Leih- und Teilzeitarbeit haben spürbare Folgen für das Privatleben
Atypische Beschäftigung – Leiharbeit, Minijobs und Teilzeit – ist mit zahlreichen Nachteilen verbunden. Das belegt eine aktuelle Studie des Forschungszentrums Familienbewusste Personalpolitik (FFP) in Münster im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung. Demnach verdienen Minijobber und Teilzeitbeschäftigte nicht nur weniger, auch ihr Privat- und Familienleben leidet unter den Arbeitsmodellen, wie die Studienautoren Prof. Dr. Irene Gerlach, Dr. Regina Ahrens, Inga Laß und Henning Heddendorp berichten. Vor allem Frauen tragen laut der Untersuchung die damit verbundenen Risiken.
Frauen wählen Teilzeitarbeit häufig zugunsten der Familie
Im Rahmen der Studie untersuchten die Wissenschaftler, inwiefern atypische Beschäftigungsverhältnisse Partnerschaft und Familie, soziale Netzwerke und die gesellschaftliche Teilhabe beeinflussen. Für ihre Analyse zogen sie die Daten des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) heran.
Der Studie zufolge ist atypische Beschäftigung nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. Jedoch geht sie mit bestimmten Risiken einher. Während viele Beschäftigte in Minijobs und Teilzeit sich freiwillig für ein solches Arbeitsmodell entscheiden würden, sei das bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen und Leiharbeit nicht der Fall. Teilzeitarbeit würde häufig von Frauen ausgeübt, die sich zusätzlich um Kinder und Familie kümmerten, so die Forscher. Dennoch steckten auch hinter einer „oberflächlich gesehen“ freiwilligen Entscheidung oft „strukturelle Zwänge“. Dazu zählten etwa fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei vielen Arbeitgebern.
Auch er Vergleich von teilzeitarbeitenden Müttern und teilzeitarbeitenden Vätern zeigt, dass die Frauen mehr Zeit in die Betreuung ihrer Kinder investieren. Zwar würden auch die Väter mehr Zeit als regulär Beschäftigte für ihre Kinder aufwenden, jedoch stellten die Wissenschaftler bei den Müttern „weitaus deutlichere Effekte“ fest. Und: Frauen in Teilzeitbeschäftigung seien abhängiger von ihrem Partner und im Fall einer Trennung schlechter abgesichert als normalbeschäftigte Frauen.
In vielen Partnerschaften herrscht weiterhin ein traditionelles Rollenbild
Die traditionellen Rollenbilder werden noch immer in vielen Partnerschaften gelebt. „Während normalbeschäftigte Männer zumeist eine Partnerin im Hintergrund haben, die ihnen den Rücken für das berufliche Engagement freihält“, seien Frauen mit Vollzeitjob meist ledig, schreiben die Forscher. In dieser Gruppe seien lediglich 38 Prozent der Frauen verheiratet, unter den Männern seien es 59 Prozent.
Atypische Beschäftigung belastet der Studie zufolge die Partnerschaft, denn unverheiratete Paare trennen sich wesentlich häufiger, wenn ein Partner in Leiharbeit beschäftigt ist oder wenn beide Partner atypischen Jobs nachgehen. Bei Verheirateten zeigt sich dieser Effekt dagegen nicht. „Hier scheint der höhere Institutionalisierungsgrad von Ehen für einen stärkeren Zusammenhalt bei beruflichen Belastungen zu sorgen“, berichten die Wissenschaftler.
Sie warnen zudem davor, dass atypische Beschäftigungsformen aufgrund der geringeren Erwerbsbeteiligung und des tendenziell geringeren Einkommens das Risiko von Altersarmut erhöhen. Leih und Teilzeitarbeitsmodelle verursachten sowohl volkswirtschaftlich als auch sozialpolitisch Folgekosten, die insbesondere in einer „alternden Gesellschaft“ nicht zu unterschätzen seien.
In Deutschland waren 2012 fast acht Millionen Menschen atypisch beschäftigt, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Die WSI-Datenbank „Atypische Beschäftigung“, die der engeren Definition der Bundesagentur für Arbeit vom „Normalarbeitsverhältnis“ folgt, geht sogar von mehr als 13 Millionen aus. (ag)
Bild: lassedesignen – fotolia
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