Mit Krankengeld und Arbeitslosengeld in die Rente retten

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Was passiert, wenn Sie kurz vor der Rente stehen, langfristig erkranken und Arbeitslosengeld beziehen? Die Dauer des Arbeitslosengeldes reicht aber nicht aus, um nahtlos in die Rente zu wechseln? Der Bezug von Krankengeld kann diese Lรผcke schlieรŸen.

Mit Krankengeld die Zeit zur Rente รผberbrรผcken

Wenn Sie Arbeitslosengeld beziehen und schwer erkranken, dann sollten Sie sich krankschreiben lassen. Denn dann zahlt die Krankenkasse das sogenannte Krankengeld. Kurz vor der Rente kann das sogar dazu fรผhren, dass Sie das Arbeitslosengeld bis zur Rente ausgezahlt bekommen, nachdem das Krankengeld auslรคuft. Warum ist das so?

Das Arbeitslosengeld ruht

In der Zeit des Krankengeldes ruht Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld laut Paragraf 156, Absatz 1, Nummer 2 des Sozialgesetzbuches 3. Deshalb wird Ihnen die Dauer des Krankengeldes nicht auf die Monate angerechnet, die Sie noch Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, sondern Sie kรถnnen fรผr diese Zeit Arbeitslosengeld beziehen, nachdem das Krankengeld ausgelaufen ist.

Wie hoch ist das Krankengeld?

In der Regel betrรคgt das Arbeitslosengeld 60 Prozent des Netto-Einkommens, das Sie in den letzten zwรถlf Monaten vor dem Arbeitslosengeld bezogen haben. Das Krankengeld ist genauso hoch wie der Betrag des Arbeitslosengeldes laut Paragraf 47b des Sozialgesetzbuches 5.

Bis zu 72 Wochen Krankengeld

Nehmen wir an, Sie sind arbeitslos und seit mehr als sechs Wochen krankgeschrieben. Die ersten sechs Wochen bekommen Sie jetzt weiter Arbeitslosengeld, und danach รผbernimmt die gesetzliche Krankenkasse und zahlt fรผr bis zu weitere 72 Wochen Krankengeld.

Nach dem Krankengeld beziehen Sie wieder Arbeitslosengeld

Sind Sie jetzt nicht mehr krank und beziehen kein Krankengeld mehr, dann kรถnnen Sie wieder Arbeitslosengeld fรผr die restliche Dauer beantragen, die es Ihnen noch zusteht.

Wie entsteht der Anspruch auf Krankengeld?

Bei gesetzlich Versicherten entsteht mit dem Beginn der Erkrankung ein Anspruch auf Krankengeld. Das gilt fรผr Sie als Arbeitnehmer ebenso, wie wenn Sie wรคhrend der Lohnfortzahlung in den ersten sechs Wochen der Krankschreibung Ihre Arbeit verlieren und genauso, wenn Sie bereits Arbeitslosengeld beziehen.

Arbeitslos melden trotz Krankengeld?

Wenn Sie Ihren Arbeitsplatz verlieren und Krankengeld beziehen, dann sollten Sie sich trotzdem arbeitslos melden. Sie mรผssen dann allerdings darauf hinweisen, dass Sie das Arbeitslosengeld erst beantragen werden, wenn Sie kein Krankengeld mehr beziehen und eine Erwerbstรคtigkeit aufnehmen kรถnnten.

Wenn Ihr Krankengeld auslรคuft, dann mรผssen Sie sich persรถnlich bei der Agentur fรผr Arbeit arbeitslos melden und diesen Antrag spรคtestens am ersten Tag nach Ende des Krankengeldes stellen.

Nehmen wir an, Sie beziehen Arbeitslosengeld und waren lange krankgeschrieben. Nach den 72 Wochen Krankengeld kรถnnen Sie wieder Arbeitslosengeld bekommen, wenn noch ein Anspruch darauf besteht.

Arbeitsvermittlung kurz vor der Rente?

Wenn Sie sich jetzt wenige Monate vor der Rente erneut arbeitslos melden, dann verpflichten Sie sich gegenรผber der Bundesagentur fรผr Arbeit, aktiv daran mitzuwirken, in Erwerbstรคtigkeit vermittelt zu werden.

Fรผr Sie gelten trotz bevorstehender Rente keine Sonderregeln. Der Erfahrung nach handeln aber Mitarbeiter der Bundesagentur fรผr Arbeit im Rahmen ihres Ermessens in der Regel vernรผnftig und wissen, dass es Nonsens wรคre, Sie nachhaltig auf eine Stelle zu vermitteln, die Sie zu Rentenbeginn wieder verlassen.

Auch Arbeitgeber haben wenig Interesse daran, jemanden einzustellen, der bald wieder aus dem Arbeitsverhรคltnis ausscheidet.

Sie haben jedoch Einschrรคnkungen, die Sie einhalten sollten und dรผrfen sich nur bis zu drei Wochen pro Kalenderjahr von der Bundesagentur eine โ€žerlaubte Ortsabwesenheitโ€œ genehmigen lassen. Weitere drei Wochen Mehrurlaub sind zwar mรถglich, fรผr diese Zeit bekommen Sie aber kein Arbeitslosengeld.

Ohne Genehmigung der Agentur in den Urlaub zu fahren, fรผhrt hingegen dazu, dass Ihnen das Arbeitslosengeld gestrichen wird.

Ein Beispiel aus der Praxis

Herr Mertens ist 62 Jahre alt und arbeitet seit Jahrzehnten in einem kรถrperlich anspruchsvollen Beruf als Lagerlogistiker. Durch seine immer stรคrker werdenden Rรผcken- und Knieprobleme kommt es schlieรŸlich so weit, dass er lรคngerfristig arbeitsunfรคhig geschrieben wird.

Nach Ablauf der sechswรถchigen Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber bezieht er Krankengeld von seiner Krankenkasse.

Dieses belรคuft sich in der Regel auf rund 70 Prozent seines Bruttolohns, jedoch hรถchstens 90 Prozent seines Nettoverdienstes, und kann maximal 78 Wochen fรผr dieselbe Erkrankung in Anspruch genommen werden.

Als das Ende dieser 78 Wochen absehbar wird und klar ist, dass Herr Mertens aufgrund seiner gesundheitlichen Einschrรคnkungen nicht in seinen Beruf zurรผckkehren kann, sucht er frรผhzeitig Kontakt zur Agentur fรผr Arbeit.

Obwohl man fรผr den Bezug von Arbeitslosengeld I normalerweise dem Arbeitsmarkt voll zur Verfรผgung stehen muss, greift in seinem Fall die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung: Sie ermรถglicht es ihm, Arbeitslosengeld I zu erhalten, auch wenn eine dauerhafte Erwerbsminderung noch nicht abschlieรŸend geklรคrt ist und er selbst aufgrund seiner Erkrankung keine neue Beschรคftigung aufnehmen kann.

Wรคhrend dieser Zeit bleibt er weiterhin kranken- und pflegeversichert und zahlt รผber das Arbeitslosengeld I auch weiter in die Rentenkasse ein, sodass keine Lรผcken in seiner Sozialversicherung entstehen.

Parallel lรคuft eine Prรผfung, ob Herr Mertens mรถglicherweise eine Reha-MaรŸnahme in Anspruch nehmen oder eine Erwerbsminderungsrente beantragen sollte. Solange hier kein abschlieรŸendes Ergebnis vorliegt, wird er nahtlos durch das Arbeitslosengeld I abgesichert.

Auf diese Weise kann er die Zeit รผberbrรผcken, bis er das fรผr ihn relevante Rentenalter erreicht, um entweder mit Abschlรคgen frรผher in Rente zu gehen oder bis zum regulรคren Rentenalter zu warten.

Am Ende dieses Prozesses kann Herr Mertens dann direkt in seine Altersrente wechseln, ohne finanzielle und versicherungsrechtliche EinbuรŸen hinnehmen zu mรผssen. So gelingt es ihm trotz chronischer gesundheitlicher Probleme, sich mithilfe von Krankengeld und Arbeitslosengeld geordnet in die Rente zu retten.