Die Zeit drängt für rund drei Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland: Der seit Juli 2024 gezahlte Rentenzuschlag wird nur noch viermal überwiesen – im August, September, Oktober und letztmals im November 2025.
Ab dem 1. Dezember 2025 gilt ein neues Berechnungsregime. Rechtsgrundlage des Auslaufens ist § 307j SGB VI; ab Dezember tritt die dauerhaft angelegte Regelung des § 307i SGB VI an seine Stelle. Das Bundesarbeitsministerium beziffert den Kreis der Anspruchsberechtigten auf rund drei Millionen Menschen.
Inhaltsverzeichnis
Warum es den Zuschlag gibt und weshalb er befristet ist
Der Zuschlag ist politisch die Antwort auf Benachteiligungen älterer Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten, insbesondere wegen früher kürzerer Zurechnungszeiten vor den Reformen ab 2019.
Das „EM‑Bestandsrentenverbesserungsauszahlungsgesetz“ von Mai 2024 schuf hierfür eine zweistufige Auszahlung: zunächst ein befristeter, vereinfacht berechneter Zuschlag bis November 2025, anschließend ab Dezember 2025 ein dauerhaft in die Rente integrierter Zuschlag auf Basis persönlicher Entgeltpunkte.
Dies sollte eine schnelle Entlastung ermöglichen, obwohl die vollständige technische Umsetzung der ursprünglichen Bestandsverbesserung bis 2024 nicht realisierbar war.
Wer genau Anspruch hat
Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach § 307j SGB VI hatten alle, die am 30. Juni 2024 eine der genannten Renten bezogen: eine Rente wegen
- Erwerbsminderung oder eine Erziehungsrente mit Beginn zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2018,
- eine Hinterbliebenenrente aus demselben Zeitraum ohne unmittelbar vorausgehenden Rentenbezug der verstorbenen Person,
- eine Altersrente, die unmittelbar an eine solche Erwerbsminderungs- oder Erziehungsrente anschließt,
- sowie bestimmte Hinterbliebenenrenten, die an EM‑ oder Altersrenten anschließen. Diese Tatbestände greifen die Zielgruppe der vor 2019 begonnenen Bestandsrenten auf.
Stufe 1 von Juli 2024 bis November 2025: vereinfachte Berechnung, separate Überweisung
In der ersten Stufe wird der Zuschlag aus dem Zahlbetrag der Rente nach der Rentenanpassung zum 1. Juli 2024 ermittelt. Der maßgebliche Juli‑Zahlbetrag – zuzüglich eines eventuellen Zuschusses nach § 106 SGB VI – wird mit einem Faktor vervielfältigt, der sich aus § 307i Absatz 3 ableitet.
Der Zuschlag beträgt im Regelfall 7,5 Prozent, wenn die begünstigte Rente zwischen Januar 2001 und Juni 2014 begann, und 4,5 Prozent bei Rentenbeginn von Juli 2014 bis Dezember 2018. Die Deutsche Rentenversicherung erläutert diese Systematik in ihren Fachanweisungen.
Die Zahlung erfolgt bewusst getrennt von der laufenden Rente und jeweils zwischen dem 10. und 20. eines Monats. Zahlstelle und Berechnung dieses Zuschlags sind der Deutschen Post AG übertragen; die Betroffenen erhalten dazu eine gesonderte Mitteilung.
Für Pflichtversicherte in der Kranken‑ und Pflegeversicherung trägt der Rentenversicherungsträger die Beiträge auf den Zuschlag; für Hinterbliebenenrenten zählt der Zuschlag zudem nicht als zu berücksichtigendes Einkommen bei der Einkommensanrechnung.
Buzer
Der vereinfacht berechnete Zuschlag verändert sich zum 1. Juli 2025 einmalig im selben Verhältnis wie der aktuelle Rentenwert; die allgemeine Rentenanpassung 2025 beträgt 3,74 Prozent. Außerhalb dieser Anpassung bleibt die Zuschlagshöhe in der ersten Stufe unverändert, selbst wenn sich der Rentenzahlbetrag aus anderen Gründen ändert.
Stufe 2 ab 1. Dezember 2025: Integration in die Monatsrente und Neuberechnung nach Entgeltpunkten
Zum 1. Dezember 2025 wird der Zuschlag als Bestandteil der Rente anhand der persönlichen Entgeltpunkte neu berechnet und in die laufende Monatsrente integriert. Maßgeblich sind die Entgeltpunkte, die der Rente am 30. November 2025 zugrunde liegen; sie werden mit dem Faktor 0,0750 beziehungsweise 0,0450 vervielfältigt – abhängig vom Beginn der begünstigten Rente.
Der Zuschlag bleibt auch erhalten, wenn später eine Altersrente folgt; bei bestimmten Hinterbliebenenrenten ist er ausgeschlossen, wenn die versicherte Person erst nach Vollendung von 65 Jahren und acht Monaten verstorben ist.
Buzer
Die Deutsche Rentenversicherung kündigt ausdrücklich einen weiteren Bescheid über die Weiterzahlung ab Dezember 2025 an. Ab diesem Zeitpunkt erscheint der Zuschlag nicht mehr als separater Zahlungsposten, sondern geht in der ausgewiesenen Rentensumme auf. Betroffene müssen keinen Antrag stellen.
Nachzahlungen und keine Rückforderungen: die 17‑Monate‑Regel
Kommt die integrierte Rente einschließlich des neu berechneten Zuschlags im Dezember 2025 höher heraus als der Zahlbetrag der Rente zuzüglich des bis November gezahlten Zuschlags, muss die Rentenversicherung die Differenz mit dem Faktor 17 multiplizieren und in einer Summe erstatten.
Damit werden die 17 Monate von Juli 2024 bis November 2025 vollständig ausgeglichen. Umgekehrt sieht das Gesetz keine Rückforderung vor, wenn der bis November 2025 gezahlte Zuschlag höher war als der ab Dezember berechnete integrierte Zuschlag.
Auf die Nachzahlung sind für Pflichtversicherte Beiträge nach den am 1. Januar 2025 geltenden Sätzen zu entrichten; die Details regelt § 426 SGB V in Verbindung mit § 60 SGB XI.
Was die Umstellung für die Verwaltung bedeutet – und warum neue Bescheide wichtig sind
Mit dem Übergang auf § 307i SGB VI muss die Deutsche Rentenversicherung die betroffenen Renten neu festsetzen. Fachinformationen der DRV erläutern die Parameter der Neuberechnung; zugleich verweist die Behörde darauf, dass alle Berechtigten automatisch beschieden werden.
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt rät, den neuen Bescheid sorgfältig zu prüfen und bei Zweifeln fristgerecht Widerspruch einzulegen.
Fehlerquellen, offene Fälle und die Rolle des Widerspruchs
Die vereinfachte Stufe‑1‑Berechnung ist komplex, weil sie an den individuellen Zahlbetrag im Juli 2024 anknüpft und Sonderkonstellationen – etwa Einkommensanrechnungen bei Hinterbliebenenrenten oder Änderungen in der Kranken‑ und Pflegeversicherungspflicht – gesetzlich normiert berücksichtigt.
Beratungsstellen berichten von Fällen, in denen Beträge zunächst zu niedrig ausfielen oder einzelne Monate nicht erfasst wurden. Solche Hinweise sind nicht amtlich belegt, unterstreichen aber die Bedeutung einer Prüfung der Mitteilungen und der späteren Neufestsetzung.
Die DRV stellt klar, dass Differenzen zum Dezember 2025 gesetzlich auszugleichen sind; darüber hinaus besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch einzulegen, im Ausland innerhalb von drei Monaten.
Steuern und Abgaben: Was vom Zuschlag bleibt
Der Rentenzuschlag ist eine monatliche Rentenleistung und gehört damit zu den steuerpflichtigen Renteneinkünften nach § 22 EStG. Ob und in welcher Höhe Einkommensteuer anfällt, hängt vom individuellen Besteuerungsanteil und vom Überschreiten des Grundfreibetrags ab.
Für die Zeit der getrennten Auszahlung trägt die Rentenversicherung die Beiträge zur gesetzlichen Kranken‑ und Pflegeversicherung; bei der pauschalen Nachzahlung nach § 307j Absatz 5 gelten die Beitragssätze zum 1. Januar 2025. Für Detailfragen zur Besteuerung verweist die DRV auf die Finanzverwaltung.
Konsequenzen bei Rentenwechseln und Sonderfällen
Besondere Aufmerksamkeit erfordern Fälle, in denen eine befristete Erwerbsminderungsrente in eine neue Rente mit Beginn nach dem 31. Dezember 2018 übergeht.
Hier kann der Anspruch auf den befristeten Zuschlag entfallen, weil der neue Rentenbeginn außerhalb des begünstigten Zeitfensters liegt. Gleichzeitig führen die seit 2019 verlängerten Zurechnungszeiten oft zu höheren EM‑Renten, die den Wegfall des Zuschlags kompensieren können. Eine individuelle Prüfung des Bescheids bleibt daher angezeigt.
Was Betroffene jetzt konkret tun sollten
Betroffene sollten ihre bisherigen Mitteilungen der Deutschen Post AG und der Deutschen Rentenversicherung aufbewahren, insbesondere die Angabe des monatlichen Zuschlags und des zugrunde liegenden Juli‑Zahlbetrags 2024.
Zur Jahresmitte 2025 erhöhte sich der Zuschlag einmalig um 3,74 Prozent; auch diese Anpassung sollte im eigenen Überblick vermerkt sein. Ab Ende 2025 ist mit einem weiteren Bescheid zu rechnen, der die Fortschreibung nach § 307i SGB VI dokumentiert.
Weicht die neue Gesamtrente im Dezember 2025 zu Ungunsten der oder des Betroffenen von der Erwartung ab oder erscheinen die Berechnungen unplausibel, empfiehlt sich eine umgehende fachkundige Prüfung und gegebenenfalls Widerspruch innerhalb eines Monats.
Ausblick
Mit dem Wechsel von der Übergangsvorschrift § 307j SGB VI zur dauerhaften Regelung des § 307i SGB VI endet die Phase provisorischer Zuschlagszahlungen. Der Gesetzgeber verpflichtet die Träger, etwaige Differenzen rückwirkend auszugleichen und den Zuschlag ab Dezember 2025 transparent in der Rentenberechnung zu verankern.
Für die Betroffenen bedeutet dies mehr Klarheit über die künftige Rentenhöhe – und bis dahin die Aufgabe, Bescheide aufmerksam zu lesen und ihre Ansprüche bei Bedarf zu sichern.