Arbeitgeber dürfen ohne Tatnachweis kündigen. Voraussetzung ist ein dringender Verdacht. Er muss schwer wiegen und auf konkreten Tatsachen beruhen. Betroffene sollten sofort handeln. Fristen laufen sehr kurz. Sie erfahren hier, welche Hürden gelten und wie Sie reagieren.
Inhaltsverzeichnis
Was eine Verdachtskündigung rechtlich ausmacht
Die Verdachtskündigung stützt sich nicht auf eine erwiesene Pflichtverletzung. Entscheidend ist ein starker, objektiver Verdacht. Er muss das Vertrauen für die Zukunft zerstören. Der Verdacht richtet sich meist auf Straftaten im Betrieb. Beispiele sind Diebstahl, Betrug oder Untreue. Reine Vermutungen reichen nie aus. Es braucht überprüfbare Anhaltspunkte.
Praxisfall: Verdacht ohne Täterüberführung
Ein Arbeitsrechtler schildert einen typischen Fall. In einem Betrieb verschwinden nachts Edelmetalle. Kameras zeigen keine entwendeten Gegenstände. Sie zeigen jedoch einen Beschäftigten, der oft am Lager verweilt. Danach nutzt er regelmäßig Umkleide oder Toilette. Die Schichtpläne passen zu den Verlusten. Die Diebstähle treten hauptsächlich bei seinen Nachtschichten auf.
Als im Team eine heimliche Überwachung bekannt wird, enden die Verluste. Der Beschäftigte wird nicht überführt. Das Unternehmen kündigt wegen Verdachts. Der Betroffene bestreitet alles. Der Fall zeigt die Logik der Verdachtskündigung.
Es fehlen Tatbilder. Es existiert jedoch ein dichtes Netz aus Indizien. Schichtabgleich, auffällige Wege und das Ende der Taten sind gewichtig. Ob diese Summe genügt, prüfen Gerichte strikt. Maßgeblich bleibt die Qualität der Indizien. Entscheidend ist auch eine faire Anhörung.
Anhörung: Chance zur Entkräftung nutzen
Vor der Kündigung muss eine Anhörung stattfinden. Der Arbeitgeber legt Vorwürfe konkret dar. Ort, Zeit und Ablauf gehören dazu. Betroffene können so gezielt erwidern.
Die Anhörung muss offen geführt werden. Die Entscheidung darf nicht feststehen. Ziehen Sie bei Bedarf eine Vertrauensperson hinzu. Ein Betriebsratsmitglied oder eine Anwältin hilft. Sprechen Sie entlastende Umstände aktiv an. Notieren Sie Namen möglicher Zeugen.
Ordentlich oder außerordentlich kündigen
Beide Kündigungswege sind möglich. Eine fristlose Kündigung setzt besondere Schwere voraus. Eine ordentliche Kündigung ist bei gravierendem Vertrauensverlust denkbar.
Maßgeblich ist stets die Interessenabwägung. Dabei zählen Dauer der Betriebszugehörigkeit, bisheriges Verhalten und Alternativen. Je schwerer der Verdacht, desto eher trägt er die Kündigung. Doch die Hürden bleiben hoch.
Betriebsrat einbeziehen: Formfehler vermeiden
Existiert ein Betriebsrat, ist er vorab anzuhören. Bei ordentlicher Kündigung hat er eine Woche Zeit. Bei außerordentlicher Kündigung sind es drei Kalendertage. Die Anhörung muss vollständig sein. Es reichen nicht bloße Schlagworte. Fehler in der Beteiligung machen die Kündigung angreifbar. Betroffene sollten die ordnungsgemäße Anhörung prüfen.
Zwei-Wochen-Frist bei fristloser Kündigung
Für außerordentliche Kündigungen gilt eine starre Frist. Der Arbeitgeber muss binnen zwei Wochen kündigen. Die Frist beginnt mit der Kenntnis der wesentlichen Tatsachen. Vorher darf er aufklären und anhören. Die Frist läuft in dieser Zeit noch nicht. Nach Abschluss der Aufklärung muss die Erklärung zugehen. Verpasst der Arbeitgeber die Frist, scheitert die fristlose Kündigung.
Verhältnismäßigkeit: Mildere Mittel zuerst prüfen
Die Verdachtskündigung ist das letzte Mittel. Zuvor sind mildere Maßnahmen zu prüfen. In Betracht kommen Abmahnung, Umsetzung oder Auflagen. Auch eine vorübergehende Freistellung kann genügen. Reicht ein milderes Mittel aus, ist die Kündigung unwirksam. Diese Prüfung gehört zwingend dazu. Betroffene sollten auf diese Stufe hinweisen.
Beweislast: Fakten müssen tragen
Im Prozess trägt der Arbeitgeber die Darlegungslast. Er muss die Verdachtsmomente schlüssig vortragen. Bloße Gerüchte sind ohne Wert. Es braucht nachvollziehbare Indizien. Etwa Zeugen, Dokumente, Logdaten oder Videoausschnitte. Die Fakten müssen ein geschlossenes Bild ergeben. Bleiben erhebliche Zweifel, fällt die Abwägung oft zugunsten der Beschäftigten aus.
Heimliche Überwachung: Strenge Grenzen
Verdeckte Überwachung ist nur ausnahmsweise erlaubt. Ohne konkreten Anlass sind Daten häufig unverwertbar. Das betrifft etwa heimliche Keylogger oder dauernde Videoaufzeichnung. Auch offene Kameras brauchen klare Regeln. Datenschutz und Persönlichkeitsrechte setzen Schranken. Rechtswidrig erhobene Beweise können vor Gericht scheitern. Betroffene sollten dies prüfen lassen.
Mehrfachkündigungen: Jede einzeln angreifen
Arbeitgeber sichern sich oft doppelt ab. Möglich sind Tat- und Verdachtskündigung, jeweils ordentlich oder fristlos. So entstehen mehrere Kündigungen zum selben Vorwurf. Jede Erklärung ist ein eigener Streitgegenstand. Die Klage muss jede Kündigung einzeln erfassen. Fehlt eine, wird sie schnell bestandskräftig. Achten Sie daher auf den exakten Wortlaut.
Drei-Wochen-Frist: So schützen Sie Ihre Rechte
Gegen jede Kündigung gilt die Drei-Wochen-Frist. Sie läuft ab Zugang der schriftlichen Erklärung. Die Klage muss rechtzeitig beim Arbeitsgericht eingehen. Ein späteres Gnadenersuchen hilft selten. Sichern Sie parallel Beweise. Notieren Sie Abläufe und Zeiten. Sammeln Sie Unterlagen und E-Mails. Halten Sie mögliche Zeugen fest. So stärken Sie Ihre Position.
Praktische Schritte nach Zugang der Kündigung
Reagieren Sie sofort und strukturiert. Prüfen Sie das Datum des Zugangs. Melden Sie sich unverzüglich arbeitssuchend. Sichern Sie Entlastungsmaterial und Kontakte. Fordern Sie bei Bedarf Einsicht in die Personalakte. Hinterfragen Sie die Anhörung und die Betriebsratsbeteiligung. Notieren Sie Fristen in einem Kalender. Sprechen Sie früh mit einer Beratungsstelle oder Kanzlei. So vermeiden Sie teure Fehler.
Unschuldsvermutung und Arbeitsverhältnis
Die Unschuldsvermutung gilt im Strafrecht. Im Arbeitsrecht steht das Vertrauen im Vordergrund. Ein dringender Verdacht kann dieses Vertrauen zerstören. Daher ist die Verdachtskündigung seit Jahren anerkannt. Zugleich bleiben die Anforderungen streng. Das schützt Beschäftigte vor vorschnellen Entscheidungen. Wer Fristen wahrt und Lücken aufzeigt, hat gute Chancen.