Rente: Fiese Falle Finanzamt: Sowas passiert, wenn Rentner keine Steuererklärung abgeben

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Als die heute 76-jährige Rentnerin – nennen wir sie Frau M. – Anfang Mai 2024 Post vom Finanzamt erhielt, ahnte sie nichts Gutes. Zwölf Jahre zuvor hatte dieselbe Behörde ihr auf Anfrage schriftlich bestätigt, sie müsse keine Einkommensteuererklärung mehr abgeben.

Nun forderte das Finanzamt sie rückwirkend ab 2020 zur Erklärung auf und stellte gleich einen Nachzahlungsbescheid über rund 3 300 Euro aus, davon 650 Euro allein an Säumnis- und Nachzahlungszinsen.

Eine vierteljährliche Vorauszahlung von 145 Euro soll zusätzlich fällig werden. Für viele Betroffene wie Frau M. wird damit schmerzlich sichtbar, dass eine frühere Einschätzung der Finanzverwaltung keineswegs ein lebenslanges Freilos ist.

Rentenerhöhungen als Steuerfalle

Das Problems liegt in den jährlichen Rentenanpassungen. Seit Frau M. im Jahr 2011 erstmals Rente bezog, wurde ihre monatliche Zahlung fast jedes Jahr angehoben.

Diese Erhöhungsbeträge unterliegen – anders als der sogenannte Besteuerungsanteil der Rentenbasis – in voller Höhe der Einkommensteuer. Das bedeutet, dass jede prozentuale Anpassung das steuerpflichtige Gesamteinkommen Schritt für Schritt steigen lässt.

Die Deutsche Rentenversicherung weist ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche künftigen Rentenanpassungen „in voller Höhe steuerpflichtig“ sind und den bereits versteuerten Anteil erhöhen.

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Achtung bei Nachgelagerter Besteuerung

Seit der Reform 2005 gilt für Renten die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Ausgangspunkt ist der Besteuerungsanteil, der sich nach dem Jahr des Rentenbeginns richtet.

Für Neurentner 2005 lag er noch bei 50 Prozent; seither steigt er stufenweise an und erreicht 2040 die 100-Prozent-Marke. Ab dem Jahr 2023 verlangsamt sich der Anstieg auf 0,5 Prozentpunkte pro Jahr, doch selbst wer 2025 erstmals Rente bezieht, muss bereits 83,5 Prozent seiner Bruttorente versteuern.

Für Bestandsrentner wie Frau M. erzeugen die nachgelagerten Regeln vor allem durch die Rentenanpassungen einen schleichenden Übergang in die Steuerpflicht.

Grundfreibetrag ist keine Garantie

Hinzu kommt, dass der steuerliche Grundfreibetrag zwar regelmäßig angehoben wird, seine Schutzwirkung jedoch begrenzt bleibt. Für 2025 liegt er bei 12 096 Euro für Alleinstehende; bis zu dieser Höhe bleibt das zu versteuernde Einkommen steuerfrei.

Doch wer mehrere Einkommensquellen, etwa eine gesetzliche Rente, eine Betriebsrente oder Kapitaleinkünfte, bezieht, überschreitet die Schwelle rasch. Rentnerinnen und Rentner, die sich allein auf ältere Freistellungsmitteilungen verlassen, können so unverhofft in die Steuerpflicht rutschen – spätestens wenn das Finanzamt in Stichproben die gemeldeten Rentendaten überprüft.

Was Betroffene jetzt tun können

In Fällen wie dem von Frau M. empfiehlt sich zunächst ein fristgerechter Einspruch gegen den Steuerbescheid. Parallel kann man beim Finanzamt die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragen, um Zeit zu gewinnen.

Kommt das Amt dem nicht entgegen, sollte zumindest eine ratierliche Zahlung vereinbart werden; in der Praxis zeigt sich die Behörde häufig gesprächsbereit, wenn realistische Raten angeboten werden.

Unabhängig davon gilt: Wer in den letzten Jahren keine Steuererklärung abgegeben hat, sollte dringend prüfen, ob er nachträglich zur Abgabe verpflichtet ist. Steuerberater, Lohnsteuer-Hilfevereine oder entsprechende Softwarelösungen bieten hierbei Hilfe. Nachzahlungszinsen lassen sich so zwar nicht immer vermeiden, doch höherer Schaden und strafrechtliche Risiken können begrenzt werden.

Vorsicht durch regelmäßige Prüfung

Der Fall von Frau M. verdeutlicht, dass ein einziges Schreiben des Finanzamts keine lebenslange Steuerfreiheit garantiert. Rentnerinnen und Rentner sollten jedes Jahr prüfen, ob ihr zu versteuerndes Gesamteinkommen den Grundfreibetrag übersteigt und ob sich daraus eine Pflicht zur Steuererklärung ergibt.

Wer die Entwicklung seiner Rentenbezüge im Blick behält und bei steigenden Beträgen frühzeitig reagiert, erspart sich später böse Überraschungen. Denn die nachgelagerte Besteuerung ist zwar gesetzlich gewollt, aber sie wird erst dann richtig teuer, wenn Nachzahlungen und Zinsen zusammenkommen.

Und was ist das Fazit?

Der unerwartete Steuerbescheid von Frau M. ist kein Einzelfall, sondern Symptom eines Systems, in dem Rentnerinnen und Rentner selbst Verantwortung tragen, ihre Steuerpflicht regelmäßig zu überprüfen. Jährliche Rentenerhöhungen, steigende Besteuerungsanteile und ein Grundfreibetrag, der das Wachstum der Renten nicht immer ausgleicht, machen die Steuererklärung für viele zur Pflicht.

Wer darauf vorbereitet ist, kann unangenehme Nachzahlungen verhindern. Wer sie ignoriert, läuft Gefahr, wie Frau M. erst nach Jahren unsanft an seine Mitwirkungspflicht erinnert zu werden.