Beim “Wohnen für Hilfe” erledigen Mitbewohner Arbeiten, die im Haushalt anfallen und zahlen dafür weniger oder gar keine Miete. Wer Wohngeld bezieht, kann dabei in Schwierigkeiten geraten, da die zuständigen Mitarbeiter für dieses Konzept keine verbindlichen Vorgaben haben.
So strich die verantwortliche Behörde Monika B. (Name geändert) zwei Monate die Leistung, bis die Wohngeldstelle ihren Fehler einsah.
Das Geld reicht für den Lebensunterhalt, aber nicht für die Miete
Monika lebt in Hannover-Linden. Sie ist 62 Jahre alt, hat eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 100 und bezieht 961,00 Euro Rente pro Monat. Sie hat also ausreichend Geld, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, nicht aber, um die Miete zu zahlen. Deshalb bekommt sie Wohngeld.
Wer bekommt Wohngeld?
Dieser staatliche Zuschuss ist für die Miete oder die Entlastung für selbst genutztes Wohneigentum vorgesehen, bei Bürgern, die nur ein geringes Einkommen haben, das allerdings über dem Existenzminimum liegt. Auf diese Sozialleistung besteht ein Rechtsanspruch für alle Bürger, die
innerhalb der gesetzten Einkommensgrenzen liegen.
Monika benötigt jemanden, der ihr dabei hilft, aus dem Haus zu kommen, und der sie bei Dingen des täglichen Lebens unterstützt. Da sie ein freies Zimmer hat, vereinbarte sie eine Wohnpartnerschaft mit Mieterlass, auch als „Wohnen für Hilfe“ bekannt.
Wohnen für Hilfe
„Wohnen für Hilfe” gibt es seit elf Jahren und inzwischen in rund 20 Städten in Deutschland durch unterschiedliche Initiativen wie Wohlfahrtsverbände, Studierendenwerke oder private gemeinnützige Vereine. Hinzu kommen Gruppen wie “Wohnen gegen Hand unzensiert”, die einen Rahmen bieten, in dem sich Interessierte selbstständig absprechen.
Ebenso unterschiedlich sind die genauen Richtlinien, manche konzentrieren sich auf ein Zusammenleben von älteren Menschen und Studierenden, andere bringen junge Familien mit Studierenden zusammen.
Erst einmal eine gute Sache. Auszubildende, Studierende, aber auch unzählige Erwerbstätige können sich die immer höheren Mieten nicht leisten. Zugleich gibt es verwitwete und ältere Menschen, deren Kinder aus dem Haus sind oder auch Menschen wie Monika, die Mithilfe im Haus und Garten benötigen.
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Zum Nutzen aller Beteiligten
Die Wohnungssuchenden profitieren davon, günstig oder umsonst zu wohnen, die Eigentümer oder Mieter bekommen die nötige Unterstützung. Monika hätte sonst einen professionellen Pflegedienst einstellen müssen, und dafür hat sie kein Geld.
Das Konzept “Wohnen für Hilfe” ist zudem äußerst effizient und erfüllt mehrere Zwecke gleichzeitig: Es lindert die Wohnungsnot, bietet notwendige Unterstützung und reduziert in vielen Fällen erhebliche Ausgaben aus öffentlichen Geldern und der Pflegeversicherung.
Wohnen für Hilfe ist zudem sozial und fördert die Selbstbestimmung. Es entfallen Gebühren, die von Serviceanbietern genommen werden. So würde ein eingetragener Pflegedienst für Tätigkeiten zusätzlich zur Pflege, auf die Monika einen Anspruch hat, 30 Euro pro Stunde nehmen. Nur einen Teil davon erhält derjenige, der die Arbeit ausführt, denn der Rest fließt an die Organisation.
Es geht dabei um genau die Tätigkeiten wie Staubsaugen, Einkaufen oder Monika die Treppe hinunterbringen, die ihr Assistent beim Wohnen für Hilfe übernimmt.
Auch für Nicht-Hilfebedürftige ist das Mitwohnen ein fruchtbarer Austausch zwischen Menschen in verschiedenen Lebensphasen, zwischen Jungen, die sich orientieren, Alten, die ihr Erwerbsleben hinter sich haben und auch solchen, die mitten im Beruf sind.
Wohngeld gesperrt, ohne dass das Einkommen sich ändert
Eine Win-win-Situation für Monika ebenso wie für ihren Assistenten, so sah es zumindest aus. Doch dann kam im September der Schock.
Monika bekam kein Wohngeld mehr ausgezahlt. Die zuständige Wohngeldstelle begründete dies damit, dass sie zu zweit in der Wohnung lebten, verlangte eine Einkommensbescheinigung des Assistenten und bewertete die Situation so, also ob sich Monika und ihr Assistent die Miete teilen würden.
Doch Monika hatte nicht einen Cent mehr auf dem monatlichen Konto. Sie nahm kein Geld von ihrem Assistenten und musste jetzt die volle Miete von ihren 961,00 Euro decken, was mittelfristig nicht möglich ist.
Monika will selbstständig bleiben
Sie informierte die Pflegekasse, und diese teilte ihr mit, dass sie für Wohngeld nicht zuständig sei. Tatsächlich würde die Kasse die Unterbringung in einem Heim übernehmen, was in Monikas Fall mehrere tausend Euro pro Monat kostet.
Das kommt für Monika nicht infrage. Sie lebt in ihren eigenen vier Wänden, seit vielen Jahren in einer harmonischen Hausgemeinschaft, in einem sozialen Umfeld, in dem sie sich wohlfühlt und bleiben möchte, solange es möglich ist.
Zwei Monate bangte Monika, weil sie nicht wusste, wie es weitergeht. Dann lenkte die zuständige Wohngeldstelle ein und zahlt ihr ab Dezember das Wohngeld weiter.
Worauf müssen Sie achten?
Wohnen gegen Hilfe ist vollkommen legal, allerdings nicht durch Anträge bei Behörden, sondern privat organisiert. Wohngeld ist hingegen eine staatliche Sozialleistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht.
Behörden kennen oft die Situation nicht
Das Konzept „Wohnen gegen Hilfe“ kommt im bürokratischen Alltag der Wohngeldstellen nur selten vor, denn in den Städten, die diese Möglichkeit bieten, gibt es im Schnitt nur 15 bis 20 Wohnpartnerschaften pro Jahr.
Die zuständigen Mitarbeiter gehen, wie in Monikas Fall, oft davon aus, dass es sich um ein reguläres Mietverhältnis handelt, bei dem sich die
Bewohner die Miete teilen. Allerdings sahen bei Monika die zuständigen Mitarbeiter ein, dass sie einen Fehler gemacht hatten.
Das Einkommen entscheidet
Beim Rechtsanspruch auf Wohngeld ist das Einkommen entscheidend. Einen ersten Überblick, ob Sie dazu berechtigt sind, finden Sie auf dem Wohngeldrechner des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.
Klären Sie die Situation
Rechtsverbindlich wird es dann, wenn Sie Wohngeld bei Ihrer zuständigen Stelle beantragen. Die Formulare erhalten Sie bei der örtlichen Wohngeldbehörde der Gemeinde-, Amts-, Stadt- oder Kreisverwaltung. Dort werden Sie auch beraten, und bei der Beratung können Sie gleich angeben, dass Sie die Möglichkeit „Wohnen gegen Hilfe“ nutzen und klären, dass Sie weiterhin die volle Miete allein bezahlen.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.