Rente: So lohnt sich die Flexirente

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Die Flexirente ermöglicht Arbeitnehmern, den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibel zu gestalten. Doch wann ist dieses Modell tatsächlich vorteilhaft, und für wen lohnt es sich besonders? In diesem Artikel zeigen wir die verschiedenen Aspekte der Flexirente und geben Ihnen einen detaillierten Überblick über ihre Vor- und Nachteile.

Was ist die Flexirente?

Die Flexirente ist ein Modell, das seit 2017 in Deutschland existiert. Es ermöglicht Versicherten, bereits vor Erreichen der regulären Altersgrenze eine Teilrente zu beziehen und gleichzeitig in Teilzeit weiterzuarbeiten. Ebenso können Rentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Begrenzung hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird.

Für wen ist die Flexirente geeignet?

Die Flexirente richtet sich an Personen, die:

  • Früher in Rente gehen möchten, aber finanzielle Einbußen minimieren wollen.
  • Teilweise weiterarbeiten möchten, um aktiv zu bleiben oder das Einkommen aufzubessern.
  • Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt durch zusätzliche Beitragszahlungen ausgleichen möchten.

Was sind die Vorteile der Flexirente

  1. Flexibler Übergang in den Ruhestand
    Statt abrupt aus dem Berufsleben auszuscheiden, können Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit schrittweise reduzieren. Dies erleichtert die Anpassung an den Ruhestand und ermöglicht es, weiterhin sozial und beruflich eingebunden zu bleiben.
  2. Hinzuverdienstmöglichkeiten
    Vor Erreichen der Regelaltersgrenze können Rentner bis zu einer bestimmten Grenze hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze gibt es keine Hinzuverdienstgrenzen mehr.
  3. Rentenerhöhung durch zusätzliche Beiträge
    Wer neben dem Rentenbezug weiter arbeitet, zahlt weiterhin Rentenversicherungsbeiträge. Diese erhöhen die spätere Rente, was insbesondere bei längerer Teilzeitarbeit einen spürbaren Effekt haben kann.

Wie funktioniert die Teilrente?

Die Teilrente ermöglicht es, einen prozentualen Anteil der vollen Rente zu beziehen – zwischen 10 und 99 Prozent. Der verbleibende Rentenanspruch erhöht sich entsprechend, wenn die reguläre Altersgrenze erreicht wird. Während des Bezugs der Teilrente können Versicherte weiterhin Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen.

Beispielrechnung: Lohnen sich Teilrente und Weiterarbeit?

Nehmen wir an, ein Arbeitnehmer entscheidet sich mit 63 Jahren für den vorzeitigen Renteneintritt und möchte zu 50 Prozent Teilrente beziehen. Gleichzeitig arbeitet er in Teilzeit weiter und erzielt ein Einkommen.

  • Rentenabschlag: Für 24 Monate vorzeitigen Rentenbezug ergibt sich ein Abschlag von 7,2 Prozent.
  • Teilzeiteinkommen: Das Einkommen aus Teilzeitarbeit wird auf die Rente angerechnet, sofern es die Hinzuverdienstgrenze überschreitet.
  • Steuern und Sozialabgaben: Beide Einkommensarten werden zusammengelegt, was zu einer höheren Steuerprogression führen kann.

In vielen Fällen bleibt durch die Kombination aus Teilrente und Teilzeitarbeit netto mehr übrig, als wenn nur die volle Rente bezogen würde.

Wann lohnt sich die Flexirente besonders?

Für langjährig Versicherte

Personen mit mehr als 45 Beitragsjahren können die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nehmen. Wenn sie zusätzlich weiterarbeiten, können sie ihre Rente ohne Abschläge beziehen und durch zusätzliche Beiträge weiter erhöhen.

Bei hoher beruflicher Nachfrage

Fachkräfte, die auf dem Arbeitsmarkt stark gefragt sind, können durch Weiterarbeit nicht nur finanziell profitieren, sondern auch ihre Expertise weiterhin einbringen. Arbeitgeber sind oft bereit, flexible Arbeitszeitmodelle anzubieten, um erfahrene Mitarbeiter zu halten.

Zur Vermeidung von Rentenabschlägen

Wer Rentenabschläge minimieren oder ausgleichen möchte, kann durch zusätzliche Beitragszahlungen während der Weiterarbeit seine Rentenansprüche erhöhen.

Wichtige Überlegungen vor der Entscheidung für die Flexirente

Es gibt zahlreiche Faktoren, die individuell geprüft werden müssen, um die finanziellen und persönlichen Auswirkungen der Flexirente vollständig zu verstehen.

1. Individuelle Rentenberechnung und Rentenauskunft

Es ist unerlässlich, eine aktuelle Rentenauskunft bei der Deutschen Rentenversicherung anzufordern. Diese Auskunft enthält detaillierte Informationen über:

  • Die zu erwartende Rentenhöhe: Hier wird aufgeführt, wie hoch die monatliche Rente zum regulären Rentenbeginn sein wird.
  • Mögliche Rentenabschläge: Bei vorzeitigem Renteneintritt werden Abschläge fällig, die pro Monat des früheren Bezugs berechnet werden.
  • Zusätzliche Entgeltpunkte: Durch Weiterarbeit können zusätzliche Entgeltpunkte gesammelt werden, die die Rentenhöhe erhöhen.

2. Steuerliche Auswirkungen

Die Kombination aus Rentenbezug und Erwerbseinkommen kann das zu versteuernde Einkommen erheblich erhöhen. Folgende Punkte sollten beachtet werden:

  • Progressionsvorbehalt: Durch die Zusammenlegung von Renteneinkünften und Arbeitseinkommen kann man in eine höhere Steuerprogression rutschen.
  • Steuerfreibeträge: Der steuerfreie Anteil der Rente ist vom Rentenbeginn abhängig. Ein späterer Rentenbeginn kann den steuerpflichtigen Anteil erhöhen.
  • Absetzbarkeit von Beiträgen: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie bestimmte Vorsorgeaufwendungen können steuermindernd wirken.

3. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Die Weiterarbeit nach Renteneintritt hat Auswirkungen auf die Sozialversicherung:

  • Krankenversicherung: Rentner sind in der Regel in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Bei zusätzlichem Erwerbseinkommen können sich die Beiträge erhöhen.
  • Pflegeversicherung: Beiträge zur Pflegeversicherung sind ebenfalls zu leisten und richten sich nach dem Gesamteinkommen.
  • Arbeitslosenversicherung: Bei Teilzeitarbeit besteht weiterhin Versicherungspflicht, was Ansprüche auf Arbeitslosengeld sichern kann.
  • Unfallversicherung: Der Versicherungsschutz bleibt bei Beschäftigung bestehen.

4. Arbeitsrechtliche Überlegungen

Die Umsetzung der Flexirente erfordert eine Abstimmung mit dem Arbeitgeber:

  • Anpassung des Arbeitsvertrags: Änderungen der Arbeitszeit oder des Beschäftigungsumfangs müssen vertraglich festgehalten werden.
  • Kündigungsschutz: Ältere Arbeitnehmer genießen einen besonderen Kündigungsschutz, der bei Veränderung des Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden sollte.
  • Urlaubsanspruch: Bei Teilzeitbeschäftigung kann sich der Urlaubsanspruch verändern. Es gilt zu klären, wie viele Urlaubstage zustehen.
  • Betriebliche Altersvorsorge: Weiterarbeit kann Einfluss auf Ansprüche aus einer betrieblichen Altersvorsorge haben.

5. Finanzielle Planung und Liquidität

Die finanzielle Situation im Ruhestand sollte realistisch eingeschätzt werden:

  • Lebenshaltungskosten: Eine genaue Aufstellung der monatlichen Ausgaben hilft, den finanziellen Bedarf zu ermitteln.
  • Ersparnisse und Vermögen: Rücklagen können genutzt werden, um Einkommenslücken zu schließen oder Rentenabschläge zu kompensieren.
  • Inflationsrate: Die Kaufkraft der Rente kann durch Inflation sinken. Dies sollte in der langfristigen Planung berücksichtigt werden.
  • Schulden und Verbindlichkeiten: Laufende Kredite oder finanzielle Verpflichtungen müssen weiterhin bedient werden können.

6. Persönliche Lebensumstände und Gesundheit

Neben finanziellen Aspekten spielen auch persönliche Faktoren eine Rolle:

  • Gesundheitszustand: Die körperliche und geistige Verfassung kann beeinflussen, ob eine Weiterarbeit sinnvoll und möglich ist.
  • Familienverhältnisse: Verpflichtungen gegenüber Angehörigen oder Pläne für gemeinsame Aktivitäten können die Entscheidung beeinflussen.
  • Freizeitgestaltung: Überlegungen, wie die zusätzliche Freizeit im Ruhestand genutzt werden soll, können den Wunsch nach Weiterarbeit verstärken oder vermindern.
  • Berufliche Zufriedenheit: Wer Freude an der Arbeit hat und sich im Beruf erfüllt fühlt, wird eher zur Weiterarbeit neigen.

7. Gesetzliche Rahmenbedingungen und zukünftige Entwicklungen

Die gesetzlichen Bestimmungen zur Rente können sich ändern:

  • Anpassungen des Renteneintrittsalters: Zukünftige Reformen könnten das reguläre Rentenalter erhöhen.
  • Änderungen bei Rentenabschlägen: Gesetzesänderungen könnten die Abschläge für vorzeitigen Renteneintritt beeinflussen.
  • Sozialabgaben: Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung könnten angepasst werden.
  • Steuerliche Regelungen: Steuerfreibeträge und -sätze unterliegen politischen Entscheidungen.

Aktuelle Informationen und Prognosen sollten berücksichtigt werden, um langfristig gut aufgestellt zu sein.

8. Beratung durch Fachleute

Die Komplexität des Themas erfordert oft professionelle Unterstützung:

  • Rentenberater: Unabhängige Rentenberater können individuelle Berechnungen anstellen und bei der Antragstellung unterstützen.
  • Steuerberater: Sie helfen, steuerliche Optimierungen zu identifizieren und steuerliche Pflichten zu erfüllen.
  • Sozialverbände und Gewerkschaften: Diese bieten oft kostenlose Beratungen und Informationsmaterialien an.
  • Versicherungsberater: Bei Fragen zur Kranken- und Pflegeversicherung können sie wertvolle Hinweise geben.

9. Alternative Optionen prüfen

Neben der Flexirente gibt es weitere Möglichkeiten, den Übergang in den Ruhestand zu gestalten:

  • Altersteilzeit: Modell, bei dem die Arbeitszeit vor dem Renteneintritt reduziert wird.
  • Vorruhestandsregelungen: Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber über einen vorzeitigen Austritt aus dem Berufsleben.
  • Weiterbildung und Umschulung: Nutzung von Angeboten, um sich für andere Tätigkeiten zu qualifizieren.
  • Selbstständigkeit: Gründung eines eigenen Unternehmens oder freiberufliche Tätigkeiten im Ruhestand.

10. Zeitliche Planung und Fristen

Die rechtzeitige Planung ist entscheidend:

  • Antragsfristen: Rentenanträge sollten mindestens drei Monate vor dem gewünschten Rentenbeginn gestellt werden.
  • Kündigungsfristen: Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind vertragliche und gesetzliche Fristen zu beachten.
  • Überbrückungszeiten: Eventuelle Wartezeiten zwischen Beschäftigungsende und Rentenbeginn müssen finanziell überbrückt werden.
  • Termine für Beratungsgespräche: Rechtzeitig Termine bei Beratungsstellen vereinbaren, da Wartezeiten möglich sind.