Durch den auf 520€ erhöhten Grundfreibetrag für junge Azubis haben diese regelmäßig einen Anspruch auf ergänzendes Bürgergeld.
Beispielrechnung
Paul (21) macht eine Ausbildung zum Zimmermann. Er erhält eine Ausbildungsvergütung von 1200€ Brutto im 2. Lehrjahr. Seine günstige Wohnung kostet nur 430€ Warmmiete. Außerdem erhält er das Kindergeld von den Eltern. Er hat bislang mit seinem Netto von 948€ und dem Kindergeld(250€) ein Haushaltseinkommen von 1198€. Davon zahlt er 430€ Miete und hat 768€ zum Leben. Nun erfährt er von seinem Bürgergeldanspruch.
Berechnung Bürgergeldanspruch
Dieser berechnet sich folgendermaßen:
Bedarf:
502€ Regelbedarf
+430€ Warmmiete
= 932€ Bedarf
Einkommen:
1120€ Brutto
948€ Netto
Freibetrag:
520€ Grundfreibetrag (§11b Abs2b SGB II)
+ 144€ (30% des Bruttos v. 520-1000€)
+ 12€ (10% des Bruttos v. 1000-1200€)
= 676€ Freibetrag
948€ Netto
– 676€ Freibetrag
= 272€ angerechnetes Einkommen
Anspruch auf Bürgergeld
932€ Bedarf
– 272€ angerechnetes Einkommen
– 250€ Kindergeld
= 410€ Bürgergeld
Paul hat seit 1.7.23 einen Anspruch auf 410€ Bürgergeld.
Er hätte Anspruch bis 1357€ Netto (=1840€ Brutto)
– kaum ein Azubi verdient mehr.
In seiner Haushaltskasse hat er somit:
948€ Netto
+ 250€ Kindergeld
+ 410€ Bürgergeld
= 1608€
Nach Zahlung der Miete bleiben ihm 1178€ zum Leben. Ganze 410€ mehr als zuvor.
Vergleich zur Arbeit bei Mindestlohn
Damit hat Paul als Azubi mehr zur Verfügung, als wenn er Vollzeit mit Mindestlohn arbeiten würde.
40Std. x 12€ x 4,33 Wochen im Monat = 2078€ Brutto.
= 1492€ Netto
= 116€ weniger als als Azubi.
Die Ausbildung rechnet sich nicht nur langfristig, aber auch kurzfristig. Ihr Anspruch wird betroffenen Azubis aber so gut wie nie bewusst sein.
Bitte an alle, die mit betroffenen Azubis zu tun haben
Daher mein Aufruf an alle Ausbilder, Lehrer, Freunde, Kollegen und alle, die sonst mit Azubis zu tun haben: Streut die Info über den Bürgergeldanspruch für alleinlebende Azubis unter 25 Jahren!
Vorsicht – nicht einfach ausziehen um Bürgergeld zu bekommen
Aber Vorsicht! Das ist keine Aufforderung an Azubis, einfach grundlos bei den Eltern auszuziehen um in eigene Wohnung zu ziehen – das Jobcenter zahlt ja! §22 Abs5 S4 SGB II verhindert genau das – dann werden keine Wohnkosten übernommen.
Wer aber schon vorher nicht mehr bei den Eltern gelebt hat, rausgeschmissen wurde oder für die Ausbildung weiter weg ziehen musste, für den gilt dieser Ausschluss selbstverständlich nicht.
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Simon alias “Sozi Simon” ist Sozialarbeiter aus Leidenschaft. Kämpfer für mehr Gerechtigkeit und gegen das Verschweigen/Verweigern von staatlicher Unterstützung. Er ist Mitautor des SGB II & SGB XII Leitfadens von A-Z. Simon ist insbesondere bei Twitter für seine Ratgeber-Tweets bekannt und seit 2022 freier Autor bei Gegen-Hartz.de