Rente: Regelaltersgrenze erreicht – So den Job trotzdem behalten

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Mit 67 ist fรผr viele Beschรคftigte lรคngst nicht Schluss. Wer die Regelaltersgrenze erreicht, kann weiterarbeiten, die Rente aufschieben oder beides kombinieren โ€“ und damit seine Situation spรผrbar verbessern. Entscheidend ist nicht der Geburtstag, sondern was im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag und im Sozialversicherungsrecht steht.

Kein automatisches Jobende mit Erreichen der Regelaltersgrenze

Ein unbefristetes Arbeitsverhรคltnis endet nicht automatisch, nur weil jemand 66 oder 67 wird oder einen Rentenanspruch hat. Weder der bloรŸe Anspruch auf eine Altersrente noch der Rentenbescheid sind ein Kรผndigungsgrund.

Endet der Vertrag dennoch โ€žvon selbstโ€œ, liegt in aller Regel eine Altersgrenzenklausel zugrunde, etwa mit der Formulierung, dass das Arbeitsverhรคltnis mit Ablauf des Monats endet, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird.

Fehlt eine solche Regelung im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag, lรคuft das Arbeitsverhรคltnis weiter. Wer dann aufhรถren will, muss selbst kรผndigen oder einen Aufhebungsvertrag schlieรŸen. Der Arbeitgeber kann nicht allein wegen des Alters kรผndigen, sondern benรถtigt โ€“ wie bei jรผngeren Beschรคftigten โ€“ einen Kรผndigungsgrund und muss die Vorgaben des Kรผndigungsschutzgesetzes beachten.

Altersgrenzenklauseln als entscheidender Faktor

Viele Arbeitgeber nutzen Altersgrenzen, um den Ruhestand planbar zu machen. Solche Klauseln sind zulรคssig, wenn sie klar an die Regelaltersgrenze anknรผpfen, transparent formuliert sind und in Textform vereinbart wurden. In zahlreichen Branchen, etwa im รถffentlichen Dienst oder im Gesundheitswesen, regeln Tarifvertrรคge das Ausscheiden.

Wer einen Arbeitsvertrag mit Tarifverweis hat, sollte rechtzeitig prรผfen, ob eine Altersgrenze vorgesehen ist, ob sie wirksam einbezogen wurde und ob Formfehler vorliegen. Ist eine Altersgrenzenregelung unwirksam, endet das Arbeitsverhรคltnis nicht automatisch mit Erreichen der Regelaltersgrenze โ€“ ein Punkt, der im Streitfall entscheidend sein kann.

Weiterarbeiten, Rente aufschieben oder beides kombinieren?

Wer die Regelaltersgrenze erreicht, hat im Kern drei Strategien zur Auswahl.

Rente aufschieben und voll weiterarbeiten

Wer keinen Rentenantrag stellt und weiterarbeitet, verschiebt den Rentenbeginn nach hinten. Fรผr jeden Monat des Aufschubs erhรถht sich die spรคtere Rente dauerhaft um 0,5 Prozent, also um 6 Prozent pro Jahr, zusรคtzlich zu den Entgeltpunkten aus den laufenden Beitrรคgen.

Fรผr Personen mit stabilem Gesundheitszustand und gutem Einkommen kann sich so ein erheblicher Rentenzuschlag aufbauen, der das Ruhestandseinkommen dauerhaft stรคrkt.

Rente beziehen und trotzdem im Job bleiben

Die zweite Option besteht darin, bereits eine Altersrente zu beziehen und weiterzuarbeiten. Seit 2023 gibt es bei der Altersrente keine Hinzuverdienstgrenzen mehr, das heiรŸt, Rentenbezieher kรถnnen grundsรคtzlich beliebig viel hinzuverdienen, ohne Rentenkรผrzungen befรผrchten zu mรผssen.

Damit rรผcken Steuern und Sozialabgaben in den Mittelpunkt: Wer hohe Nebeneinkรผnfte erzielt, sollte unbedingt prรผfen, wie sich das zusรคtzliche Einkommen auf die Steuerprogression und auf Beitragspflichten auswirkt.

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Gleitender รœbergang mit Teilzeit und Teilrente

Als dritte Variante eignet sich ein gleitender รœbergang. Viele reduzieren allmรคhlich ihre Arbeitszeit, kombinieren Teilzeit mit Voll- oder Teilrente und passen ihren Lebensstandard Schritt fรผr Schritt an. Solche Modelle lassen sich, sofern beide Seiten einverstanden sind, relativ flexibel gestalten.

Welche Strategie sinnvoll ist, hรคngt von Einkommen, Gesundheit, familiรคrer Situation und persรถnlichen Plรคnen ab; eine Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung und eine steuerliche Beurteilung verhindern teure Fehlentscheidungen.

Sozialversicherung: Wie sich Beitrรคge im Rentenalter verรคndern

Wer nach der Regelaltersgrenze weiterarbeitet, bleibt formal Arbeitnehmer, sozialversicherungsrechtlich verschieben sich aber wichtige Parameter, die direkt das Nettoeinkommen betreffen.

Rentenversicherung nach Erreichen der Regelaltersgrenze

Mit Beginn einer Vollrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze besteht grundsรคtzlich Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung. Der Arbeitgeber zahlt zwar weiterhin seinen Beitragsanteil, dieser erhรถht die Rente jedoch nicht automatisch.

Wer seine Rente weiter steigern will, kann schriftlich auf die Versicherungsfreiheit verzichten und den eigenen Beitragsanteil zahlen. Dann werden die Beitrรคge aus dem Job jรคhrlich in zusรคtzliche Entgeltpunkte umgerechnet und zum 1. Juli des Folgejahres gutgeschrieben. Gerade bei lรคngerer Weiterarbeit kรถnnen diese Zuschlรคge die Rente deutlich anheben.

Beitrรคge zur Kranken- und Pflegeversicherung

In der Kranken- und Pflegeversicherung fallen Beitrรคge sowohl auf die laufende Rente als auch auf das Arbeitsentgelt an, sofern es sich um eine versicherungspflichtige Beschรคftigung handelt.

Altersrentner, die weiterarbeiten, bleiben hรคufig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflicht- oder freiwillig versichert und tragen den Arbeitnehmeranteil auf ihr Gehalt, wรคhrend auf die Rente Beitrรคge im Rahmen der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner erhoben werden.

Arbeitslosenversicherung und Minijobs im Blick

Mit Erreichen der Regelaltersgrenze entfรคllt zumeist die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung, neue Ansprรผche auf Arbeitslosengeld I entstehen in der Regel nicht mehr. Wer trotzdem seinen Job verliert, kann sich zwar arbeitsuchend melden, muss aber kaum noch mit klassischen ALG-I-Leistungen rechnen.

Fรผr Minijobs gelten Besonderheiten. Altersrentner kรถnnen auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten und kleine eigene Beitrรคge zahlen, wรคhrend der Arbeitgeber einen pauschalen Beitrag entrichtet.

Auch so lassen sich zusรคtzliche Entgeltpunkte erwerben, was fรผr Rentner mit niedrigen Ansprรผchen eine interessante Option sein kann. Insgesamt sollten insbesondere Personen mit geringer Rente sorgfรคltig prรผfen, ob zusรคtzliche Beitrรคge sich langfristig lohnen und wie sich Mehrverdienste auf Steuern und eventuelle Sozialleistungen auswirken.

Hinausschiebensvereinbarung: So bleibt der Job trotz Altersgrenze erhalten

Selbst wenn im Vertrag oder Tarif eine Altersgrenze vorgesehen ist, muss dies nicht das letzte Wort sein. ยง 41 Satz 3 SGB VI ermรถglicht es, den Beendigungszeitpunkt einvernehmlich hinauszuschieben. Voraussetzung ist eine wirksame Altersgrenzenregelung, die an die Regelaltersgrenze anknรผpft.

Die Hinausschiebensvereinbarung muss geschlossen werden, solange das Arbeitsverhรคltnis noch besteht, also vor dem ursprรผnglich vorgesehenen Enddatum, und sie muss in Textform erfolgen, in der Praxis meist als kurze schriftliche Ergรคnzung.

Spielrรคume und Risiken der Verlรคngerung

Die Verlรคngerung kann auf einen bestimmten Zeitraum befristet werden und nach der Rechtsprechung auch mehrfach hintereinander erfolgen, solange kein Missbrauch erkennbar ist. Problematisch wird es, wenn Verlรคngerungen mit deutlich schlechteren Bedingungen nur fรผr รคltere Beschรคftigte verknรผpft werden; hier droht ein VerstoรŸ gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Wer weiterarbeiten mรถchte, sollte daher frรผhzeitig mit dem Arbeitgeber sprechen und eine saubere Hinausschiebensvereinbarung schlieรŸen, statt kurz vor der Altersgrenze unter Zeitdruck zu handeln.

Aktivrente ab 2026: Steuerbonus fรผr weiterarbeitende Rentner

Mit der geplanten Aktivrente setzt die Politik ein deutliches Signal fรผr lรคngeres Arbeiten. Vorgesehen ist ein Start zum 1. Januar 2026. Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und sozialversicherungspflichtig weiterarbeitet, soll auf einen Teil des Erwerbseinkommens einen steuerlichen Freibetrag von bis zu 2.000 Euro im Monat erhalten.

Begรผnstigt werden abhรคngig Beschรคftigte; Selbststรคndige, Minijobber und Beamte sollen den Freibetrag voraussichtlich nicht nutzen kรถnnen.

Damit wรผrde sich das Weiterarbeiten doppelt lohnen: Die Rente steigt durch spรคtere Inanspruchnahme und zusรคtzliche Beitrรคge, wรคhrend ein Teil des Arbeitseinkommens steuerfrei bleibt.

Kritiker bemรคngeln, dass vor allem gut verdienende Fachkrรคfte profitieren, wรคhrend Menschen mit niedrigen Lรถhnen oder gesundheitlichen Einschrรคnkungen faktisch kaum lรคnger arbeiten kรถnnen. Fรผr alle, die zeitlich flexibel in den Ruhestand gehen kรถnnen, ist es trotzdem sinnvoll, die kรผnftigen Regeln bereits heute in die eigene Planung einzubeziehen.

Typische Fehler โ€“ und wie man sie vermeidet

Der hรคufigste Fehler besteht darin, einfach abzuwarten. Wer seinen Vertrag und den einschlรคgigen Tarifvertrag nicht prรผft, merkt womรถglich zu spรคt, dass eine Altersgrenzenklausel greift und der Job tatsรคchlich mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet.

Ein spรคterer Rechtsstreit รผber die Wirksamkeit der Klausel ist dann schwierig. Ebenso riskant ist es, einen Rentenantrag zu stellen, ohne Steuern, Sozialabgaben und mรถgliche Zuschlรคge fรผr spรคteren Rentenbeginn grob durchzurechnen.

Hinzu kommt, dass viele auf professionelle Beratung verzichten, obwohl die Kombination aus Rentenrecht, Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht komplex ist.

Wer rechtzeitig mit der Deutschen Rentenversicherung spricht, Lohnsteuerhilfe, Sozialverbรคnde oder Fachanwรคlte einbezieht, kann die eigene Situation realistisch einschรคtzen und die passende Strategie wรคhlen, statt sich von Mythen und Halbwissen leiten zu lassen.