Neue Hartz IV Bescheide 2013 rechtswidrig?

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Erwerbslosen-Initiative empfiehlt vorsorglich Widerspruch gegen neue Hartz IV Bescheide für 2013 einzulegen, um keine finanziellen Einbußen zu erfahren

09.12.2012

Seit kurzer Zeit versenden die Jobcenter Arbeitslosengeld II Beziehern Bewilligungs- und Änderungsbescheide in denen die Erhöhung der Hartz IV Regelsätze für das kommende Jahr 2013 ausgewiesen sind. Nach Ansicht der Initiative der „aufRECHT e.V. in Iserlohn“ seien alle Bescheide mangelhaft, weil diese fälschlicher Weise suggerieren, dass die Neuberechnung der Regelleistungen bereits rechtsverbindlich sei. Das entspräche jedoch nicht der Wahrheit, so die unabhängige Beratungsstelle.

So heißt es in den Bescheiden: „Zum 01. Januar 2013 werden Ihre Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) neu festgesetzt. Die Festsetzung berücksichtigt die Entwicklung der Preise sowie die Nettolohnentwicklung (§ 20 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II).“

Täuschung korrekter Bedarfsermittlung
Diese Aussage seitens der offiziellen Behörden täusche eine seriöse und korrekte Bedarfsermittlung vor. Schon in dem Gutachten Rüdiger Böker zum Verfahren 1 BvL 1/09 vor dem Bundesverfassungsgericht 2010 „Stellungnahme zur Entstehung und zur Höhe der Regelleistungen im SGB II/SGB XII“ als auch die neuen Gutachten von Dr. Irene Becker „Methodische Gesichtspunkte der Bedarfsbemessung“ und Prof. Johannes Münder „Verfassungsrechtliche Bewertung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII“ aus November 2011 widersprechen einer soliden Ermittlung des Bedarfes. Ebenfalls Widerspruch erging seitens Lutz Hausstein in dem Fachartikel „Was der Mensch braucht“ (März 2011).

Widerspruch einlegen
Ebenfalls Bedenken äußerten in der näheren Vergangenheit zahlreiche Landessozialgerichte, die in Fällen reiner Regelsatzklagen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bestätigten. Ein weiterer „unabweisbarer Beleg für ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der neuen Regelsätze“ ist die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht bereits einen Vorlagebeschluss zur Überprüfung der Hartz IV Regelsätze zur Entscheidung angenommen hat. „aufRECHT e.V.“ empfiehlt daher zur Vermeidung von finanziellen Einbußen vorsorglich gegen jeden einzelnen Bescheid Widerspruch einzulegen und auf oben genannte Tatsachen hinzuweisen.

Verfassungsrechtliche Bedenken äußerten auch die Landessozialgerichte
Von Seiten des Anwaltsteams Ludwig Zimmermann heißt es dazu: „Der Klage, mit der die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 20 Abs. 2 SGB II zur Regelsatzhöhe geltend gemacht worden ist, kann im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 (Az: S 55 AS 9238/12) hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.“ Beispielhaft zur Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Anwalts für Regelsatz-Klagen ist der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Az: L 12 AS 1689/12 B) oder auch der rechtsgültige Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Az.: L 7 AS 1491/12 B). Hier hatten die Richter die Prozesskostenhilfe für eine Regelsatz-Klage gewährt und begründet, dass gute Möglichkeiten des Obsiegens vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen. Da die Fragen zur Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze sehr komplex sind, empfiehlt es sich bei einem solchen Vorhaben, einen versierten und vor allem engagierten Fachanwalt für Sozialrecht einzuschalten. (sb)

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Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de