Kündigung wegen Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit – Das muss der Arbeitgeber erst einmal beweisen

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Kündigt ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen des Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit, dann liegt die Beweislast beim Arbeitgeber. Die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit wird nicht allein durch den Besuch einer Karnevalsveranstaltung in Frage gestellt. So entschied das Landesarbeitsgericht Köln und erklärte mit dieser Begründung eine Kündigung für unwirksam. (7 SLa 204/24)

Logistiker im Karnevalsverein

Der Betroffene war über viele Jahre beim Arbeitgeber in der Logistik beschäftigt und erledigte dort vor Ort körperliche Arbeit. Vom 31.10.2022 bis zum 4.11.2022 war er krankgeschrieben. Am Abend des 4.11.2022 nahm er an einer Veranstaltung seines Karnevalsvereins statt.

Ein weiteres Mal war er bis zum 6.1.2023 krankgeschrieben, und im Internet zeigte ihn ein Video, wie er am Abend des 5.1.2023 in Karnevalsuniform marschierte.

Arbeitsunfähigkeit ohne Ausgehverbot

Der Arbeitgeber erfuhr von der Teilnahme an beiden Veranstaltungen, und es folgten zwei Anhörungen des Betroffenen, warum er trotz vorliegender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an Karnevalsveranstaltungen teilgenommen habe.

Der behandelnde Arzt des Klägers sagte aus, dass bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 6.1.2023 kein Ausgehverbot bestanden hätte.

Fristlose und ordentliche Kündigung

Der Arbeitgeber kündigte zuerst fristlos außerordentlich und dann noch einmal ordentlich. Der Betroffene wandte sich dagegen. Er gab an, er haben bei beiden Krankschreibungen an einem Atemwegsinfekt gelitten.

Leichter Husten und kurzer Aufenthalt

Am 4.11.2022 habe er nur noch Husten und eine leichte Erschöpfung verspürt. Er habe zwar an der Veranstaltung teilgenommen, allerdings geklärt, dass er bereits nach zwei Stunden wieder abgeholt werde.

Am 5.1.2023 sei er sogar nur eine Stunde geblieben, um eine erneute Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden.

Es geht vor Gericht

Er klagte vor dem Arbeitsgericht. Dieses gab ihm recht, und daraufhin legte sein Arbeitgeber Berufung vor dem Landesarbeitsgericht ein. Dieses wies die Berufung zurück und erklärte die Kündigung für unwirksam. Die Richter begründeten ausführlich, warum es keinen wichtigen Grund für eine Kündigung gegeben hätte.

Es fehlt der Tatnachweis

Die Kündigung war unwirksam und das Arbeitsverhältnis nicht beendet, so entschied das Landessozialgericht. Denn es fehlte bereits an einem wichtigen Grund. Zwar wurde die Kündigung als Tatkündigung ausgesprochen, doch der Arbeitgeber hätte keinen Tatnachweis erbracht.

Der Arbeitgeber muss das Vortäuschen beweisen

So müsse ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer wegen des Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit kündigt, darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer unentschuldigt gefehlt hätte, und die vom Arbeitnehmer behauptete Krankheit nicht vorhanden sei.

Karnevalsveranstaltung erschüttert nicht den Beweiswert des ärztlichen Attests

Im vorliegenden Fall ließe sich das Bestehen des Tatvorwurfs nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, die einen Tatnachweis erbracht hätte. Zudem sei am Abend des 4.11.2022 die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bereits beendet gewesen.

Der Besuch einer Karnevalsveranstaltung kurz nach Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit erschüttere nicht den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung – gerade bei einem Infekt der Atemwege.

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Verdacht ohne starkes Indiz

Der Verdacht des Arbeitgebers im Januar könnte ebenfalls nicht den Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttern. Die Umstände seien nicht so gravierend gewesen, dass der Verdacht sich durch ein starkes Indiz stützen ließe.

Das wäre, laut Gericht, zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitnehmer wegen eines akuten Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig krankgeschrieben sei, aber beim Tanz auf der Karnevalsbühne gesichtet würde.