Regierung plant massive Hartz IV Verschärfungen

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Bundesregierung plant massive Verschärfung bei SGB II. Ein Kommentar von Thomas Kallay

24.10.2013

Dies betrifft teilweise auch BezieherInnen des SGB XII (Grundsicherung), wenn sie z.B. in einer Haushaltsgemeinschaft mit SGB-II-BezieherInnen leben. Gravierend ist aus meiner, Thomas Kallay’s Sicht, daß unter anderem auch geplant wird, die rechtliche Gegenwehr der LeistungsbezieherInnen praktisch auf Null zu reduzieren.

Sachkundigen wird aufgefallen sein, daß in vielen Gebieten Deutschlands, allen voran in Bundesländern, die CDU/CSU-geführt sind, Rechtsanwälte immer weniger Interesse haben, Sozialrechtsfälle aus dem Rechtskreis des SGB II und SGB XII zu übernehmen.

Begonnen hat das damit, daß vor 4-5 Jahren und bis heute und trotz anders lautender Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes den Betroffenen in den örtlichen Amtsgerichten die Beratungshilfe für eine erste anwaltliche Beratung in SGB-II- oder SGB XII-Sachen mit allerlei abstrusen Argumenten verweigert wird, und viele Betroffene das dann auch hinnehmen, und sich nicht weiter wehren, weil sie sich einen Anwalt aus eigener Tasche ja nicht leisten können.

Jene LeistungsbezieherInnen, die sich aber bezüglich der Beratungshilfe bei den störrischen Amtsgerichten durchsetzen, und einen Beratungshilfeschein bekommen, müssen dann erleben, daß der Rechtsanwalt auf diesen Schein hin sein Geld vom Staat ewig nicht bekommt.

Bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe, die durch die Sozialgerichte zu erfolgen hat, findet eine ähnliche Verweigerungshaltung bei den Richtern statt, die die PKH auch in völlig begründeten Fällen einfach stur verweigern. Das machen viele Anwälte auf die Dauer nicht mehr mit, und auch dadurch wird es LeistungsbezieherInnen immer mehr erschwert, sich ihr Recht vor Gericht zu erstreiten.

Manche Urteile, wie z.B. das letzte Urteil des 14. Senates des Kasseler Bundessozialgerichtes zur angeblichen Verfassungskonformität der SGB-II-Regelleistung (Az.: BSG B 14 AS 153/11 R vom 12. Juli 2012) ignoriert die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Urteil BVerfG 1 BvL 1/09 vom 09.02. 2010 ("Kallay-Verfahren") nicht nur, sondern konterkariert es mit haltlosen, juristisch geradezu haarsträubenden Falschbehauptungen, dazu siehe auch hier.

Folge dieser Maßnahmen: viele Sozialgerichte und Landessozialgerichte beziehen sich auf dieses Chaos-Urteil des BSG und verweigern seither Leistungsbeziehern die Prozeßkostenhilfe in Fällen, die mit der Regelleistungshöhe und/oder -bemessung zu tun haben.

Insgesamt also soll durch derlei Procedere die Rechtsbeugung der Bürgerrechte im Sozialrecht bei Erwerbslosen und Erwerbsunfähigen, Kranken und Behinderten zementiert werden, um die stetig steigende Zahl der sozialgerichtlichen Verfahren einzudämmen.

Daß die Bundesregierung dafür nun sogar eigene Paragrafen in die Sozialgesetze einführen will, ist pure verfassungswidrige Beugung des Grundgesetzes, der Bürgerrechte, der Menschenrechte, der Europäischen Sozialcharta und vieler anderer Regelungen, denen die Bundesrepublik Deutschland mal beigetreten ist – und das ist, fürwahr, einfach zum Kotzen. Man scheißt auf uns BürgerInnen.

In der Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) wurde nun eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Ziel ins Leben gerufen, diese, als „Vereinfachung des passiven Leistungsrechts – einschließlich des Verfahrensrechts – im SGB II“ benannte Rechtsbeugung zu erarbeiten. In einer ersten Veröffentlichung sind die massiven Änderungen und Verschärfungen aufgeführt, die die Arbeitsgruppe plant. Gegen-hartz.de fasst einige der Änderungen zusammen, die die gravierendsten Verschärfungen zur Folge haben.

Zum Autor: Thomas Kallay ist ehemaliger "Regelsatz-Kläger" vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht folgte 2010 der Auffassung, die Berechnung der Regelsätze sei verfassungswidrig. (tk)

Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de