Rente 1.099 Euro versus 3.340 Euro Beamten-Pension

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Die deutsche Alterssicherung soll โ€žsicherโ€œ sein โ€“ doch die Hรถhe der Bezรผge sorgt seit Jahren fรผr Diskussionen. Besonders deutlich wird das beim Vergleich von gesetzlicher Rente und Beamtenpension.

Nach jรผngsten Zahlen aus der Debatte liegt die durchschnittliche gesetzliche Rente bei 1.099 Euro monatlich, wรคhrend die durchschnittliche Pension 3.340 Euro erreicht. Dass der Abstand so groรŸ wirkt, hรคngt auch mit sehr niedrigen Rentenansprรผchen vieler Versicherter zusammen.

Betrachtet man die Medianrente โ€“ also den Wert, bei dem die eine Hรคlfte mehr, die andere weniger erhรคlt โ€“ liegt diese rund 600 Euro รผber dem Durchschnitt und zeichnet damit ein etwas weniger dรผsteres Bild. Der grundlegende Unterschied bleibt jedoch eklatant.

Auch das sogenannte Sicherungsniveau verdeutlicht die Schere: Die Rente ersetzt im Schnitt etwa 48 Prozent des frรผheren Erwerbseinkommens, die Pension rund 66,8 Prozent der letzten Bezรผge.

Schon an dieser Stelle zeigt sich, dass beide Systeme nicht nur unterschiedliche Ergebnisse liefern, sondern auch nach unterschiedlichen Logiken funktionieren.

Rente versus Beamtenpension

Die gesetzliche Rentenversicherung folgt dem ร„quivalenzprinzip. Wer im Laufe des Erwerbslebens mehr Beitrรคge einzahlt, erhรคlt spรคter mehr heraus. Bewertet wird die gesamte Lebensarbeitszeit, mit allen Brรผchen, Teilzeitphasen und Auszeiten.

Die Beamtenversorgung funktioniert anders: MaรŸgeblich ist am Ende die Hรถhe der letzten beiden Dienstjahre โ€“ also jener Phase, in der Einkommen und Besoldung typischerweise am hรถchsten sind. Das wirkt rentensteigernd und erklรคrt einen Teil des Vorsprungs.

Hinzu kommt die Architektur der Alterssicherung insgesamt. Die gesetzliche Rente bildet die erste Sรคule โ€“ die staatliche Grundversorgung. Viele Beschรคftigte verbessern diese Basis รผber eine zweite Sรคule der betrieblichen Altersvorsorge; doch lรคngst nicht alle haben Zugang, und die Hรถhe variiert stark.

Die Pension umfasst de facto Elemente, die in der Rentenwelt getrennt organisiert sind, und bรผndelt damit staatliche Grundsicherung und anstellungsbezogene Versorgung in einem System. Auch deshalb erscheinen Pensionen, gemessen an der letzten Besoldung, deutlich groรŸzรผgiger.

Netto ist nicht gleich Brutto

Bei jeder Betrachtung der Bezรผge ist entscheidend, was nach Steuern und Abgaben รผbrig bleibt. Rente und Pension sind grundsรคtzlich steuerpflichtig, die tatsรคchliche Belastung hรคngt von der individuellen Hรถhe und dem jeweiligen steuerlichen Kontext ab. Zusรคtzlich fallen Beitrรคge zur Kranken- und Pflegeabsicherung an.

Rentnerinnen und Rentner zahlen hierfรผr in der Regel Beitrรคge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Pensionรคrinnen und Pensionรคre sind meist privat krankenversichert; die Prรคmien liegen oftmals im Bereich von 200 bis 300 Euro monatlich, hinzu kommt die Pflegeversicherung. Diese Belastungen relativieren zwar die nominelle Differenz, heben sie aber nicht auf. Der Befund bleibt: Die Pensionen sind im Schnitt deutlich hรถher.

ร–sterreich macht es besser

In politischen Debatten dient die โ€žAlpenrepublikโ€œ regelmรครŸig als Vergleich. Auch dort stรผtzt ein gesetzliches Umlagesystem die Altersbezรผge โ€“ mit auffรคlligen Unterschieden. Die durchschnittliche Rente liegt in ร–sterreich um mehr als 500 Euro รผber dem deutschen Wert. Das Sicherungsniveau erreicht dort etwa 80 Prozent des frรผheren Einkommens und ist damit weit von deutschen 48 Prozent entfernt.

Der Preis dafรผr ist ein hรถherer Beitragssatz von 22,8 Prozent des Einkommens; in Deutschland sind es derzeit 18,6 Prozent.

Entscheidend ist aber der Kreis der Einzahler. In ร–sterreich zahlen faktisch alle Erwerbstรคtigen in einen Topf ein. Das erweitert die Finanzierungsbasis, stabilisiert das System und verteilt Risiken breiter. Begรผnstigend wirkt zudem die etwas jรผngere Bevรถlkerungsstruktur.

Auf der Leistungsseite sind die Zugangshรผrden straffer: Ein Rentenanspruch entsteht erst nach 15 Versicherungsjahren; in Deutschland reichen fรผnf Jahre. Eine abschlagsfreie โ€žRente mit 63โ€œ โ€“ inzwischen eher eine Rente ab 64 โ€“ hat ร–sterreich bereits 2022 abgeschafft, um das System auf Dauer tragfรคhig zu halten.

Bemerkenswert ist schlieรŸlich die Rolle des Staates: Obwohl der รถsterreichische Fiskus das System ebenfalls stรผtzt, betrรคgt der Anteil der Rentenausgaben am Staatshaushalt dort rund 13 Prozent, wรคhrend Deutschland etwa 22,4 Prozent seines Haushalts zuschieรŸt. Die Finanzierungsstruktur ist also breiter, der Bedarf an Steuermitteln relativ zum Budget geringer.

Was die Lรผcke erklรคrt โ€“ und was nicht

Die strukturelle Differenz zwischen Rente und Pension ist kein Zufall, sondern Ergebnis unterschiedlicher Zielsetzungen und Berechnungslogiken. Die Rentenversicherung bewertet Lebensleistung รผber Jahrzehnte; die Beamtenversorgung honoriert stark die letzten Besoldungsjahre.

Der Kreis der Beitragszahler, die Frage der zweiten Sรคule und die Ausgestaltung von Zugangsbedingungen verschieben die Ergebnisse weiter auseinander.

Zugleich kann die Gegenรผberstellung von Durchschnittswerten tรคuschen: Erwerbsunterbrechungen, Teilzeitphasen, Minijobs und spรคtere Berufsabschlรผsse drรผcken die individuelle Rente โ€“ und all das spiegelt sich in den Statistiken wider.

Bei der Pension wirken stabile Erwerbsbiografien im รถffentlichen Dienst sowie die Endgehaltsbezogenheit nach oben.

Was die Lรผcke nicht erklรคrt, ist die Idee einer โ€žschlicht ungerechtenโ€œ

Bevorzugung als singulรคrer Grund. Tatsรคchlich summieren sich unterschiedliche Mechanismen, die jeweils fรผr sich genommen legitim begrรผndet sind, in der Summe aber zu einem politisch schwer vermittelbaren Ergebnis fรผhren. Genau hier setzt die Reformdebatte an.n

Die naheliegende Stellschraube lautet: mehr und breiter Einzahlende. Je grรถรŸer die beitragszahlende Basis, desto stabiler das Umlagesystem. In der Praxis bedeutet das, Berufsgruppen stรคrker einzubeziehen, die bislang auรŸerhalb stehen โ€“ oder zumindest die Systeme enger zu verzahnen. ร–sterreich dient hier als Blaupause fรผr eine Erwerbstรคtigenversicherung, in der der Status โ€“ ob angestellt, selbststรคndig oder verbeamtet โ€“ weniger entscheidend ist als die Tatsache, dass Einkommen erzielt wird und Beitrรคge flieรŸen.

Eine zweite Option betrifft die Anspruchsvoraussetzungen. Lรคngere Mindestversicherungszeiten, strengere Bedingungen fรผr frรผhzeitige, abschlagsfreie Ruhestรคnde und eine stรคrkere Orientierung an der Lebensarbeitszeit wรผrden die Ausgaben dรคmpfen und Anreize fรผr lรคngeres Arbeiten setzen. ร–sterreichs Abschaffung der abschlagsfreien Frรผhverrentung zeigt, wie rasch ein solcher Schritt wirken kann.
Die dritte Baustelle ist die zweite Sรคule.

Eine flรคchendeckendere, verlรคsslich ausgestaltete betriebliche Altersversorgung kรถnnte die Lรผcke zwischen erstem Sicherungsniveau und tatsรคchlichem Bedarf schlieรŸen โ€“ insbesondere fรผr mittlere und untere Einkommen. Hier entscheidet die konkrete Ausgestaltung darรผber, ob die Beteiligung breit wird oder ob die zusรคtzliche Vorsorge ein Privileg bleibt.

SchlieรŸlich bleibt die Frage nach Beitrรคgen und Steuern. Ein hรถherer Beitragssatz, wie in ร–sterreich, erhรถht die Leistungsfรคhigkeit des Systems โ€“ politisch ist das ein Balanceakt zwischen heutiger Belastung und kรผnftiger Sicherheit. Ebenso ist zu bedenken, wie stark der Staatshaushalt dauerhaft stรผtzen kann und soll. Ein System, das sich primรคr aus Beitrรคgen speist, ist weniger abhรคngig von haushaltspolitischen Zyklen.

Was das fรผr Jรผngere bedeutet

Die eingangs beschriebenen Bauchschmerzen vieler Jรผngerer sind nicht unbegrรผndet. Wer heute in das System eintritt, trifft auf eine alternde Gesellschaft, eine hohe staatliche Stรผtzungsquote und ein Sicherungsniveau, das ohne Zusatzvorsorge selten den Lebensstandard sichert.

Gleichzeitig zeigen Vergleiche, dass Reformen wirken kรถnnen, wenn sie auf breitere Finanzierung, klarere Zugรคnge und realistische Ziele setzen. Fรผr die junge Generation heiรŸt das zweierlei: politisch sind langfristige Entscheidungen dringend gefragt, individuell bleibt ergรคnzende Vorsorge sinnvoll โ€“ und zwar mรถglichst frรผh, mรถglichst kontinuierlich und mรถglichst unabhรคngig von Statuswechseln im Berufsleben.

Breiter finanzieren, klarer steuern, ehrlich kommunizieren

Der deutsche Gegensatz zwischen Rente und Pension ist kein Rechenfehler. Wer die Lรผcke verringern will, muss an die Struktur: den Kreis der Einzahler erweitern, Anspruchswege konsistenter gestalten, die zweite Sรคule verlรคsslich stรคrken und das Zusammenspiel von Beitrรคgen und Steuermitteln ausbalancieren.

ร–sterreich zeigt, dass ein hรถherer Beitragssatz, eine breitere Basis und straffere Regeln das Sicherungsniveau deutlich anheben kรถnnen โ€“ bei zugleich geringerer Haushaltslast relativ zum Budget.