Schwerbehinderung: Betriebsrat darf Auskunft über Schwerbehinderung von Mitarbeitern verlangen

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass Arbeitgeber dem Betriebsrat die Namen und Anzahl der schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten mitteilen müssen.

BAG-Urteil stärkt Rechte des Betriebsrats

In seinem Beschluss hat das BAG klargestellt, dass ein Betriebsrat Anspruch auf Informationen über die schwerbehinderten Mitarbeiter im Unternehmen hat. Dieses Recht ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Eingliederung und Förderung schwerbehinderter Menschen im Betrieb zu unterstützen.

Hintergrund des Falls: Informationsverweigerung durch Arbeitgeber

Der Betriebsrat eines Entsorgungsunternehmens forderte vom Arbeitgeber eine Kopie des Verzeichnisses gemäß § 163 Abs. 1 SGB IX. Dieses Verzeichnis enthält die Namen, Geburtstage, Anschriften und den Grad der Behinderung aller schwerbehinderten oder gleichgestellten Mitarbeiter. Ziel des Betriebsrats war es, die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung zu initiieren und seine Überwachungs- und Kontrollaufgaben effektiv wahrnehmen zu können.

Arbeitgeber beruft sich auf Datenschutz – ist das gerechtfertigt?

Der Arbeitgeber lehnte die Herausgabe der Informationen ab und verwies auf datenschutzrechtliche Bedenken. Er argumentierte, dass es sich um hochsensible Gesundheitsdaten handele, deren Weitergabe ohne Zustimmung der Betroffenen unzulässig sei. Insbesondere einige leitende Angestellte hätten einer Weitergabe nicht zugestimmt. Zudem sei nicht jede Schwerbehinderung für den Betriebsrat relevant.

Gericht bestätigt Auskunftsanspruch des Betriebsrats

Das BAG widersprach der Auffassung des Arbeitgebers und bestätigte den Anspruch des Betriebsrats auf Auskunft nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, den Betriebsrat umfassend zu informieren, damit dieser seine gesetzlichen Aufgaben erfüllen könne. Die Kenntnis über die schwerbehinderten Beschäftigten sei hierfür unerlässlich.

Warum der Betriebsrat die Informationen benötigt

Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG in Verbindung mit § 176 Satz 1 und Satz 2 HS. 1 SGB IX die Aufgabe, die Interessen schwerbehinderter Menschen zu fördern. Dazu gehört unter anderem:

  • Überprüfung der Arbeitsplatzgestaltung: Sicherstellung, dass Arbeitsplätze behindertengerecht ausgestattet sind (§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SGB IX).
  • Förderung der beruflichen Entwicklung: Unterstützung der Mitarbeiter bei der vollen Verwertung und Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten (§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX).
  • Anpassung der Arbeitszeit: Prüfung, ob aufgrund der Behinderung eine Verkürzung der Arbeitszeit notwendig ist (§ 164 Abs. 5 Satz 3 SGB IX).

Ohne die konkreten Informationen kann der Betriebsrat diese Aufgaben nicht effektiv wahrnehmen.

Datenschutzrechtliche Bedenken ausgeräumt

Das Gericht stellte fest, dass datenschutzrechtliche Vorschriften dem Auskunftsanspruch nicht entgegenstehen. Nach § 26 Abs. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist die Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten im Bereich des Arbeitsrechts erforderlich ist. Die Weitergabe der Daten an den Betriebsrat fällt unter diese Regelung.

Einwilligung der Beschäftigten nicht erforderlich

Entgegen der Argumentation des Arbeitgebers ist die Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter nicht notwendig. Der gesetzliche Auskunftsanspruch des Betriebsrats steht nicht zur Disposition der einzelnen Beschäftigten. Das BAG betonte, dass der Wortlaut des Gesetzes keine entsprechende Einschränkung vorsieht.

Auch leitende Angestellte sind einzubeziehen

Das Gericht stellte klar, dass der Auskunftsanspruch alle schwerbehinderten Beschäftigten umfasst, unabhängig von ihrer Position im Unternehmen. Somit sind auch leitende Angestellte einzubeziehen. Dies ist wichtig, um eine umfassende Förderung und Unterstützung aller betroffenen Mitarbeiter sicherzustellen.