Schuldnerberatung warnt vor Verschuldung durch hohe Gaspreise

Lesedauer 3 Minuten

Schon jetzt gegensteuern, um Überschuldung zu verhindern

Die Schuldnerberatung befürchtet einen Ansturm von überschuldeten Menschen. Durch höhere Lebensmittelpreise, teurem Strom und extreme Energiekosten, werden viele Menschen ein “finanzielles Desaster” im Frühjahr nächsten Jahres erleben. Allerdings sollten Betroffene nicht abwarten, sondern schon jetzt gegensteuern, empfiehlt der Schuldnerberater der AWO, Wolfgang Hunner.

Nicht darauf warten, dass es Schlimmer wird

Alle Menschen, die bereits heute sehr knapp rechnen und wirtschaften müssen, sollten sich bereits jetzt so schnell es geht, mit der kommenden Zeit auseinandersetzen. Dabei kann die Schuldnerberatung bereits jetzt unterstützen, sagt Hunner.

Die Energielieferanten und Stadtwerke haben vielerorts schon jetzt die Abschläge zwischen 30 und 50 Prozent erhöht. Zusätzlich muss mit weiteren Preissteigerungen auf breiter Front gerechnet werden. Lebensmittel und Benzin sowie zahlreiche weitere Güter zum täglichen Leben, werden sich auch in den nächsten Wochen und Monaten preislich weiter erhöhen.

Ausgaben und Einnahmen gegenüberstellen

Wer jetzt anfängt den Kopf in den Sand zu stecken, verschlimmere nur die Situation. Stattdessen sollten alle Einnahmen und Ausgaben gut strukturiert zusammengefasst werden. „Jetzt müssen die Ausgaben auf den Tisch, um sich einen Überblick zu verschaffen“, rät Hunner gegenüer dem Donaukurier.

Als nächster Schritt muss ein Haushaltsplan aufgestellt werden, um die laufenden Kosten zu prüfen. Viele Menschen wüssten nicht im Einzelnen, wofür sie wieviel Geld tatsächlich ausgeben. Ein Beispiel nannte Hunner. „Benzin für das Auto hat man auf dem Schirm, aber dann werden die Steuer und anfallende Reparaturen vergessen.“

Warum ein Haushaltsplan wichtig ist

Deshalb sollten in einem Haushaltsplan auch alle Ausgaben gelistet werden. Eine Schuldnerberatungsstelle kann dabei helfen, jeden einzelnen Punkt durchzugehen. Eine gute Vorlage bieten auch Kontoauszüge, um sich zunächst einen Gesamtüberblick zu verschaffen.

Konnte dieser erste Schritt vollzogen werden, heißt es nun Einsparpotenziale zu identifizieren. Unerlässlich sei laut Hunner auch, festgelegte Budgets für zum Beispiel Lebensmitteleinkäufe zu setzen. Die Schuldnerberatung nennt diese Methode “Einkauf nach Kassenlage”. Dabei dürfe man sich nicht fragen, was man gerne hätte, sondern wie viel Geld tatsächlich zur Verfügung steht.

Jede Einsparmöglichkeit identifizieren

Um erst nicht in die Schuldenfalle zu tappen, heißt es, jede Einsparmöglichkeit aufzuspüren. „Dann muss ich fragen: Wollen Sie Auto fahren oder wollen Sie eine Wohnung haben?“, sagt der Experte.

Die aktuelle Lage ist bereits jetzt schwierig und wird in den nächsten Monaten noch problematischer. Nämlich spätestens dann, wenn im Frühjahr nächsten Jahres die Nebenkostenabrechnungen in den Briefkästen landen. Spätestens Mitte des nächsten Jahres wird es einen Ansturm auf die Schuldnerberatungsstellen geben, warnt Hunner.

Vor allem bei privaten Vermietern hat sich noch nicht herumgesprochen, dass es besser sei, die Abschlagszahlungen vor dem Heizwinter zu erhöhen. „Tun sie das nicht, kommt im Frühjahr das böse Erwachen.“

Wer Hartz IV oder Sozialgeld bezieht, bei denen werden die Jobcenter die hohen Nachzahlungen durch das Jobcenter auf Antrag übernommen. Aber: nur im angemessenen Rahmen. Die Mehrkosten dürfen nicht selbst verschuldet sein. “Das dürfte bei den wenigsten der Fall sein”.

Hohe Nebenkostenabrechnungen erwartet

Arbeitnehmer, die nur einen Mindestlohn erhalten, werden arge Probleme bekommen, die hohen Nebenkostenzahlungen auf einen Schlag zu zahlen. Aus diesem Grund sollten Betroffene möglichst frühzeitig den Kontakt zum Vermieter suchen, damit der Abschlag bereits jetzt angehoben wird, um ein späteres böses Erwachen zu verhindern.

Anmerkung durch die Redaktion: Es könnte möglich sein, im Monat der hohen Nachzahlung einen Hartz-IV-Anspruch als aufstockende Leistung zu beantragen. Alles weitere dazu, erfahren Sie hier.

Wer darüber nachdenkt, in eine günstigere Wohnung zu ziehen, könnte enttäuscht werden. Der Wohnungsmarkt scheint wie leergefegt zu sein. „Ich habe viele Klienten, die haben Schwierigkeiten, überhaupt eine Wohnung zu finden, selbst wenn sie ein höheres Budget zur Verfügung haben“, berichtet der Berater.

Viele Menschen werden ihre Wohnungen verlieren

Wenn sich die Gaspreise tatsächlich verdrei- oder vervierfachen, könnte es passieren, dass sich sehr viele Menschen nicht mehr ihre Wohnung leisten können, weil die Nebenkosten einfach viel zu hoch sind. Der Schuldnerberater hofft auf ein Moratorium durch die Bundesregierung.

Ein Gesetzesentwurf läge hierfür schon vor. Weniger gut gestellte Mieter würden ein halbes Jahr vor einer Mietkündigung durch ausufernde Heizkosten geschützt bleiben. Noch wurde dieses Moratorium allerdings nicht umgesetzt.

Nicht nur Geringverdiener sind akut in Gefahr. Wenn es so weiter geht, sei auch die sog. Mittelschicht in Gefahr, warnt der Schuldnerberater.

Die nächste Schuldnerberatungsstelle aufsuchen

Betroffene, die sich bereits jetzt Sorgen machen, sollte die nächstgelegene Schuldnerberatungsstelle aufsuchen, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen, bevor die Schuldenspirale sich in Gang setzt.