Schwerbehinderung: Bis zu 9.200 € pro Jahr – Behinderten-Pauschbetrag plus Pflege-Pauschbetrag

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Wer einen behinderten Menschen in der Familie hat und selbst pflegt, kann zwei starke Steuerhebel kombinieren: den Behinderten-Pauschbetrag (abhängig vom GdB bzw. von „H/Bl/TBl“) und den Pflege-Pauschbetrag (abhängig vom Pflegegrad der gepflegten Person).

Die Beträge mindern direkt das zu versteuernde Einkommen und lassen sich – unter klaren Voraussetzungen – mitten in der Familie optimal verteilen oder auf Eltern übertragen. Das Ergebnis ist bares Geld: In der Maximalvariante summieren sich beide Pauschalen auf 9.200 € im Jahr.

 Wer hat Anspruch – und wie hoch sind die Beträge?

Der Behinderten-Pauschbetrag steht Menschen mit einem festgestellten GdB ab 20 zu. Die gestaffelten Jahresbeträge lauten:

  • 384 € (GdB 20)
  • 620 € (30)
  • 860 € (40)
  • 1.140 € (50)
  • 1.440 € (60)
  • 1.780 € (70)
  • 2.120 € (80)
  • 2.460 € (90)
  • 2.840 € (100)

Für Menschen mit Hilflosigkeit (Merkzeichen H), Blindheit (Bl) oder Taubblindheit (TBl) gilt statt dieser Staffel der erhöhte Pauschbetrag von 7.400 € pro Jahr.

Der Pflege-Pauschbetrag steht pflegenden Angehörigen zu, wenn sie persönlich und unentgeltlich in der eigenen Wohnung oder der Wohnung der gepflegten Person pflegen (Inland oder EU/EWR).

Die Jahresbeträge lauten:

  • 600 € (Pflegegrad 2)
  • 1.100 € (PG 3)
  • 1.800 € (PG 4 oder 5)
  • 1.800 € gibt es auch, wenn die gepflegte Person „hilflos“ ist.

Maßgeblich ist immer der im Kalenderjahr höchste festgestellte Pflegegrad – es gibt keine Zwölftelung.

Übertragung an Angehörige – so funktioniert’s rechtssicher

Steht der Behinderten-Pauschbetrag einem Kind zu, kann er auf die Eltern übertragen werden, wenn für das Kind Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht und das Kind den Pauschbetrag nicht selbst nutzt. Grundregel: hälftige Aufteilung auf beide Eltern; eine abweichende Quote ist per gemeinsamem Antrag möglich. Wichtig für die Erklärung ist die Steuer-ID des Kindes.

Beim Pflege-Pauschbetrag gilt: Pflegen mehrere Angehörige dieselbe Person, wird der Betrag „pro Kopf“ geteilt – unabhängig davon, wer wie viele Stunden übernimmt. Pflegegeld, das Eltern für ihr Kind erhalten, gilt nicht als „Einnahme“ der Pflegeperson und schließt den Pflege-Pauschbetrag nicht aus.

Wesentlich für die Praxis: Der Pflege-Pauschbetrag kann zusätzlich zum (gegebenenfalls übertragenen) Behinderten-Pauschbetrag in derselben Familie geltend gemacht werden.

Finanzwirkung in Euro – realistische Rechenbeispiele

Steuerersparnis grob berechnen: Pauschbetrag × persönlicher Grenzsteuersatz (ohne Soli/KiSt-Feinheiten). Nachfolgend typische Konstellationen:

1) Elternfall: Übertrag + Pflege
Das Kind hat GdB 80 (Behinderten-Pauschbetrag 2.120 €), ist in PG 3 (1.100 € Pflege-Pauschbetrag). Summe: 3.220 € Abzug für die Familie.
Ersparnis bei Grenzsteuersatz 20 % / 30 % / 42 %: 644 € / 966 € / 1.352 €.

2) Ehepartner pflegt Ehepartner
Eine Person hat GdB 60 (1.440 €), die andere pflegt bei PG 2 (600 €). Summe: 2.040 €.
Ersparnis bei 20 % / 30 % / 42 %: 408 € / 612 € / 857 €.

3) Geschwister teilen sich die Pflege der Mutter (PG 5)
Pflege-Pauschbetrag 1.800 €, bei zwei Pflegenden je 900 €.
Ersparnis je Person bei 20 % / 30 % / 42 %: 180 € / 270 € / 378 €.

4) Maximal-Kombi im Haushalt
Betroffene Person ist „hilflos“ (7.400 € Behinderten-Pauschbetrag), Angehörige pflegen bei PG 4/5 (1.800 €). Summe: 9.200 €.
Ersparnis bei 20 % / 30 % / 42 %: 1.840 € / 2.760 € / 3.864 €.

Antrag & Eintragung – worauf das Finanzamt wirklich achtet

Beide Pauschbeträge werden in der Einkommensteuererklärung über die Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ beantragt.
Für den Behinderten-Pauschbetrag benötigt das Finanzamt bei der erstmaligen Geltendmachung den Nachweis nach § 65 EStDV (z. B. Schwerbehindertenausweis, Feststellungsbescheid).

Für den Pflege-Pauschbetrag ist zwingend die Steuer-ID der gepflegten Person anzugeben. Außerdem muss klar sein, dass die Pflege persönlich und ohne Einnahmen erfolgt; die Pflege-Adresse ist die Wohnung der Pflegeperson oder der gepflegten Person in Deutschland oder EU/EWR. Bei mehreren Pflegenden muss ersichtlich sein, wer die Voraussetzungen erfüllt – denn dann teilt sich der Betrag.

Kombi-Regeln auf einen Blick

  • Zulässig nebeneinander: Pflege-Pauschbetrag plus (ggf. übertragener) Behinderten-Pauschbetrag in derselben Familie.
  • Keine Zwölftelung: Bei Jahreswechseln, Höherstufung oder Tod zählt der höchste Pflegegrad im Jahr; der volle Betrag wird gewährt.
  • Aufteilung bei Mehrfach-Pflege: Der Pflege-Pauschbetrag wird pro Kopf unter den begünstigten Pflegenden aufgeteilt.
  • Kein Doppelnutzen typischer Kosten: Wer den Behinderten-Pauschbetrag nutzt, kann die dort abgegoltenen „typischen“ Aufwendungen nicht zusätzlich als Einzelkosten nach § 33 EStG abrechnen (andere, atypische Mehrkosten bleiben daneben möglich).

Typische Fehler – und wie du sie vermeidest

Viele Ablehnungen entstehen durch Formalien: fehlende Steuer-ID der gepflegten Person, fehlende Nachweise zum GdB/„H“, unzutreffende Annahmen zu „Einnahmen“ aus der Pflege oder falsche Verteilung bei mehreren Pflegenden.

Vermeide außerdem den Doppelabzug von typischen behinderungsbedingten Kosten (die der Behinderten-Pauschbetrag bereits pauschal abdeckt). Prüfe beim Elternfall, ob der Übertrag an beide Eltern hälftig sinnvoll ist oder ob ihr gemeinsam eine abweichende Quote beantragt – finanziell kann das bei unterschiedlich hohen Einkommen hundert Euro plus X ausmachen.

Fazit

Die Kombination aus Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag ist eine leicht zugängliche Steuerentlastung für Familien, die Verantwortung übernehmen.

Wer Anspruchsvoraussetzungen und Nachweise sauber erfüllt, wer Übertrag und Aufteilung klug organisiert und wer die richtigen Beträge in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ einträgt, hebt oft dreistellige bis vierstellige Euro-Beträge pro Jahr – im Maximalfall 9.200 € Abzug.