Krankenkasse kann die Rente aufstocken

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Die Frage klingt simpel, hat aber weitreichende Folgen fรผr Geldbeutel und Absicherung: Kann man mit einer Teilrente Krankengeld bekommen?

Der Anlass ist typisch fรผr viele, die nach langer Berufstรคtigkeit abschlagsfrei in Altersrente gehen, aber weiterarbeiten mรถchten โ€“ etwa in Teilzeit โ€“ und zugleich mit einer lรคngeren Erkrankung rechnen, zum Beispiel nach einer Knie-OP.

Entscheidend ist, ob neben der Rente eine sozialversicherungspflichtige Beschรคftigung besteht. Denn Krankengeld ist kein โ€žRentenersatzโ€œ, sondern Lohnersatz. Es springt erst nach Ablauf der sechswรถchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber ein โ€“ und nur, wenn tatsรคchlich ein Lohn zu ersetzen wรคre. Wer gar nicht arbeitet, kann folglich auch kein Krankengeld beziehen.

Vollrente schlieรŸt Krankengeld aus, Teilrente nicht

Rechtlich ist die Lage klar geregelt. Wer eine Altersvollrente bezieht, hat keinen Anspruch auf Krankengeld. Das ergibt sich unmittelbar aus ยง 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, der den Krankengeldanspruch beim Bezug einer Vollrente wegen Alters beendet.

Fรผr Teilrentner gilt dieser harte Ausschluss nicht. Hier greift ยง 50 Abs. 2 SGB V: Bezieher einer Altersteilrente kรถnnen weiterhin Krankengeld erhalten; es wird lediglich um den Zahlbetrag der Teilrente gekรผrzt, wenn die Teilrente erst nach Beginn der Arbeitsunfรคhigkeit bewilligt wird.

Praktisch bedeutet das: Wer Teilrente bezieht und zugleich sozialversicherungspflichtig beschรคftigt ist, behรคlt den Zugang zum Krankengeld โ€“ anders als Vollrentner.

Der 99,99-Prozent-Trick: Fast volle Rente, voller Krankengeldschutz

Seit Einfรผhrung der Flexirente lรคsst sich die Hรถhe der Teilrente stufenlos festlegen. Offiziell kann der Anteil zwischen 10 % und 99,99 % der Vollrente liegen.

Der viel zitierte Praxis-Kniff: Wer statt 100 % Vollrente 99,99 % Teilrente wรคhlt, verzichtet nur auf wenige Cent im Monat โ€“ erhรคlt dafรผr aber den lebenswichtigen Zugang zum Krankengeld, sofern weiter eine versicherungspflichtige Beschรคftigung besteht.

Genau diese Konstellation schรผtzt wรคhrend lรคngerer Erkrankungen nach Ablauf der Lohnfortzahlung. Die Spanne und die 99,99-Grenze sind von der Deutschen Rentenversicherung ausdrรผcklich bestรคtigt.

รœber die Regelaltersgrenze hinaus: Krankengeld bleibt mรถglich

Ein weit verbreiteter Irrtum lautet, Krankengeld ende automatisch mit Erreichen der Regelaltersgrenze.

Richtig ist: Der Ausschluss trifft Vollrentner. Wer dagegen Teilrente bezieht und weiterhin sozialversicherungspflichtig arbeitet, kann grundsรคtzlich auch jenseits der Regelaltersgrenze Krankengeld beziehen โ€“ wiederum, weil es um Lohnersatz bei fortbestehendem Arbeitsverhรคltnis geht.

In der Praxis weisen Krankenkassen sogar darauf hin: Teilrentner zahlen den allgemeinen Beitragssatz zur Krankenversicherung โ€“ und haben damit Anspruch auf Krankengeld; Vollrentner zahlen nur den ermรครŸigten Satz, ohne Krankengeldanspruch.

Wechsel zwischen Voll- und Teilrente ist mรถglich

Die Flexirente macht den รœbergang in den Ruhestand beweglich. Wer zunรคchst Vollrente bezieht, kann auf Teilrente umstellen โ€“ und umgekehrt. Ein Wechsel ist grundsรคtzlich mรถglich, auch mehrfach und auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze.

Das ist gerade fรผr weiterbeschรคftigte Rentnerinnen und Rentner relevant, die ihren Schutz durch Krankengeld sichern oder wieder aufgeben mรถchten. Offizielle Informationsangebote zur Flexirente betonen genau diese Gestaltungsmรถglichkeiten.

Wichtig fรผr den Alltag: Sechs Wochen Lohn, danach Krankengeld โ€“ aber nur mit Job

Im Krankheitsfall zahlt der Arbeitgeber bei Beschรคftigten bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Erst danach kommt โ€“ wenn die รผbrigen Voraussetzungen erfรผllt sind โ€“ das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse ins Spiel.

Genau deshalb ist die sozialversicherungspflichtige Beschรคftigung der Dreh- und Angelpunkt. Besteht nur Rentenbezug ohne Job, gibt es keinen Lohn, den Krankengeld ersetzen kรถnnte; entsprechend fehlt der Anspruch.

Wer hingegen mit Teilrente weiterarbeitet, sichert den รœbergang von Lohnfortzahlung zu Krankengeld โ€“ und zwar unabhรคngig davon, ob die Erkrankung wenige Wochen oder deutlich lรคnger dauert. Die Rechtsgrundlage fรผr den Ausschluss bei Vollrente ist dabei erneut ยง 50 SGB V.

Arbeitslosigkeit: Drei Monate ALG als enge Ausnahme

Der Blick รผber den Tellerrand lohnt sich: Was passiert, wenn der Job neben der Teilrente verloren geht?

Das Arbeitslosengeld kann in dieser Konstellation zur รœberbrรผckung dienen โ€“ allerdings nur kurz. Gilt: Wer neben einer Teilrente mindestens sechs Monate versicherungspflichtig beschรคftigt war, hat bei Eintritt der Arbeitslosigkeit Anspruch auf ALG; dieser Anspruch ruht jedoch nach drei vollen Kalendermonaten.

Die Einschrรคnkung beruht auf ยง 156 Abs. 2 Nr. 3 a SGB III und ist in den fachlichen Weisungen der Bundesagentur fรผr Arbeit prรคzise beschrieben. Und anders als beim Krankengeld ist beim ALG grundsรคtzlich spรคtestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze Schluss.

Einordnung am Beispiel: Warum der Wechsel zur Teilrente sinnvoll sein kann
Im eingangs geschilderten Fall fรผhrt die geplante lรคngere Arbeitsunfรคhigkeit nach einer Knie-OP zu einer klaren Empfehlung: Wer weiterarbeitet und bislang Vollrente bezieht, sollte den Wechsel in die Teilrente (etwa 99,99 %) prรผfen. So bleibt nach sechs Wochen Entgeltfortzahlung der Anspruch auf Krankengeld erhalten.

Wer dagegen ohne Beschรคftigung allein Rente bezieht, profitiert vom Schritt zur Teilrente nicht, weil Krankengeld nur Lohnersatz ist. Die 99,99-Prozent-Teilrente ist daher kein Trick โ€žgegenโ€œ die Rentenversicherung, sondern eine saubere rechtliche Gestaltung, um bei fortgesetzter Erwerbstรคtigkeit den vollen Schutz der Krankenversicherung zu bewahren.

Fazit: Teilrente klug wรคhlen, Beschรคftigung beachten, Schutz sichern

Die Quintessenz lรคsst sich nรผchtern zusammenfassen: Vollrente schlieรŸt Krankengeld aus, Teilrente hรคlt โ€“ bei bestehender sozialversicherungspflichtiger Beschรคftigung โ€“ den Zugang offen. Die 99,99-Prozent-Teilrente ist dafรผr ein praktikabler Weg, der kaum Geld kostet und groรŸe Wirkung entfaltet.

Wer zusรคtzlich die Risiken eines Jobverlustes im Blick hat, sollte die ALG-Drei-Monats-Grenze kennen. Und wer flexibel bleiben will, kann zwischen Voll- und Teilrente wechseln. Am Ende entscheidet die persรถnliche Situation โ€“ rechtlich abgesichert ist der Weg jedoch.

Fรผr Feinheiten wie Tarif- oder Arbeitsvertragsklauseln sowie die beitragsrechtliche Einordnung empfiehlt sich die kurze Rรผcksprache mit Krankenkasse und Rentenversicherung; die zentralen Leitplanken sind eindeutig.