsysteme. Zudem steht oft Personal zur Verfรผgung, das beim Ein- und Aussteigen hilft.
  • Reservierte Sitzplรคtze: Menschen mit Behinderungen kรถnnen je nach Bedarf Anspruch auf reservierte Sitzplรคtze haben. Besonders im Fernverkehr sind fรผr Inhaber bestimmter Merkzeichen kostenlose Sitzplatzreservierungen mรถglich.
  • Rufbusse und Taxen: In Regionen mit eingeschrรคnktem Nahverkehr kรถnnen Rufbusse oder Taxen als Alternative genutzt werden. Die Kostenรผbernahme variiert je nach Region und Einzelfall.

Mit dem Parkausweis Sonderregelungen nutzen

Personen mit bestimmten Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis, wie โ€žaGโ€œ oder โ€žBlโ€œ, kรถnnen einen blauen Parkausweis beantragen. Dieser erlaubt das Parken auf speziell reservierten Parkplรคtzen und gilt nicht nur deutschlandweit, sondern auch in anderen EU-Lรคndern. Der Parkausweis wird auf Antrag bei der zustรคndigen Behรถrde ausgestellt und ist in der Regel fรผr fรผnf Jahre gรผltig.

Tipp: Weitere Vorteile mit dem Schwerbehindertenausweis finden Sie hier.

Warum lohnt sich eine frรผhzeitige Antragstellung?

Obwohl viele Menschen mit einer COPD-Diagnose noch lรคngere Zeit gut zurechtkommen, lohnt es sich, frรผhzeitig alle formal notwendigen Schritte zu prรผfen.

Ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Feststellung des GdB kann nicht nur helfen, wichtige Nachteilsausgleiche zu erhalten, sondern auch bei der Jobsuche, der Gestaltung des Arbeitsumfelds und beim Bezug bestimmter sozialrechtlicher Leistungen von Vorteil sein.

Die Antragsdauer erfordert oft Geduld, da Behรถrden und Fachรคrzte mehrere Gutachten einholen kรถnnen, um die Schwere der Erkrankung einschรคtzen zu kรถnnen. Dennoch schafft die Feststellung einer Behinderung Planungssicherheit und erleichtert den Zugang zu erforderlichen Hilfen.

Wie geht es nach der Feststellung der Schwerbehinderung weiter?

Sobald der Bescheid รผber den GdB vorliegt, sollte man sich eingehend รผber die Mรถglichkeiten der Inanspruchnahme von Vergรผnstigungen und Unterstรผtzungen informieren.

Dazu gehรถren nicht nur Nachteilsausgleiche im Berufsalltag, sondern auch steuerliche Erleichterungen und Vorteile bei der Mobilitรคt. Bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustands kann es zudem sinnvoll sein, einen Antrag auf Neufeststellung zu stellen, um gegebenenfalls einen hรถheren GdB und zusรคtzliche Merkzeichen bewilligt zu bekommen.

Da die COPD oftmals chronisch fortschreitet, ist es ratsam, den eigenen Gesundheitszustand regelmรครŸig kontrollieren zu lassen und sich gegebenenfalls an verรคnderte Bedรผrfnisse anzupassen.