Hygiene- und Schutzprodukte wie Einmalhandschuhe, Flächendesinfektion oder saugende Bettschutzeinlagen gehören zum Alltag häuslicher Pflege. Obwohl die gesetzliche Pflegeversicherung ihre Kosten in Form einer monatlichen Pauschale trägt, schöpfen viele Betroffene den Anspruch nicht aus.
Gründe reichen von bürokratischen Hürden bis zu unübersichtlichen Vertriebswegen, wie Erfahrungen aus der Praxis von Pflegeberaterinnen zeigen. Dabei kann eine verlässliche Versorgung mit Verbrauchsmaterial entscheidend zur Entlastung pflegender Angehöriger beitragen.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzlicher Rahmen und aktuelle Beträge
Rechtsgrundlage ist § 40 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Der Bundestag hat den Höchstbetrag zum 1. Januar 2025 inflationsbedingt auf 42 Euro pro Monat angehoben, nachdem er acht Jahre lang bei 40 Euro lag.
Die Begrenzung gilt bundeseinheitlich, doch Kassen dürfen darüber hinausgehende Kosten nicht erstatten. Wer seinen Bedarf künftig anmelden will, sollte vorab prüfen, ob später noch Anpassungen beschlossen wurden; das Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht jährliche Tabellen aller Pflegeleistungen.
Welche Produkte fallen unter die Pauschale?
Der Gesetzgeber versteht unter „zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln“ ausschließlich Materialien, die rasch aufgebraucht werden und eine keimarme Pflege ermöglichen.
Aus dem Hilfsmittelverzeichnis der Produktgruppe 54 zählen dazu flüssige oder gelgetränkte Desinfektionsmittel für Hände und Flächen, Einmal- und Molton-Bettschutz, Einmalhandschuhe, Schutzschürzen, Fingerlinge sowie Mund-Nasen-Schutz. Rollstühle, Rollatoren oder Duschhocker gehören dagegen zu den dauerhaften Hilfsmitteln und werden anders abgerechnet.
So gelangen die Hilfsmittel in den Haushalt
Am einfachsten verläuft das Verfahren, wenn Versicherte bei ihrer Kasse einen formlosen, besser schriftlichen Antrag stellen. Nach Genehmigung kann ein Sanitätshaus oder eine Apotheke die Sachkosten direkt mit der Pflegekasse abrechnen; Pflegebedürftige unterschreiben dort eine Abtretungserklärung und müssen nicht in Vorkasse gehen.
Manche Kassen arbeiten jedoch mit exklusiven Vertragslieferanten. Dann dürfen Versicherte nur bei den aufgelisteten Firmen bestellen, was ältere Menschen ohne Internetzugang oft überfordert.
Wer selbst einkauft – etwa in der Drogerie – kann Rechnungen einreichen und sich den Betrag erstatten lassen, sofern die Kasse dieses Vorgehen zulässt.
Ein weiterer Weg ist die automatische Pauschalauszahlung: Reichen Versicherte drei Monate hintereinander Belege über gleichbleibende Summen ein, zahlen einige Kassen die 42 Euro anschließend ohne Nachweis aus, um den eigenen Verwaltungsaufwand zu verringern.
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Stolpersteine in der Praxis
Die Variantenvielfalt führt dazu, dass sich Anspruchsberechtigte in einem Flickenteppich unterschiedlicher Abläufe wiederfinden.
Während eine Pflegekasse unbürokratisch einen Dauerauftrag einrichtet, verlangt die nächste detaillierte Monatsbelege. Anträge, die ausschließlich telefonisch gestellt werden, sind schwer nachweisbar und bieten im Widerspruchsfall keine Rechtssicherheit. Pflegeberaterinnen raten deshalb, jeden Schritt schriftlich zu dokumentieren und Rückantworten aufzubewahren.
Wenn die Bürokratie zur Barriere wird
Ältere Alleinlebende berichten immer wieder, dass sie den formalen Prozess nicht bewältigen. Bleibt die Versorgung aus, kaufen viele die nötigen Artikel aus eigener Tasche – trotz beschränkter Renten.
Die Folge ist eine verdeckte Kostenbelastung der Pflegebedürftigen, die dem eigentlichen Zweck der Pauschale widerspricht. In Beratungsstellen ist von „Stillen Verzicht“ die Rede: Leistungsbeträge verfallen, weil das Antrags- und Abrechnungssystem nicht barrierefrei ist.
Preisexplosion und Alternativen
Seit einigen Jahren buhlen sogenannte Pflegebox-Anbieter um Kundschaft. Sie werben mit kostenlosen Monatslieferungen, die sie direkt mit der Kasse abrechnen.
Das Modell ist bequem, weil Nutzerinnen nur einen Online-Bestellantrag ausfüllen müssen, doch Marktbeobachter kritisieren deutlich höhere Einzelpreise als im Drogeriesortiment. Dadurch wird das volle Budget ausgeschöpft, egal ob alle Artikel tatsächlich benötigt werden. Die Kassen wiederum sehen sich in der Pflicht, Verträge zu schließen, um Einfluss auf Qualität und Vergütung zu behalten.
Forderungen an Politik und Kassen
Fachverbände wie der Deutsche Pflegerat plädieren seit Langem für einfachere Prozesse: ein bundesweit einheitliches Standardformular, klar formulierte Lieferoptionen und eine digitale Schnittstelle, in der Belege automatisch hochgeladen werden können.
Zudem müsse geprüft werden, ob eine moderate Erhöhung der Pauschale mittelfristig gerechtfertigt ist, weil Desinfektions- und Schutzmittel seit der Pandemie teils dauerhaft teurer geworden sind.
Fazit
Für Pflegebedürftige bleibt wichtig, den tatsächlichen Bedarf nüchtern zu kalkulieren und nicht jeden Marketing-Impuls der Box-Anbieter zu übernehmen. Ein Beratungsgespräch bei einem Pflegestützpunkt hilft zu klären, welche Produkte medizinisch sinnvoll sind.
Wer die Artikel selbst besorgt, sollte sich vor dem ersten Einkauf schriftlich bestätigen lassen, dass die Kasse die Kassenzettel akzeptiert. Pflegende Angehörige können außerdem prüfen, ob Apotheken oder Sanitätshäuser vor Ort eine Direktabrechnung anbieten.
Seit Jahresbeginn 2025 sind 42 Euro pro Monat für Verbrauchshilfsmittel abrufbar. Werden die Mittel nicht genutzt, droht eine Versorgungslücke, die letztlich zu höheren Folgekosten führen kann, etwa durch Infektionen im Pflegealltag.
Deshalb sollte jede pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 1 bis 5 ihren Anspruch kennen – und vor allem konsequent einlösen. Denn die Pauschale ist mehr als nur ein Geldtopf: Sie ist ein Baustein für Sicherheit, Hygiene und Würde in der häuslichen Pflege.