2022 erhielten Neurentner/innen im Schnitt weniger Geld im Monat als die Bestandsrentner/innen. Während die Neurentner/innen pro Monat im Schnitt 1.084 Euro erhielten, lag die Bestandsrente um 15 Euro höher. Dies ergab eine Anfrage der Fraktion der Partei Die Linke an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Neurentner bekommen fast 100 Euro weniger
Deutlicher ist der Rückgang sogar noch, wenn zwischen Männern und Frauen unterschieden wird. Der Deutschen Rentenversicherung zufolge zeigt sich bei männlichen Neurentnern mit durchschnittlich 1.275 Euro monatlich sogar eine Differenz von 98 Euro gegenüber Bestandsrentnern, die bei 1.373 Euro liegen.
Unterschiede zwischen Ost und West
Bei Frauen in Westdeutschland gab es hingegen ein Plus von 20 Euro im Vergleich zwischen Bestandsrentnerinnen und jenen, die neu Rente beziehen. In Ostdeutschland sinken bei Neurentnerinnen hingegen ebenfalls die Bezüge.
Der Osten ist in einer speziellen Situation, weil Rentnerinnen hier oft höhere Lebensarbeitszeiten vorweisen können und damit höhere Beitragszahlungen einbezogen werden. Gerade deswegen zeigt sich hier der Rückgang aber auch besonders stark. So sanken die Bezüge von Bestands- im Vergleich zu Neurentnerinnen um 46 Euro pro Monat. Der Untersched liegt zwischen 1.155 Euro und 1.109 Euro.
„Sehr bedenklich“
Der Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Dietmar Bartsch, bezeichnet diese Entwicklung der gesetzlichen Renten als „sehr bedenklich“ und sagte wörtlich: „Wenn Neurentner weniger Geld in der Tasche habe als Bestandsrentner, ist das eine fatale Entwicklung“.
Er schließt, dass die Renten keineswegs stabil seien, wie dies der Bundeskanzler Olaf Scholz behaupte. Bartsch zufolge zeige sich, dass Menschen mit niedrigen Löhnen und prekärer Erwerbsarbeit jetzt in der Altersrente ankämen. Dies betreffe besonders den Osten.
Bartsch fordert eine Rentenreform
Dietmar Bartsch sagt: „Wir brauchen eine große Rentenreform und eine Lohnoffensive in Deutschland. „Erste Schritte als Inflationsausgleich wären, die Renten um zehn Prozent und den Mindestlohn auf 14 Euro zu erhöhen!“
Rente und Niedriglohn
Niedrige Löhne und niedrige Renten sind unmittelbar verknüpft, denn die Rente berechnet sich aus den Beiträgen, die Arbeitende während ihres Erwerbsleben in die Kasse einzahlen. Auch Teilzeitbeschäftigung, Minijobs und Unterbrechungen der Erwerbsarbeit führen zu Rentenverlusten.
Wer mehr verdient, zahlt mehr ein und erhält auch mehr Rente – wer kaum verdient, zahlt weniger ein und bekommt später auch weniger.
Der Sozialverband Deutschland schreibt: „Menschen, die ihr Leben lang mit guter Bezahlung gearbeitet haben, können von der gesetzlichen Rente leben. Wenn man weniger arbeiten konnte oder wenig verdient hat, reicht auch die Rente im Alter nicht.“
Jeder und jede sechste ist betroffen
2022 verdienten mehr als 3,6 Millionen Beschäftigte weniger als zwei Drittel des mittleren monatlichen Bruttolohns sozalversicherungspflichtiger Vollbeschäftigter. Damit lag deutschlandweit jeder und jede mit sozialversicherungspflichtiger Vollbeschäftigung unter der Niedriglohnschwelle, das sind 16,5 Prozent.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.