Mehr Pflegegeld wenn Du Kombinationsleistungen verstehst

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Pflege zu Hause bedeutet Organisation, finanzielle Planung und die stรคndige Abwรคgung zwischen familiรคrer Unterstรผtzung und professioneller Hilfe. Im Podcast โ€žPflege leichter Lebenโ€œ erlรคutern Martina Rosenberg, ehemalige pflegende Angehรถrige und Johannes Siegel die sogenannte Kombinationsleistung โ€“ oft kurz โ€žKombileistungโ€œ genannt.

Der Begriff taucht spรคtestens dann auf, wenn Betroffene oder Angehรถrige vor der Wahl stehen, Pflegegeld oder Pflegesachleistungen zu beantragen. Der Beitrag ordnet das Thema ein, erklรคrt Funktionsweise und Voraussetzungen und zeigt, in welchen Alltagssituationen die Kombinationsleistung tatsรคchlich Mehrwert stiftet.

Was hinter der Kombinationsleistung steckt

Die Kombinationsleistung ist eine Leistung der sozialen bzw. privaten Pflegeversicherung fรผr die hรคusliche Pflege. Sie erlaubt es, Pflegegeld und Pflegesachleistungen innerhalb eines Monats anteilig zu kombinieren.

Der Grundgedanke ist einfach: Wer einen Teil seines Anspruchs auf Pflegesachleistungen nicht ausschรถpft, kann den ungenutzten Anteil prozentual als Pflegegeld erhalten.

Es gilt dabei stets das Prinzip, dass niemals beide Leistungen in voller Hรถhe parallel bezogen werden kรถnnen. MaรŸgeblich ist die tatsรคchliche Inanspruchnahme ambulanter Pflege pro Monat; aus ihr ergibt sich automatisch der verbleibende prozentuale Anteil fรผrs Pflegegeld.

Ein Rechenbeispiel

Es wird greifbar, wenn man sich eine typische Konstellation vor Augen fรผhrt. Angenommen, eine Person mit Pflegegrad 3 lรคsst sich zu Hause รผberwiegend von Angehรถrigen versorgen und nutzt ergรคnzend einen ambulanten Pflegedienst.

Die monatlichen Kosten des Dienstes belaufen sich auf 750 Euro und werden als Pflegesachleistung abgerechnet. Der monatliche Anspruch auf Pflegesachleistungen in Pflegegrad 3 ist in diesem Beispiel mit 1.497 Euro hinterlegt.

Damit wird rund die Hรคlfte des Sachleistungsbudgets genutzt. Genau diese Quote โ€“ hier etwa 50 Prozent โ€“ kann anschlieรŸend auf das Pflegegeld รผbertragen werden.

Liegt das Pflegegeld in Pflegegrad 3 bei 599 Euro, ergibt sich ein anteiliger Auszahlungsbetrag von rund 300 Euro. Das Ergebnis ist eine schlรผssige Kombination: ein Teil Sachleistung, ein Teil Pflegegeld, zusammen maximal 100 Prozent des jeweiligen Monatsanspruchs.

Pflegegeld und Pflegesachleistung im Vergleich

Pflegegeld ist eine Geldleistung ohne Kostennachweis, die direkt an die pflegebedรผrftige Person ausgezahlt wird. Sie kann die Mittel frei verwenden, etwa um Angehรถrige, Nachbarinnen oder Freundeskreise zu unterstรผtzen, die Pflege alltรคglich sicherstellen.

Pflegesachleistungen sind hรถher dotiert, aber zweckgebunden: Sie werden als Kostenerstattung fรผr vertraglich erbrachte Leistungen eines zugelassenen ambulanten Pflegedienstes gewรคhrt.

Nicht genutzte Sachleistungsanteile verfallen grundsรคtzlich am Monatsende โ€“ es sei denn, die Kombinationsleistung sorgt dafรผr, dass der ungenutzte Teil prozentual in Pflegegeld umschlรคgt.

Der Dreh- und Angelpunkt bei der Wahl des Modells ist somit das tatsรคchliche Pflegearrangement im Alltag: Wer stark auf professionelle Dienste setzt, verbraucht typischerweise das Sachleistungsbudget, wer รผberwiegend familiรคr pflegt, profitiert eher von Pflegegeld โ€“ und wer zwischen beiden Welten lebt, hรคlt sich mit der Kombinationsleistung flexibel.

Voraussetzungen und Rahmen

Die Grundvoraussetzungen sind bei Pflegegeld, Pflegesachleistung und Kombinationsleistung vergleichbar. Erforderlich ist mindestens Pflegegrad 2 und die Pflege findet zu Hause statt.

Fรผr Pflegesachleistungen โ€“ und damit auch fรผr die Kombinationsleistung โ€“ muss ein ambulanter Pflegedienst involviert sein, denn ohne eine abrechenbare Sachleistung gibt es keinen prozentualen Rest, der in Pflegegeld umgerechnet werden kann. Wer keinen Pflegedienst nutzt, erhรคlt folgerichtig ausschlieรŸlich Pflegegeld.

Wann die Kombinationsleistung besonders sinnvoll ist

Sinn stiftet die Kombinationsleistung vor allem, wenn das monatliche Sachleistungsbudget selten vollstรคndig benรถtigt wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Pflegedienst nur einmal pro Woche kommt oder wenn Leistungen unregelmรครŸig variieren.

In solchen Monaten lieรŸe man ohne Kombinationsleistung ungenutzte Ansprรผche verfallen; mit der Kombinationsleistung wird aus dem nicht verbrauchten Anteil ein prozentuales Pflegegeld.

Auch bei schwankendem Bedarf โ€“ beispielsweise intensiver Pflegediensteinsatz รผber einige Wochen und anschlieรŸend lรคngere Phasen geringerer Inanspruchnahme โ€“ bleibt die Kombination praxistauglich. Solange im Verlauf immer wieder tatsรคchlich โ€žkombiniertโ€œ wird, akzeptieren Pflegekassen diese flexible Handhabung in der Regel.

Wann die Kombinationsleistung nicht die beste Wahl ist

Nicht jedes Szenario profitiert gleichermaรŸen. Wer dauerhaft und planbar das gesamte Sachleistungsbudget ausschรถpft, weil der Pflegedienst regelmรครŸig und umfassend eingebunden ist, fรคhrt mit reinen Pflegesachleistungen einfacher.

Umgekehrt ist bei Pflege rein durch Angehรถrige ohne Pflegedienst das reine Pflegegeld angezeigt. Problematisch wird die Kombinationsleistung meist dann, wenn sie zwar beantragt, praktisch aber Monat fรผr Monat einseitig genutzt wird.

Stellen Pflegekassen fest, dass ausschlieรŸlich Sachleistungen oder ausschlieรŸlich Pflegegeld flieรŸen, nehmen sie erfahrungsgemรครŸ eine Umstellung auf die tatsรคchlich gelebte Leistungspraxis vor. Das ist nicht sanktionierend gemeint, sondern trรคgt dem Verwaltungsaufwand Rechnung, der mit einer dauerhaft โ€žleerenโ€œ Kombination verbunden wรคre.

Antrag und Anlaufstellen

Beantragt wird die Kombinationsleistung bei der eigenen Pflegekasse; privat Pflegeversicherte wenden sich an die Private Pflegepflichtversicherung (PPV). Viele Kassen stellen dafรผr ein Formular bereit. Wer erstmals Pflegeleistungen beantragt, kann die Kombinationsleistung gleich mitdenken.

Wer bereits Leistungen bezieht, kann die Kombination nachtrรคglich aufnehmen oder die bisherige Entscheidung anpassen. Orientierung bieten darรผber hinaus die Antragsmuster und Ratgeber von Pflege.de, die den Weg durch Begriffe und Formulare erleichtern.

Besonderheiten beim Zahlungsfluss

Ein wichtiger organisatorischer Unterschied betrifft den Zeitpunkt der Auszahlung des Pflegegeldes innerhalb der Kombinationsleistung. Weil Pflegesachleistungen Prioritรคt haben, werden sie zuerst abgerechnet.

Das geschieht in der Praxis erst nach Monatsende, sobald die Rechnungen der Pflegedienste vorliegen. Erst im Anschluss kann die Pflegekasse den prozentualen Rest fรผr das Pflegegeld ermitteln und anweisen.

Wรคhrend regulรคres Pflegegeld vielerorts zu Monatsbeginn im Voraus gezahlt wird, verschiebt sich die Zahlung bei der Kombinationsleistung dadurch um ungefรคhr sechs Wochen. Wer mit dieser Verzรถgerung rechnet, vermeidet Liquiditรคtsengpรคsse.

Umwandlungsanspruch und Kombination: Was parallel mรถglich ist

Neben der reinen Kombination von Pflegegeld und Sachleistungen existiert der sogenannte Umwandlungsanspruch.

Er ermรถglicht, einen Teil der Pflegesachleistungen in Betreuungs- und Entlastungsangebote umzuwandeln, also beispielsweise in anerkannte Unterstรผtzungsleistungen fรผr den Alltag. Grundsรคtzlich lรคsst sich der Umwandlungsanspruch auch dann nutzen, wenn die Kombinationsleistung gewรคhlt wurde.

Weil hier verschiedene Prozentanteile und Betrรคge ineinandergreifen, empfiehlt sich zur Detailprรผfung ein Blick in die einschlรคgigen Ratgeber mit Rechenbeispielen und Visualisierungen. Wer Zahlen nicht nur lesen, sondern nachrechnen mรถchte, findet zusรคtzliche Sicherheit รผber die angebotenen Rechner.

Planungssicherheit, Flexibilitรคt und die Rolle der Pflegekassen

Hรคusliche Pflege ist selten statisch. Gesundheitszustรคnde verรคndern sich, Betreuungsnetze spannen sich neu, Dienstplรคne mรผssen angepasst werden. Die Kombinationsleistung ist deshalb weniger ein starres Modell als ein flexibler Rahmen, der sich an real gelebte Pflege anlehnt.

Diese Flexibilitรคt setzt allerdings voraus, dass die monatlichen Abrechnungen das tatsรคchliche Mischverhรคltnis widerspiegeln. Pflegekassen reagieren auf dauerhafte Einseitigkeiten, indem sie das gewรคhlte Modell an die Praxis anpassen.

Das ist aus Verwaltungssicht nachvollziehbar und fรผr Betroffene kein Makel, sondern eher ein Hinweis darauf, die eigenen Routinen und Bedarfe regelmรครŸig zu รผberprรผfen.

Orientierung im Einzelfall

Wer am Beginn einer Pflegesituation steht und noch unsicher ist, ob und in welchem Umfang ein Pflegedienst dauerhaft eingebunden werden soll, kann mit der Kombinationsleistung unbeschwert starten. Sie hรคlt Optionen offen und lรคsst sich spรคter anpassen.

Wer wiederum bereits gut eingespielte Strukturen hat, entscheidet pragmatisch entlang der gelebten Praxis: Reicht familiรคre Pflege aus, steht das Pflegegeld im Vordergrund; wird das Sachleistungsbudget planbar ausgeschรถpft, ist die reine Sachleistung unkomplizierter.

Wer unregelmรครŸige, teilweise wechselnde Bedarfe hat, nutzt die Kombinationsleistung gezielt, um Verfall zu vermeiden und zugleich die Eigenverantwortung รผber ein anteiliges Pflegegeld zu behalten.

Fazit

Die Kombinationsleistung ist kein Kompromiss zweiter Klasse, sondern ein Instrument, das die Realitรคt hรคuslicher Pflege abbildet. Sie verbindet die finanzielle Eigenstรคndigkeit des Pflegegelds mit der Absicherung professioneller Hilfe durch Sachleistungen โ€“ genau in dem Verhรคltnis, das der Alltag zulรคsst.

Wichtig sind dabei drei Fragen: Wie hรคufig und in welchem Umfang wird ein Pflegedienst tatsรคchlich benรถtigt? Welche Anteile wรผrden ohne Kombination verfallen? Und wie wichtig ist es, flexibel auf Schwankungen im Pflegebedarf zu reagieren? Wer diese Fragen ehrlich am eigenen Pflegearrangement prรผft, wรคhlt nicht nur formal die richtige Leistung, sondern verschafft sich Handlungsspielraum, Planungssicherheit und mehr Pflegegeld fรผr die Pflege zu Hause.