Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) in Deutschland steht erneut im Fokus der juristischen Auseinandersetzungen. Diesmal beschäftigt sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig mit einer Klage. Eine Frau weigert sich, die Rundfunkgebühren zu zahlen, und hat nach einer für sie ungünstigen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVerwGH) Revision eingelegt.
Ist der Rundfunkbeitrag eine Steuer?
Der erste Hauptgrund der Klägerin für die Anfechtung der Rundfunkbeiträge betrifft die finanzverfassungsrechtliche Einordnung des Rundfunkbeitrags. Die Klägerin argumentiert, dass der Rundfunkbeitrag “in Wahrheit eine Steuer” sei.
Der entscheidende Unterschied zwischen einer Steuer und einer Gebühr besteht darin, dass eine Steuer ohne konkrete Gegenleistung erhoben wird, während eine Gebühr eine konkrete Gegenleistung voraussetzt.
Die Klägerin führt an, dass die Beitragspflichtigen keine Möglichkeit haben, eine Gegenleistung im abgabenrechtlichen Sinne zu erhalten. Dies würde bedeuten, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handelt, für deren Erhebung den Bundesländern jedoch die Gesetzgebungskompetenz fehlt.
Sollte diese Argumentation Bestand haben, wäre der Rundfunkbeitrag aus formalen Gründen verfassungswidrig. Dieses Argument der Klägerin wird nun vom Bundesverwaltungsgericht überprüft.
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Gibt es ein strukturelles Versagen des Öffentlichen Rundfunks?
Der zweite Hauptgrund der Klägerin bezieht sich auf die inhaltliche Ausrichtung des ÖRR. Die Klägerin behauptet, es gebe ein „generelles strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ aufgrund “mangelnder Meinungsvielfalt”.
Dieser Vorwurf ist besonders brisant, da der ÖRR in Deutschland den Auftrag hat, eine ausgewogene und vielfältige Berichterstattung zu gewährleisten.
Die Klägerin argumentiert, dass die Verwaltungsgerichte im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht Feststellungen zu diesem Vorwurf treffen hätten müssen. Diese Aufgabe “dürfe nicht den Aufsichts- und Kontrollgremien des ÖRR (wie Rundfunkräten und Ombudsleuten) überlassen werden”.
Die Möglichkeit, sich mit Beschwerden an diese Organe zu wenden, “sei irrelevant, da die Rechtsweggarantie des Grundgesetzes eine gerichtliche Überprüfbarkeit verlange”, so die Klägerin.
Bisher war die Klägerin mit ihrer Klage gescheitert
Vor dem Münchner Verwaltungsgericht in erster Instanz sowie vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz hatte die Klägerin jeweils verloren.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ließ auch keine Revision mehr zu. Diese Blockade des weiteren Rechtswegs hat das Bundesverwaltungsgericht nun aufgehoben und die Revision zugelassen. Die Entscheidung des BVerwG, die Revision zuzulassen, basiert auf der Begründung, dass die Sache „grundsätzliche Bedeutung“ habe.
Reicht die Beschwerdemöglichkeit aus oder muss sich strukturell etwas verändern?
Das bevorstehende Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verspricht, spannend zu werden. Es wird insbesondere zu klären sein, ob die Selbstverwaltungsgremien des ÖRR bei inhaltlichen Beschwerden ausreichen oder ob den Beitragszahlern in diesen Fällen der Gang vor die Gerichte offenstehen muss.
Die Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen für die Struktur und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland haben. Sollten die Gerichte zu dem Schluss kommen, dass der Rundfunkbeitrag tatsächlich eine Steuer ist oder dass der ÖRR inhaltlich versagt, könnten fundamentale Reformen erforderlich werden.
Wird ein Präzedenzfall geschaffen?
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könnte einen Präzedenzfall schaffen und die Diskussion über die Zukunft des ÖRR in Deutschland neu entfachen. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die obersten deutschen Verwaltungsrichter in Leipzig entscheiden und welche Folgen dies für die Beitragspflicht und die inhaltliche Ausrichtung des ÖRR haben wird. Wir berichten weiter.
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