Prozesswelle gegen sittenwidrige Niedriglöhne

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Jobcenter in Brandenburg gehen gegen Niedriglöhne vor

28.11.2013

Niedriglöhne von 2,50 Euro pro Stunde oder sogar weniger sind in Brandenburg keine Seltenheit. Betroffene Arbeitnehmer stocken ihr geringes Gehalt mit Hartz IV auf, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Aber genau dagegen gehen Brandenburgs Jobcenter seit einiger Zeit verstärkt vor. Sie fordern Arbeitgebern auf, angemessene Löhne zu zahlen. In Eberswalde (Barnim) wurde jüngst erneut ein Fall wegen sittenwidriger Niedriglöhne vor Gericht verhandelt, wie die „Märkische Allgemeine“ berichtet.

Immer mehr Gerichtsverfahren wegen sittenwidriger Niedriglöhne
Das Jobcenter zog vor Gericht, weil ein Pizzaservice in Templin in der Uckermark seinen Beschäftigten Stundenlöhne unter zwei Euro gezahlt hatte. Die Angestellten waren darauf angewiesen aufstockende Leistungen beim Jobcenter zu beantragen. Die Behörde wollte per Vergleich erreichen, dass die Gehälter an den ortsüblichen Verdienst angeglichen werden und Sozialleistungen an das Jobcenter zurückgezahlt werden. Wie die Zeitung berichtet, ist ein Einigungsversuch am vergangenen Dienstag jedoch gescheitert. Nun muss das Gericht bei einem neuen Termin eine Entscheidung treffen.

Löhne werden als sittenwidrig bezeichnet, wenn sie mehr als ein Drittel unter der ortsüblichen Höhe in der Branche liegen. In früheren Fällen wurde vor Gericht immer zugunsten des Jobcenters entschieden, so dass die Arbeitgeber Rückzahlungen an die Behörde leisten mussten. Mittlerweile prüfen die Jobcenter flächendeckend, ob ein Aufstocker einen sittenwidrigen Niedriglohn erhält. „99 Prozent der Unternehmen, bei denen sittenwidrige Löhne bemängelt werden, ändern die Verträge“, sagte Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (BA), gegenüber der Zeitung. In Brandenburg beziehen derzeit rund 60.000 Arbeitnehmer aufstockende Hartz IV-Leistungen. Jeder fünfte Beschäftigte hat einen geringeren Stundenlohn als 8,50 Euro. Im ostdeutschen Niedriglohnsektor liegt der Durchschnittsverdienst bei 6,52 Euro.

Baaske: Harte Arbeit muss mit anständigen Löhnen bezahlt werden
Wie die Zeitung weiter berichtet, liegen derzeit noch keine Zahlen zur Prozesswelle gegen sittenwidrige Niedriglöhne vor. Es sei aber eine Arbeitsgruppe bei der Regionaldirektion der BA gebildet worden, die bis Ende des Jahres entsprechende Ergebnisse vorlegen würde, sagte Möller.

„Menschen, die jeden Tag hart arbeiten, verdienen anständige Löhne“, machte Brandenburgs Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) gegenüber dem Blatt klar. Unternehmen, die viel zu niedrige Löhne zahlen, dürften nicht mit ergänzenden Sozialleistungen subventioniert werden. Durch sittenwidrige Niedriglöhne werde nicht nur den Beschäftigten sondern auch auch der Konkurrenz mit fairer Bezahlung geschadet, so der Arbeitsminister. (ag)

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