Krankengeld: So reagiert Gericht auf schlechtes Gutachten der Krankenkasse

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Ein Mann, der an einer schweren depressiven Episode leidet, wurde von seiner Krankenkasse bezüglich seiner Arbeitsunfähigkeit infrage gestellt. Der sozialmedizinische Dienst der Krankenkasse kam zu dem Schluss, dass der Mann trotz seiner Diagnose ab dem 06. Februar 2021 wieder arbeitsfähig sei.

Krankengeldzahlungen wurden daraufhin eingestellt. Der DGB Rechtsschutz Oberhausen setzte sich für den Betroffenen ein und erreichte ein positives Urteil vor dem Sozialgericht Duisburg.

Verlauf der Erkrankung und ärztliche Behandlungen

Im November 2020 wurde der Kläger aufgrund einer Belastungsreaktion und essenzieller Hypertonie arbeitsunfähig. Ab Februar 2021 übernahm eine psychiatrische Institutsambulanz die Behandlung und diagnostizierte eine schwere depressive Episode.

Die Krankmeldungen erfolgten zunächst durch die Hausärztin, später durch die psychiatrische Ambulanz. Die Krankenkasse ließ die Arbeitsunfähigkeit ärztlich überprüfen und stellte die Krankengeldzahlungen mit der Begründung ein, es lägen keine Krankheiten vor, die eine Arbeitsunfähigkeit rechtfertigten.

Gutachten der Krankenkasse gegen gerichtliches Sachverständigengutachten

Im Widerspruchsverfahren blieb die Krankenkasse bei ihrer ursprünglichen Einschätzung und zweifelte die schwere depressive Episode aufgrund der ausbleibenden intensiven Behandlung an. Angesichts der Diagnose sei es erstaunlich, dass keine weiteren therapeutischen Maßnahmen außer der Medikation durch den Hausarzt eingeleitet wurden.

Das Sozialgericht Duisburg zog einen Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie als Sachverständigen hinzu, der nach eingehender Untersuchung des Klägers bestätigte, dass dieser im fraglichen Zeitraum (06.02.2021 bis 16.05.2022) nicht in der Lage war, selbst leichte Tätigkeiten auszuführen.

Mängel in den Gutachten der Krankenkasse

Das Gericht stellte fest, dass die Gutachten der Krankenkasse nicht den Anforderungen entsprachen, da sie keine ausreichende psychopathologische Befunderhebung beinhalteten. Es war unklar, ob diese Gutachten auf persönlichen Untersuchungen oder lediglich auf Aktenlagen basierten.

Der gerichtliche Sachverständige hingegen stützte sich auf umfassende Anamnesen und Befunde, die ein ausgeprägtes psychisches Krankheitsbild belegten. Die Behandlungsdokumentation der psychiatrischen Institutsambulanz enthielt mehrfach Untersuchungsbefunde, die das psychische Krankheitsbild des Klägers dokumentierten.

Gericht entscheidet zugunsten des Klägers

Das Sozialgericht Duisburg entschied zugunsten des Klägers und bestätigte, dass die fehlende intensive Behandlung nicht automatisch die Schwere der Erkrankung infrage stelle. Der Sachverständige erklärte, dass es trotz schwerer depressiver Symptome häufig nicht zu stationären Einweisungen komme.

Das Fehlen einer intensiveren Behandlung könne daher nicht als Beweis für eine leichtere Erkrankung angesehen werden. Die qualitativen Anforderungen an ein psychiatrisches Sachverständigengutachten wurden durch das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen erfüllt.

Berücksichtigung finanzieller Sorgen

Das Gericht berücksichtigte auch die finanziellen Sorgen des Klägers, die dieser sowohl dem Sachverständigen als auch der Krankenkasse gegenüber äußerte. Die Krankenkasse argumentierte, dass die finanziellen Sorgen des Klägers gegen das Vorliegen einer schweren depressiven Erkrankung sprächen.

Das Gericht wies dies zurück und betonte, dass finanzielle Belastungen einen wesentlichen psychischen Stressfaktor darstellen können und somit nicht gegen das Vorliegen einer schweren depressiven Erkrankung sprechen.

Da das Krankengeld der wirtschaftlichen Existenzsicherung dient, sei es nachvollziehbar, dass der Streit mit der Krankenkasse einen erheblichen psychischen Belastungsfaktor für den Kläger darstellt.