Rente: 5 Gründe, warum man unbedingt eine Teilrente beantragen sollte

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Wer eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, muss sich nicht zwingend für die Vollrente entscheiden. Seit der Flexirente ist die Rente in nahezu beliebiger Höhe als Teilrente beziehbar – zwischen mindestens 10,00 und höchstens 99,99 Prozent der Vollrente, in frei wählbaren Prozentschritten mit zwei Nachkommastellen.

Das eröffnet Gestaltungsspielräume, die in bestimmten Lebenslagen bares Geld wert sind, Leistungen sichern und die spätere Rentenhöhe erhöhen können. Rechtsgrundlage ist § 42 SGB VI; die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bestätigt ausdrücklich den Rahmen bis 99,99 Prozent.

Pflegende Angehörige: Mit 99,99 Prozent die Rentenpunkte sichern

Pflegepersonen erhalten für die nicht erwerbsmäßige Pflege eines Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 2 Rentenbeiträge von der Pflegekasse, sofern sie regelmäßig mindestens zehn Stunden pro Woche pflegen.

Diese Beitragszahlung endet, wenn die pflegende Person eine Altersvollrente bezieht und die Regelaltersgrenze erreicht hat. Wer stattdessen – auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze – eine Teilrente bezieht, bleibt weiter rentenversicherungspflichtig durch die Pflegekasse, die Beiträge fließen also weiter und erhöhen Jahr für Jahr die spätere Rentenzahlung.

Die DRV empfiehlt hierfür ausdrücklich die 99,99‑Prozent‑Teilrente; so genügt ein Verzicht von 0,01 Prozent der Rente, um die Beitragszahlung fortzusetzen.

Das Bundesgesundheitsministerium beziffert den daraus resultierenden Rentenzuwachs – je nach Pflegesituation – für ein Pflegejahr auf rund 6,61 bis 34,99 Euro monatliche Bruttorente.

Anspruch auf Krankengeld erhalten: Teilrente schützt, Vollrente schließt aus

Wer neben der Rente weiter arbeitet, kann im Krankheitsfall auf Krankengeld angewiesen sein. Der Anspruch endet jedoch mit Beginn einer Altersvollrente.

Bei Bezug einer Teilrente besteht der Anspruch fort – vorausgesetzt, die Teilrente wird bereits bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bezogen; ein späterer Wechsel rettet den Anspruch nicht. § 50 SGB V regelt den Ausschluss des Krankengeldes bei Altersvollrenten, Fachkommentare und Verwaltungshinweise bestätigen die abweichende Bewertung bei Teilrenten. Wer also weiterbeschäftigt ist, kann mit einer minimalen Teilrente von 99,99 Prozent den Krankengeldschutz erhalten.

Abschläge begrenzen, Zuschläge nutzen: Teilrente als Hebel für die endgültige Rentenhöhe

Vorgezogene Altersrenten sind mit dauerhaften Abschlägen verbunden – 0,3 Prozent je vorgezogenem Monat, maximal 14,4 Prozent. Abschläge wirken jedoch nur auf den Teil der Rente, der tatsächlich in Anspruch genommen wird. Wer beispielsweise mit 63 eine Altersrente für langjährig Versicherte als 50‑Prozent‑Teilrente bezieht, belastet nur die Hälfte seiner Entgeltpunkte mit dem Abschlag; die übrigen Entgeltpunkte bleiben zunächst unangetastet.

Mit Erreichen der Regelaltersgrenze kann der bisher nicht bezogene Teil ohne den früheren Abschlag hinzukommen. Zudem erhöht § 77 SGB VI den Zugangsfaktor für Rententeile, die nach der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen wurden, um 0,5 Prozent pro Monat.

Die DRV erläutert diese Zuschläge ausdrücklich; sie gelten sowohl beim vollständigen Aufschub als auch für nicht bezogene Rententeile.

Wichtig ist zugleich die Bindungswirkung: Wer eine Altersrente – auch als Teilrente – mit Abschlägen bindend bewilligt bekommen hat, kann später nicht in eine andere Altersrentenart wechseln, etwa in die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte. § 34 Abs. 2 SGB VI und die Rechtsprechung schließen einen solchen Rentenwechsel nach Bestandskraft aus. Eine vorausschauende Beratung ist daher unerlässlich.

Steuern steuern: Früh mit Mini‑Teilrente starten und den Freibetrag sichern

Der steuerpflichtige Anteil neu beginnender Renten steigt weiter – allerdings seit 2023 in Halbprozent‑Schritten. Für Rentenbeginn 2025 beträgt der Besteuerungsanteil 83,5 Prozent; 16,5 Prozent bleiben lebenslang steuerfrei.

2026 sinkt der Rentenfreibetrag auf 16,0 Prozent, 2030 auf 14,0 Prozent. Wer den frühestmöglichen Rentenbeginn eigentlich nicht nutzen möchte, kann mit einer kleinen 10‑Prozent‑Teilrente im Dezember des maßgeblichen Jahres den höheren Freibetrag „festschreiben“.

Die damit verbundenen Abschläge betreffen nur diesen kleinen Teil, während die später aufgenommenen 90 Prozent – etwa zum Erreichen der Regelaltersgrenze – ohne diesen frühen Abschlag laufen. Grundlage für die aktuellen Freibetragswerte ist die vom Bundesfinanzministerium veröffentlichte Übersicht zur Rentenbesteuerung 2025.

Ob sich dieser Schritt lohnt, hängt von individuellen Voraussetzungen ab, insbesondere davon, ob die 45‑Jahre‑Wartezeit für die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte erreichbar ist.

Familienversicherung statt freiwilliger GKV: Mit Teilrente unter die Einkommensgrenze

Nicht alle Rentner sind in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Wer die Vorversicherungszeiten nicht erfüllt, zahlt häufig als freiwilliges Mitglied erhebliche Beiträge – selbst bei niedriger Rente, denn es gilt eine monatliche Mindestbemessungsgrundlage.

Für 2025 werden mindestens 1.248,33 Euro als Einkommen angesetzt; je nach Kasse führt das zu Beiträgen von deutlich über 200 Euro im Monat.

Eine Alternative kann die beitragsfreie Familienversicherung über den gesetzlich versicherten Ehepartner sein, sofern das eigene regelmäßige Gesamteinkommen die Grenze von 535 Euro monatlich (2025) nicht überschreitet; bei Minijobs gilt eine erhöhte Grenze von 556 Euro.

Nach den Grundsätzlichen Hinweisen des GKV‑Spitzenverbandes ist die Wahl einer Teilrente ausdrücklich kein unzulässiger Verzicht auf Sozialleistungen. Wer durch eine passend bemessene Teilrente die Einkommensgrenze unterschreitet, kann familienversichert werden, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

Damit entfallen die eigenen Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträge – eine Rechnung, die sich lohnen kann, wenn die eingesparten Beiträge höher sind als der Teil der Rente, auf den dauerhaft verzichtet wird.

Antrag und Verfahren: Einfach beantragen, Änderungen ab Folgemonat

Die Teilrente lässt sich direkt im Rentenantrag wählen; der gewünschte Prozentsatz wird eingetragen und gilt ab Rentenbeginn. Wer bereits eine Vollrente erhält, kann jederzeit schriftlich – formlos – in eine Teilrente wechseln oder die Quote anpassen.

Änderungen wirken stets nur für die Zukunft, frühestens ab dem Monat, der auf die Antragstellung folgt. Die DRV stellt klar, dass dieses Wahlrecht beliebig oft ausgeübt werden kann; seit 2023 gelten zudem bei allen Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr.

Achtung Fallstricke: Bindungswirkung, Betriebsrente, Tarifklauseln

Die Entscheidung für eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen entfaltet nach Bestandskraft Bindungswirkung. Ein späterer Wechsel in eine andere Altersrentenart – etwa in die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte – ist dann ausgeschlossen.

Wer taktisch mit Teilrenten arbeiten will, sollte deshalb vorab prüfen, welche Rentenart langfristig die beste ist und ob ein späterer Anspruch auf die 45‑Jahre‑Rente realistisch wird. Zusätzlich können Teilrenten Auswirkungen auf betriebliche Versorgungen haben.

Teilweise lösen Satzungen und Versorgungsordnungen den Versicherungsfall nur bei Bezug einer Vollrente aus; bei Teilrenten kann der Anspruch entfallen oder auf eine Teil‑Betriebsrente begrenzt werden. Beispiele liefern Praxisfälle aus kommunalen Zusatzversorgungskassen.

Deshalb gilt: Vor einem Wechsel unbedingt den Anbieter der Betriebsrente kontaktieren und sich die Konsequenzen schriftlich bestätigen lassen.

Fazit: Teilrente ist Gestaltung – und Beratungssache

Eine minimal bemessene Teilrente kann Pflegepersonen zusätzliche Rentenpunkte sichern, Erwerbstätigen den Krankengeldanspruch erhalten, vorgezogene Abschläge auf einen begrenzten Rententeil beschränken, steuerlich den höheren Rentenfreibetrag konservieren und in bestimmten Konstellationen den Weg in die beitragsfreie Familienversicherung öffnen.

Weil zugleich Bindungswirkungen, steuerliche Effekte und Wechselwirkungen mit Betriebsrenten zu beachten sind, empfiehlt sich vor jeder Entscheidung eine individuelle Auskunft bei der Deutschen Rentenversicherung sowie gegebenenfalls eine steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Beratung. So lässt sich der rechtliche Gestaltungsspielraum der Teilrente gezielt nutzen – ohne ungewollte Nebenwirkungen.