Rente: Kein Versorgungsausgleich bei Gewalt in der Ehe

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Bei einer Scheidung kommt es rentenrechtlich zu einem sogenannten Versorgungsausgleich. Dabei werden die Rentenansprรผche beider Partner, die wรคhrend der Ehe entstanden, gerecht zwischen beiden aufgeteilt. Dies lรคuft dann darauf hinaus, dass der- oder diejenige mit der eigentlich hรถheren Rente einen Teil an den Partner mit geringerer Rente abgeben muss.

Das gilt aber nicht, wenn der Ex-Ehemann wรคhrend der Ehe schwere Gewalt gegenรผber der Ehefrau ausรผbte. Dann hat er keinen Anspruch auf Versorgung. So entschied das Oberlandesgericht Stuttgart (11 UF 222/24).

Gewalttรคtig und drogenkrank

Die Ehe war fรผr die Frau eine Tortur. Ihr Ehemann ist drogenkrank, war erwerbslos und misshandelte sie schwer. 2014 schlug er ihr mehrfach derart mit der Faust ins Gesicht, dass sie auf dem rechten Auge erblindete. Seitdem trรคgt sie ein Glasauge.

Scheidung und Versorgungsausgleich

Die Ehefrau reichte die Scheidung ein, und diese wurde vor dem Amtsgericht Ulm durchgefรผhrt. Die Richter fรผhrten dabei auch einen Versorgungsausgleich durch. Da nur die Ehefrau einen Rentenanspruch hatte, fiel dieser zu ihren Lasten aus. Sie sollte einen Teil der Rente an den Gewalttรคter abgeben.

Beschwerde der Ehefrau

Dagegen legte die Ehefrau Beschwerde ein, und der Fall ging bis vor das Oberlandesgericht Stuttgart. Sie forderte einen vollstรคndigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs und begrรผndete diesen mit der schweren Gewalt des Ex-Gatten ihr gegenรผber sowie mit den lebenslangen Folgen durch die Erblindung.

Gericht erkennt grobe Unbilligkeit

Das Oberlandesgericht urteilte im Sinne der Ehefrau. Denn ein Versorgungsausgleich sei auszuschlieรŸen, wenn dessen Ausfรผhrung zu Lasten der Ehefrau grob unbillig sei. Dies treffe in diesem Fall zu.

Kein Versorgungsausgleich bei schwerer Straftat

Denn der Ehemann habe eine schwere Kรถrperverletzung begangen, und dies sei eine schwere Straftat, unter der die Frau bis heute leide und die erhebliche Auswirkungen auf ihr Leben habe. Es scheine unertrรคglich, wenn der Verantwortliche dennoch vom Versorgungsausgleich der gesetzlichen Rentenversicherung profitiere.

Lange Trennung und unterlassener Unterhalt

Die Richter nannten zudem weitere Punkte, die ebenfalls auf eine grobe Unbilligkeit schlieรŸen lieรŸen. So habe der Ex-Ehemann nie gearbeitet, sei mehrfach vorbestraft, und die Partner seien bereits lange getrennt.

Der Geschiedene habe es zudem unterlassen, Unterhalt fรผr den gemeinsamen Sohn zu zahlen. Er hรคtte in den Phasen, in denen er nicht im Gefรคngnis saรŸ, arbeiten kรถnnen, um so fรผr den Unterhalt aufzukommen, habe dies aber nicht getan. Er habe deshalb keinen Anspruch, vom Versorgungsanrecht der Frau zu profitieren.

Was folgt aus dem Urteil?

Ein Versorgungsausgleich ist eine wertvolle Sicherung des Rentensystems, die Altersarmut entgegen wirken kann. Besonders wichtig ist er fรผr Geschiedene, in deren Ehe es eine traditionelle Rollenverteilung gab, in der der Mann arbeitete, und die Frau als Hausfrau und Mutter den Alltag organisierte.

Um einen Versorgungsausgleich auszuschlieรŸen, mรผssen also verschiedene Rechtsgรผter gegeneinander abgewogen werden. Hier zรคhlt als Kriterium die grobe Unbilligkeit. Diese bedeutet, dass die Anwendung eines an sich rechtmรครŸigen Gesetzes im Einzelfall zu einer nicht hinnehmbaren Hรคrte fรผhrte.

Dafรผr mรผssen alle Gesamtumstรคnde abgewogen werden. Hier war die Situation eindeutig. Ein dauerhafter Schaden durch schwere Kรถrperverletzung in der Ehe machte es fรผr die Ehefrau unertrรคglich, den Gewalttรคter auch noch mit ihrer Rente auszuzahlen.