Rechtsschutz gegen Hartz IV-Kürzung

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Rechtsschutz gegen Hartz-IV-Kürzung nicht erst nach Räumungsklage
Hartz-IV-Bezieher können künftig leichter gegen die Kürzung ihrer Unterkunftsleistungen durch das Jobcenter vorgehen. Denn Eilbedürftigkeit für die Gewährung vorläufiger Unterkunftsleistungen liegt nicht erst vor, wenn dem Hilfebedürftigen eine fristlose Mietkündigung und eine Räumungsklage zugestellt worden sind, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag, 22. August 2017, veröffentlichten Beschluss (Az.: 1 BvR 1910/12).

Damit bekam ein Hartz-IV-Bezieher aus Nordrhein-Westfalen von den Verfassungsrichtern recht. Das Jobcenter ging Anfang 2012 davon aus, dass der Mann mit einer anderen Person zusammenwohnt und mit dieser in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft füreinander einsteht. Daher müsse deren Einkommen mindernd auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden.

Der Hartz-IV-Bezieher bestritt das Vorliegen einer „Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft“. Das Jobcenter habe zu Unrecht die Hilfeleistungen gekürzt. Im Eilverfahren beantragte der Mann, dass die bisherigen Hartz-IV-Leistungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig weiter gewährt werden.

Während das Sozialgericht dem stattgab, lehnte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen die vorläufige Übernahme der Unterkunftskosten in bisheriger Höhe ab. Der Vermieter habe die Wohnung des Arbeitslosen bislang weder gekündigt noch eine Räumungsklage eingereicht. Es drohe noch keine Wohnungslosigkeit, so dass die Sache nicht eilbedürftig sei.

Doch damit hat das LSG gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verstoßen, entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 1. August 2017. Die Vorinstanz habe bei der Prüfung der Eilbedürftigkeit das Recht „übermäßig streng“ ausgelegt. Ob die vorläufige Übernahme der Unterkunftskosten besonders eilig sei, könne nicht allein von einer Mietkündigung oder Räumungsklage abhängig gemacht werden.

Denn Hartz-IV-Bezieher hätten Anspruch auf Sicherstellung ihres Existenzminimums. Dazu gehöre auch, in der gewählten Wohnung zu bleiben. Gerichte müssten daher auch die negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art prüfen, wenn der Verlust gerade der konkreten Wohnung droht. Dies sei hier unterlassen worden.

Würde die Gewährung vorläufiger Unterkunftsleistungen pauschal vom Vorliegen einer Mietkündigung und einer Räumungsklage abhängen, könnte zu diesem Zeitpunkt der Verlust der Wohnung unter Umständen nicht mehr verhindert werden, mahnte das Bundesverfassungsgericht. fle/mwo

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