Haben Sie schon einmal ein Schreiben von einem Inkassobüro erhalten? Solche Briefe sind oft darauf ausgelegt, hohen Druck auszuüben. Sie enthalten klare Zahlungsaufforderungen, die eine schnelle Zahlung bis zu einem bestimmten Datum verlangen, zusammen mit zusätzlichen Gebühren, Zinsen und Kosten.
Aber ist es wirklich notwendig, immer zu zahlen? Und wie können Sie sicher sein, dass es sich dabei nicht um eine betrügerische Forderung handelt? Dieser Leitfaden erklärt, worauf Sie achten sollten und wie Sie sich gegen unberechtigte Forderungen wehren können.
Inhaltsverzeichnis
Erste Schritte: Authentizität eines Inkassoschreibens überprüfen
Zuerst sollten sie die Authentizität des Schreibens prüfen. Sehen Sie sich zunächst an, von welchem Unternehmen der Brief stammt. Handelt es sich um eine deutsche oder eine ausländische Firma?
Das Rechtsdienstleistungsregister nutzen
Bei in Deutschland ansässigen Inkassobüros können Sie das Rechtsdienstleistungsregister nutzen, um die Echtheit zu prüfen. Dieses Register listet alle Inkassofirmen auf, die in Deutschland rechtmäßig tätig sind. Durch eine schnelle Suche auf rechtsdienstleistungsregister.de können Sie feststellen, ob das Unternehmen offiziell registriert ist. Sie finden dort nicht nur zugelassene Unternehmen, sondern auch solche, deren Anmeldungen abgelehnt wurden.
Inkassofirmen im Ausland prüfen
Ist die Inkassofirma im Ausland ansässig, wird die Überprüfung der Echtheit deutlich schwieriger. Hier müssen Sie selbst umfangreicher recherchieren. Prüfen Sie, ob es Warnungen von Verbraucherzentralen gibt oder ob andere Hinweise auf mögliche betrügerische Aktivitäten des Unternehmens hindeuten.
Solche Hinweise können zum Beispiel auf speziellen Foren, Bewertungsportalen oder Webseiten von Verbraucherschutzorganisationen gefunden werden. Es empfiehlt sich, mehrere Quellen zu prüfen, um sicherzugehen, dass das Inkassobüro nicht negativ aufgefallen ist. Zusätzlich ist es hilfreich, nach Erfahrungsberichten von anderen Personen zu suchen, die mit derselben Inkassofirma zu tun hatten.
Gestaltung des Schreibens analysieren
Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung der Authentizität besteht darin, genau auf das Design des Schreibens zu achten. Offizielle Schreiben von Inkassounternehmen sollten immer eine Registrierungsnummer, die Anschrift des Unternehmens und Kontaktdaten enthalten.
Fehlen solche Informationen oder wirken sie unvollständig oder unprofessionell, kann dies ein Indiz dafür sein, dass es sich um einen Betrugsversuch handelt. Achten Sie ebenfalls auf die Sprache und den Tonfall des Schreibens. Unseriöse Inkassobüros versuchen oft, mit übertriebener Bedrohungssprache oder unnötig dramatischen Formulierungen Angst zu erzeugen.
Sobald Sie die Seriosität der Inkassofirma geprüft haben, sollten Sie die Forderung genau unter die Lupe nehmen.
Berechtigte Forderungen begleichen
Ist die Forderung berechtigt, empfiehlt es sich, diese umgehend zu begleichen, um zusätzliche Komplikationen zu vermeiden. Dies spart Zeit und verhindert zusätzliche Gebühren, die durch Verzögerungen entstehen können.
Vorgehen bei unberechtigten Forderungen
Sollten Sie jedoch der Meinung sein, dass die Forderung unberechtigt ist – beispielsweise, weil Sie keine entsprechende Bestellung aufgegeben haben oder ein Widerruf erfolgt ist –, müssen Sie aktiv handeln. Das Ignorieren des Schreibens ist keine Lösung.
Schriftlicher Widerspruch als Dokumentation
Um eine unberechtigte Forderung abzuwehren, sollten Sie unbedingt schriftlich widersprechen. Ein schriftlicher Widerspruch dokumentiert Ihre Einwände und schafft Klarheit. Dies verhindert, dass Sie wiederholt Schreiben vom Inkassobüro erhalten.
Für eine rechtssichere Formulierung können Sie auf spezialisierte Dokumente zurückgreifen, die beispielsweise auf entsprechenden Plattformen angeboten werden.
Versand des Widerspruchs per Einschreiben
Den Widerspruch sollten Sie per Einschreiben mit Rückschein versenden, damit Sie einen Nachweis darüber haben, dass Ihr Widerspruch auch wirklich eingegangen ist.
Alle relevanten Unterlagen und Dokumente sollten sorgfältig aufbewahrt werden, um im Streitfall ausreichend Beweise vorlegen zu können.
Hintergrund der Forderung klären
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Klärung des Hintergrunds der Forderung. Fordern Sie detaillierte Informationen über die angebliche Forderung an: Wann und wo soll sie entstanden sein, welche Beweise gibt es dafür, und welche Vertragsgrundlagen werden herangezogen?
Viele unseriöse Inkassoforderungen basieren auf nicht existenten oder nicht nachvollziehbaren Verträgen. Wenn Ihnen keine ausreichenden Nachweise vorgelegt werden können, ist dies ein starkes Indiz für eine unberechtigte Forderung.
Verjährung als Verteidigung gegen alte Forderungen
Eine besonders wirksame Methode zur Abwehr von Inkassoforderungen besteht darin, die Verjährung zu prüfen. Wenn das zugrunde liegende Ereignis, etwa eine Bestellung oder Leistung, bereits mehr als drei Jahre zurückliegt, können Sie sich auf die Verjährung berufen. Das bedeutet, dass Sie nicht mehr verpflichtet sind, die Forderung zu begleichen.
Einrede der Verjährung einlegen
Allerdings tritt die Verjährung nicht automatisch ein. Sie müssen sich aktiv auf die Verjährung berufen, und dies sollte ebenfalls schriftlich geschehen. Der juristische Fachbegriff dafür lautet Einrede der Verjährung.
Ein einfaches Ignorieren des Inkassoschreibens reicht also nicht aus, und auch ein Anruf bei der Inkassofirma ist nicht ausreichend. Nur eine formelle schriftliche Einrede schützt Sie wirksam vor der Forderung. Auch hier ist es wichtig, diese Einrede per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um später belegen zu können, dass die Einrede ordnungsgemäß erfolgt ist.
Fristen für die Verjährung beachten
Die Verjährungsfrist beträgt in der Regel drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das bedeutet, dass Forderungen aus dem Jahr 2020 etwa erst ab dem 31. Dezember 2023 verjähren. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, etwa bei bestimmten öffentlichen Gebühren oder bei Schulden, die im Zusammenhang mit gerichtlichen Titeln stehen.
In solchen Fällen können deutlich längere Verjährungsfristen gelten. Daher sollten Sie im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen, um festzustellen, ob die Verjährung tatsächlich eingetreten ist.
Risiken der Ratenzahlung: Schuldanerkennung vermeiden
Ein weiteres potenzielles Problem stellt die Ratenzahlung dar. Wenn die Forderung sehr hoch ist, erscheint eine Ratenzahlungsvereinbarung oft als praktikable Lösung. Doch hier ist besondere Vorsicht geboten.
Mit der Vereinbarung einer Ratenzahlung akzeptieren Sie häufig auch eine Anerkennung der Schuld. Dies bedeutet, dass Sie die gesamte Forderung offiziell anerkennen – auch dann, wenn sie möglicherweise unberechtigt oder verjährt ist. Auch wenn die Forderung ursprünglich verjährt war, kann Ihnen durch die Anerkennung die Zahlung der gesamten Summe auferlegt werden.
Deshalb sollten Sie bei Ratenzahlungen darauf achten, kein Dokument zu unterschreiben, das als Anerkenntnis gewertet werden kann. Falls Sie sich dennoch dazu entscheiden, eine Zahlung zu leisten, dann tun Sie dies unter Vorbehalt. Dadurch behalten Sie die Möglichkeit, die Forderung weiterhin anzufechten und Ihre Rechte zu wahren.
Zusätzliche Kosten durch Ratenzahlung
Ein weiterer Punkt, den Sie beachten sollten, ist, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung oft dazu führt, dass zusätzliche Kosten und Zinsen anfallen, die die ursprüngliche Forderung erheblich erhöhen können.
Wenn Sie erwägen, eine Ratenzahlung zu vereinbaren, sollten Sie sicherstellen, dass Sie sich die Konditionen genau durchlesen. Oft sind in den Verträgen Klauseln versteckt, die für den Schuldner nachteilig sind.
Rechtliche Beratung einholen
Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Anwalt beraten, bevor Sie etwas unterschreiben. Besonders problematisch ist auch, dass durch die Ratenzahlung eine neue Frist für die Verjährung der Forderung zu laufen beginnt.
Das bedeutet, dass eine Forderung, die eigentlich verjährt wäre, durch eine Ratenzahlung wieder auflebt und erneut geltend gemacht werden kann.
Verbraucherzentralen und kleine Forderungen
Derzeit setzen sich die Verbraucherzentralen intensiv dafür ein, den Druck, den Inkassofirmen insbesondere bei kleineren Forderungen ausüben, zu verringern. Diese kleineren Forderungen wirken auf den ersten Blick oft nicht besonders bedrohlich, können jedoch durch die hinzukommenden Gebühren und Kosten schnell zu einer erheblichen Belastung werden.
Reform des Inkassorechts
Eine Reform des Inkassorechts, die darauf abzielt, die Gebühren und Kosten transparenter zu gestalten und überzogene Gebühren zu verhindern, ist geplant. Diese Reform soll sicherstellen, dass Inkassofirmen bei kleineren Forderungen keine unverhältnismäßig hohen Kosten auf die Schuldner abwälzen können.
Informationsquellen nutzen
Um auf dem neuesten Stand zu bleiben, empfiehlt es sich, regelmäßig die Informationen der Verbraucherzentralen zu nutzen. Diese Stellen bieten umfassende Informationen und helfen Ihnen, über Änderungen im Inkassorecht auf dem Laufenden zu bleiben.
Es gibt auch spezialisierte Webseiten, die sich ausschließlich mit Inkassoangelegenheiten befassen und aktuelle Entwicklungen kommentieren. Das regelmäßige Lesen solcher Quellen kann Ihnen helfen, proaktiv auf Inkassoschreiben zu reagieren und die bestmögliche Strategie zu wählen.
Zusammenfassung der Schritte bei einem Inkassoschreiben
Wenn Sie ein Inkassoschreiben erhalten, sollten Sie die folgenden Schritte berücksichtigen:
- Überprüfung der Authentizität: Recherchieren Sie im Rechtsdienstleistungsregister, ob das Inkassounternehmen in Deutschland registriert ist. Achten Sie auf Details im Schreiben, wie die Anschrift und Registrierungsnummer.
- Prüfung der Forderung: Bezahlen Sie nur dann, wenn die Forderung berechtigt ist. Bei Zweifeln sollten Sie die Forderung schriftlich zurückweisen. Fordern Sie Nachweise und prüfen Sie genau, ob die Forderung gerechtfertigt ist.
- Geltendmachung der Verjährung: Stellen Sie sicher, dass Sie die Verjährung schriftlich geltend machen, falls die Forderung älter als drei Jahre ist. Denken Sie daran, dass die Verjährung aktiv geltend gemacht werden muss, um wirksam zu sein.
- Kritische Betrachtung der Ratenzahlung: Vermeiden Sie Schuldanerkenntnisse, die Ihre Rechte beschränken könnten. Zahlen Sie nur unter Vorbehalt und unterschreiben Sie keine Anerkennung. Lassen Sie sich im Zweifel anwaltlich beraten.
- Aktuelle Entwicklungen verfolgen: Nutzen Sie Verbraucherzentralen als Informationsquelle, um sich über rechtliche Änderungen und Entwicklungen zu informieren. Informieren Sie sich regelmäßig über neue gesetzliche Regelungen, die Ihre Rechte stärken könnten.
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.